Rn 15

Hat der Überbauende schuldlos oder lediglich fahrlässig (§ 276 II) gehandelt, muss der Nachbar den Überbau nur dann dulden, wenn er nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben hat. Dafür ist es ausreichend, dass er – auch ohne Kenntnis von der Grenzüberschreitung – deutlich zum Ausdruck bringt, dass er mit der Errichtung des Gebäudes nicht einverstanden ist (BGHZ 59, 191, 194). In Kenntnis der Grenzüberschreitung kann der Nachbar auch Teilen des Überbaus widersprechen, die zB über einen bestimmten Abstand von der Grenze hinaus oder in einer bestimmten Höhe in sein Grundstück hineinragen (RGZ 109, 107, 109).

 

Rn 16

Rechtzeitig ist der Widerspruch, wenn er bereits vor der Grenzüberschreitung oder sofort danach erhoben wurde. Der Nachbar darf also nicht abwarten, bis das Gebäude vollständig errichtet oder sogar fertig gestellt ist. Entscheidend ist vielmehr der Zeitpunkt, in welchem der Gedanke der Werterhaltung (Rn 1) wegen des Bautenstands noch keine Geltung beansprucht. Unerheblich ist, ob der Nachbar Kenntnis von der Grenzüberschreitung hat oder haben kann. Unterbleibt ein Widerspruch, tritt die Duldungspflicht von selbst und unwiderruflich ein, ohne dass es darauf ankommt, aus welchen Gründen der Nachbar der Grenzüberschreitung nicht widersprochen hat (BGHZ 97, 292, 294).

 

Rn 17

Der Widerspruch ist eine formlose, einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung, welche ggü dem Überbauenden abgegeben werden muss.

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