Rn 51

Es gelten grds die allg Verjährungsregeln der §§ 195 ff. Für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Das ist der Fall, wenn der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur eine Feststellungsklage (s dazu Rn 73), erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zuzumuten ist (BGHZ 170, 260; s.a. BGH WM 21, 135). Erforderlich und genügend ist im Allgemeinen die Kenntnis der tatsächlichen Umstände; nicht vorausgesetzt wird die zutreffende rechtliche Würdigung des bekannten Sachverhalts. Daher kommt es grds nicht darauf an, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (BGH aaO). Rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Geschädigten beeinflussen den Beginn der Verjährung idR nicht, weil er die Möglichkeit hat, sich beraten zu lassen. Ist die Rechtslage dagegen unübersichtlich oder zweifelhaft, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein (BGH aaO). Auf zweifelhafte Prozesse braucht sich der Geschädigte nicht einzulassen; tut er es jedoch, droht Verjährung, zumal ihm die Möglichkeit der Streitverkündung offensteht (BGH NJW-RR 07, 277 [BGH 06.07.2006 - III ZR 13/05]). Vor Abschluss eines – bei Subsidiarität sogar gebotenen (Rn 40, Rn 53) – verwaltungsrechtlichen Verfahrens ist es dem Geschädigten idR nicht zuzumuten, eine Amtshaftungsklage zu erheben, da ihm erst der Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Prozesses die erforderliche Kenntnis verschafft, ob überhaupt eine Amtspflichtverletzung vorgelegen hat und ein Schaden entstanden ist, es sein denn, die verwaltungsgerichtliche Rechtsverfolgung wäre von vornherein aussichtslos gewesen (BGH VersR 05, 1584). Weitere Einzelheiten zur Verjährung: EuGH-Vorlage des BGH NVwZ 07, 362 mit anschl. Urteil in BGHZ 181, 199).

 

Rn 52

Bei einer Amtspflichtverletzung, die sich allg gegen das Vermögen richtet, ist ein Schaden entstanden, wenn die Vermögenslage des Betroffenen infolge der Handlung im Vergleich mit dem früheren Vermögensstand schlechter geworden ist (iE: BGH WM 09, 1376). Hierzu genügt es, dass die Verschlechterung sich wenigstens dem Grunde nach verwirklicht hat auch wenn offen ist, ob der Nachteil auf Dauer bestehen bleibt. Kann lediglich die Höhe noch nicht beziffert werden, ist ggf eine Feststellungsklage zu erheben. Ist dagegen noch offen, ob pflichtwidriges, ein Risiko begründendes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so dass eine Verjährungsfrist nicht in Lauf gesetzt wird Die bloße Gefährdung einer Rechtsposition steht einem Schaden nicht gleich, solange sich die risikobehaftete Lage noch nicht in der Bewertung des Gesamtvermögens negativ niedergeschlagen hat, was etwa bei einer Rangverschlechterung im Grundbuch oder dem sonstigen Verlust einer dinglichen Sicherung der Fall sein kann (BGH VersR 93, 1358). Hat eine einzige, in sich abgeschlossene Verletzungshandlung mehrere Schadensfolgen ausgelöst, so kann allerdings die Verjährungsfrist nach dem Grundsatz der Schadenseinheit auch für nachträglich auftretende, zunächst also nur drohende, aber nicht unvorhersehbare Folgen beginnen, sobald irgendein (Teil-)Schaden schon entstanden ist (BGH NVwZ 07, 362). Haben sich hingegen mehrere selbstständige Handlungen des Schädigers ausgewirkt, so beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig mit den jeweils dadurch verursachten Schäden gesondert zu laufen (vgl auch BGHZ 170, 260 für Unterlassungen). Beurkundet ein Notar mehrere Kaufverträge ein und desselben Verkäufers mit unterschiedlichen Käufern, können Schadensersatzansprüche wegen hierbei begangener Amtspflichtverletzungen jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu verjähren beginnen (BGH VersR 93, 1358; NVwZ 07, 362 zu Dauer- und Wiederholungshandlungen).

 

Rn 53

Greift bei fahrlässigem Handeln die Subsidiarität des I 2 ein, kommt es zu einer Besonderheit: Die Verjährung beginnt erst mit der Kenntnis, dass der Schaden jedenfalls nicht vollständig auf andere Weise gedeckt werden kann (BGH VersR 06, 373). Der Geschädigte hat schlüssig darlegen, dass die Haftung Dritter aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausscheidet. Bei zweifelhafter oder unübersichtlicher Rechtslage beginnt die Verjährung daher auch unter diesem Gesichtspunkt erst dann, wenn hinreichend gesichert ist, dass der Schaden nur durch Inanspruchnahme des Amtsträgers ausgeglichen werden kann (BGHZ 121, 65). Steht fest, dass für einen Teil des Schadens keine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht, beginnt schon dann die Verjährung. Voraussetzung des späteren Verjährungseintritts ist es weiterhin, dass der Geschädigte nicht untätig bleibt. In solchen Fällen beginnt die Verjährung in dem Zeitpun...

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