Rn 38

Den Ausgleichsanspruch kann zum einen der Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks geltend machen. Zum anderen steht der Anspruch auch dem Besitzer zu (BGHZ 157, 188, 190), und zwar jedem Besitzer, der einen primären Abwehranspruch nach § 862 I hat. Der bloße Benutzer des Grundstücks ist allerdings nicht anspruchsberechtigt; der Ausgleichsanspruch leitet sich aus dem Grundstückseigentum her, so dass Anspruchsinhaber nur ein dinglich oder obligatorisch Berechtigter an dem beeinträchtigten Grundstück sein kann. Ebenfalls nicht anspruchsberechtigt sind Mieter desselben Grundstücks untereinander (BGHZ 157, 188), obwohl sie an sich zu dem Kreis der obligatorisch Berechtigten gehören. Der Anspruchsausschluss beruht hier auf dem Umstand, dass es an einer grenzüberschreitenden Immission fehlt, so dass § 906 nicht anwendbar ist (Rn 10).

 

Rn 39

Zum Ausgleich verpflichtet ist nach häufigem Sprachgebrauch der ›Störer‹. Das ist missverständlich, weil dieser Begriff für die Fälle der rechtswidrigen Einwirkung besetzt ist (§ 1004 I); hier geht es jedoch um eine zu duldende und damit rechtmäßige Einwirkung. Genauer ist es deshalb, von dem ›Benutzer‹ des emittierenden Grundstücks als Anspruchsverpflichtetem zu sprechen. Benutzer ist jeder, der die Nutzungsart des beeinträchtigenden Grundstücks bestimmt; das sind neben dem Eigentümer und sonstigen dinglichen Berechtigten ohne weiteres auch der Besitzer wie ein Mieter oder ein Pächter (BGH NJW-RR 11, 739 [BGH 01.04.2011 - V ZR 193/10]). Für Handlungen seines Mieters ist der Eigentümer nur verantwortlich, wenn er dem Mieter den Gebrauch mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (BGH NJW 06, 992 [BGH 27.01.2006 - V ZR 26/05]). Der Bauunternehmer, der Arbeiten auf dem Grundstück ausführt, gehört grds nicht zu dem Kreis der Ausgleichspflichtigen (BGH NJW 10, 3158, 3159); etwas anderes gilt nur dann, wenn er hinsichtlich des Standorts, des Aufbaus des Gebäudes oder der Anlage und ihrer Handhabung eigenverantwortlich handeln darf und er allein das Risiko einer Beeinträchtigung des Grundstücksnachbarn trägt (BGHZ 113, 384, 392).

 

Rn 40

Bei mehreren (summierten) Einwirkungen ist zu unterscheiden: Ist jede Beeinträchtigung für sich wesentlich und verhindert sie die ungestörte ortsübliche Benutzung des betroffenen Grundstücks, ist jeder Einwirkende entspr seinem Anteil an der Beeinträchtigung zur Zahlung des Ausgleichs verpflichtet; der einzelne Ursachenbeitrag eines jeden Einwirkenden ist nach § 287 ZPO zu schätzen (BGHZ 66, 70, 71). Im Fall der sog ›progressiven Schadenssteigerung‹, in welchem die wesentliche Beeinträchtigung erst durch das Zusammenwirken mehrerer Einwirkender hervorgerufen wird, sind alle Einwirkenden als Gesamtschuldner ausgleichspflichtig (BGHZ 66, 70, 75 f).

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