Rn 9

Zum bereicherungsrechtlichen Wertersatz kommt es gem § 818 II nur, soweit das Erlangte wegen seiner Beschaffenheit nicht herausgegeben werden kann oder der Empfänger aus anderen Gründen zur Herausgabe außerstande ist. Im ersten Fall ist die vorrangig geschuldete Herausgabe in Natur objektiv unmöglich (so insb bei Dienst- und Werkleistungen sowie hinsichtlich herausgabepflichtiger Gebrauchsvorteile), im zweiten Fall führt subjektives Unvermögen gerade des Empfängers, zumeist durch Weiterveräußerung des Bereicherungsgegenstandes, zum Wertersatzanspruch (§ 275 I). Das gilt nach Auffassung des BGH bspw auch für die bereicherungsrechtlich geschuldete Rückübertragung einer Steuerberatungspraxis, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass der als wesentlicher Bestandteil des Geschäftsbetriebes anzusehende Mandantenstamm nicht zum Bereicherungsgläubiger wechseln wird (BGH NJW 06, 2847, 2849 ff [BGH 05.07.2006 - VIII ZR 172/05]). Ob darüber hinaus die nunmehr in § 275 II, III normierten Fälle der früher sog ›faktischen‹ Unmöglichkeit unter § 818 II zu subsumieren sind, ist streitig, wird aber iE zu bejahen sein, um Wertungswidersprüche mit der nach allg Vorschriften durch § 275 II, III begrenzten Haftung des unredlichen Bereicherungsschuldners zu vermeiden (ebenso BRHP/Wendehorst § 818 Rz 22; AnwK/Linke § 818 Rz 22). Eine Verpflichtung zur Herausgabe in Natur besteht in den Fällen subjektiven Unvermögens grds selbst dann nicht, wenn der Bereicherungsschuldner sich die veräußerte oder eine vergleichbare (vertretbare) Sache verschaffen könnte, er hierfür allerdings – wie zumeist – Aufwendungen machen müsste, die den Wert der ihm zugeflossenen Vermögensvorteile per saldo übersteigen (arg § 818 III; ebenso Grüneberg/Sprau § 818 Rz 17; AnwK/Linke § 818 Rz 25). Mit gleicher Begründung ist er in aller Regel ebenfalls nicht verpflichtet, den Bereicherungsgegenstand zwecks Herausgabe in Natur auf eigene Kosten in seinen Ursprungszustand zu versetzen (BGHZ 112, 376). Zum Ganzen Kohler JZ 18, 591.

 

Rn 10

Dementsprechend bleibt es auch bei infolge Beschädigung oder Veränderung der Sache eingetretener Teilunmöglichkeit dabei, dass der ursprüngliche Kondiktionsgegenstand in der Beschaffenheit herauszugeben ist, in der er sich im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens befindet – § 818 I (vgl BGH NJW-RR 01, 6 [BGH 11.07.2000 - X ZR 78/98]; ebenso BRHP/Wendehorst § 818 Rz 24; AnwK/Linke § 818 Rz 26; Erman/Buck-Heeb § 818 Rz 15). Gleiches gilt, wenn sich der Wert der Sache zwischenzeitlich erhöht hat (AnwK/Linke § 818 Rz 26; Grüneberg/Sprau § 818 Rz 17). Allerdings hat der Bereicherte im ersten Fall die Wertdifferenz zu ersetzen (AnwK/Linke § 818 Rz 26; Grüneberg/Sprau § 818 Rz 17); im zweiten Fall kann er werterhöhende Verwendungen dem Anspruch des Bereicherungsgläubigers iRd Saldierung (hierzu unten Rn 19, 29 ff) entgegenhalten. Praktisch bedeutsam werden diese Zusammenhänge insb bei der Erbringung von Bauleistungen auf rechtsgrundlos erlangtem Grund und Boden. Dann stellt sich nämlich die Frage, ob der Bereicherte das Grundstück nach vorstehenden Grundsätzen samt Gebäude herausgeben muss und seinerseits bereicherungsrechtlichen Verwendungsersatz für die wertsteigernden Bauleistungen verlangen kann, oder ob er gem § 818 II lediglich Wertersatz für das Grundstück zu leisten hat, weil dessen Herausgabe nach seiner jetzigen Beschaffenheit als objektiv unmöglich anzusehen ist. Die Antwort hängt nach der Rspr davon ab, ob die Umgestaltung des Grundstückes so wesentlich ist, dass bei wirtschaftlicher, am Wertverhältnis zwischen Grundstück und Bauleistung zu orientierender Betrachtungsweise ein anderer Gegenstand entstanden ist (BGHZ 10, 171, 180; NJW 81, 2687; WM 87, 1533; Kobl NJW 90, 126).

 

Rn 11

Die Verpflichtung zum Wertersatz betrifft auch Nutzungen und Surrogate, soweit deren Herausgabe in Natur unmöglich ist (statt aller Grüneberg/Sprau § 818 Rz 16; zur Rückabwicklung eines Unternehmenskaufvertrages BGH NJW 99, 1181 [BGH 10.02.1999 - VIII ZR 314/97]). Sie besteht vorbehaltlich der sich aus §§ 818 IV, 819, 820 ergebenden Haftungsverschärfungen insgesamt unabhängig davon, ob der Bereicherungsschuldner die (subjektive) Unmöglichkeit der Herausgabe verschuldet hat (AnwK/Linke § 818 Rz 26).

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