Gesetzestext

 

(1) Der Besitz wird dadurch beendigt, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert.

(2) Durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt wird der Besitz nicht beendigt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 856 bildet das Gegenstück zu § 854 I, betrifft also wiederum nur den unmittelbaren Besitz und regelt den Besitzverlust. Zusammen mit den im Tatbestand weithin übereinstimmenden Voraussetzungen ergeben die §§ 854, 856 eine geschlossene Regelung. Zum Anwendungsbereich der Norm s.o. § 854 Rn 4.

B. Aufgabe des Besitzes.

 

Rn 2

Aufgabe der tatsächlichen Gewalt über eine Sache ist die freiwillige und damit mit Aufgabewillen herbeigeführte Beendigung der tatsächlichen Sachherrschaft. Erforderlich ist also der erkennbare

Aufgabewille des bisherigen Besitzers, für den wiederum die rechtsgeschäftlichen Regelungen nicht anzuwenden sind (s.o. § 854 Rn 7). Der Aufgabeakt als solcher ist Realakt, im Falle von § 854 II erfolgt die Beendigung des Besitzes durch Rechtsgeschäft (s.o. § 854 Rn 13).

C. Verlust in anderer Weise.

 

Rn 3

Ein Besitzverlust in anderer Weise meint den unfreiwilligen Besitzverlust, der also ohne Willen des Besitzers eintritt. In Betracht kommt insb Diebstahl und ähnliches Verhalten Dritter. Der auf Grund von Willensmängeln des Besitzers herbeigeführte Besitzverlust bleibt freiwillig. Ein nachträgliches Einverständnis des früheren Besitzers macht den unfreiwilligen Besitzverlust nicht rückgängig. Unfreiwillig ist der Verlust auch im Falle des ohne Einwirkung von Dritten herbeigeführten Verlierens der Sache. Schließlich kann ein Verlust in anderer Weise auch durch Naturereignisse herbeigeführt werden. Der unfreiwillige Besitzverlust ist als Abhandenkommen rechtlich sehr bedeutsam (§§ 935, 1006 I 2, 1007 II, 1207).

D. Vorübergehende Verhinderung (Abs 2).

 

Rn 4

Ebenso wie zur Besitzbegründung eine gewisse Zeitdauer und eine Festigung der Herrschaftsbeziehung erforderlich sind (s.o. § 854 Rn 11), so ist auch für die Beendigung des Besitzes der dauerhafte Verlust der Ausübung der Gewalt erforderlich. Insoweit ist wiederum die Verkehrsanschauung von besonderer Bedeutung. Ein Besitzverlust ist zu verneinen, wenn Wohnung und darin enthaltene bewegliche Sachen im Hinblick auf eine Urlaubsreise oder eine Inhaftierung verlassen werden, wenn eine hoheitliche Wohnungsbeschlagnahme stattfindet, wenn eine Sache aus Versehen zurückgelassen wird und die Wiedererlangung noch möglich erscheint. Dagegen tritt Beendigung des Besitzes ein, wenn eine Sache dauerhaft einem Dritten übergeben wird, wenn sie mit Willen weggeworfen wird, wenn eine Wohnung durch Auszug dauerhaft verlassen wird, wenn ein Gegenstand verloren wird, ohne dass der Ort bekannt wäre und damit eine Wiedererlangung aussichtsreich erscheint, wenn ein Schiff oder anderer Gegenstand gesunken ist, ohne dass eine Bergung sinnvoll und möglich erscheint.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge