Gesetzestext

 

(1) 1Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes. 2Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Gravieren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche.

(2) Mit dem Erwerb des Eigentums an der neuen Sache erlöschen die an dem Stoffe bestehenden Rechte.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Bei der Verarbeitung eines Stoffes zu einer neuen beweglichen Sache stellt sich die Frage, ob sie dem Hersteller oder dem Eigentümer des verarbeiteten Stoffs gehören soll. § 950 entscheidet das Problem zugunsten des Herstellers. Die Vorschrift ist zwingend (ganz hM). Als Gegenmittel bleibt dem Stofflieferanten allerdings die Möglichkeit der Verarbeitungs- oder Herstellerklausel (Rn 10 f).

 

Rn 2

Gegenüber den §§ 947–949 ist § 950 lex specialis, wenn die Verbindung Verarbeitung ist und durch sie eine neue Sache entsteht. Die Verarbeitung eines Grundstücks kennt das Gesetz nicht, so dass keine Überschneidung mit § 946 besteht (KG GRUR 94, 212 [KG Berlin 08.01.1993 - 5 U 2639/91]).

 

Rn 3

Beweisbelastet hinsichtl des Verarbeitungstatbestands und der Herstellereigenschaft ist derjenige, der sich auf Eigentumserwerb nach § 950 beruft (BGH NJW 83, 2022 [BGH 25.02.1983 - V ZR 299/81]); umgekehrt muss derjenige, der sich auf Nichterwerb nach I 1 Hs 2 beruft, diese Voraussetzungen beweisen.

B. Tatbestandsvoraussetzungen.

 

Rn 4

Verarbeitung oder Umbildung ist ein von willensgetragenem Verhalten getragener Realakt (MüKo/Füller § 950 Rz 6). Deshalb können auch Geschäftsunfähige Verarbeitungen vornehmen und gem § 950 Eigentum erwerben, sofern sie zu einem willensgesteuerten Verhalten fähig sind. Es genügt das Zusammenfügen von Bauteilen (BGHZ 18, 226). Auch die Zerlegung einer Sache kann Verarbeitung sein (etwa zum Zwecke der Wiederverwertung der verschiedenen Stoffe), nicht aber ihre bloße Zerstörung. Verarbeitung ist auch die Bearbeitung der Oberfläche, I 2.

 

Rn 5

Durch die Verarbeitung muss eine neue Sache entstehen. Diesbezüglich ist die Verkehrsauffassung maßgeblich (BGH NJW 16, 317 Rz 17). Für Neuheit spricht, dass die hergestellte Sache einen neuen Namen trägt (BGH NJW 16, 317 Rz 17; Köln NJW 97, 2187 [OLG Köln 23.08.1996 - 11 U 39/96]) oder eine Formveränderung gegeben ist. Entscheidend ist, dass die Verarbeitung das Wesen des Stoffes verändert hat. Verarbeitung liegt idR bei Erzielung einer höheren Verarbeitungsstufe vor (so dass mit jeder Stufe neuer Eigentumserwerb gegeben ist; Stuttg NJW 01, 2889 [OLG Stuttgart 20.03.2001 - 20 W 33/00] zur Herstellung eines Kunstwerks in mehreren Entwicklungsstufen); daher reicht auch ein Zwischenfabrikat aus, es sei denn, es handelt sich um einen einheitlichen Verarbeitungsvorgang. Ob ein Produktionsvorgang mehrstufig oder einheitlich ist, entscheidet wiederum die Verkehrsauffassung. Danach ist Verarbeitung zu bejahen bspw bei aufwendiger Panzerung eines Kfz (Bremen 11 O 532/03), bei Verarbeitung des Papiers beim Druck eines Katalogs (Ddorf 11 U 23/00). Keine Verarbeitung ist die (wieder löschbare) Aufzeichnung auf einen Ton- oder Datenträger (BGH NJW 16, 317 [BGH 10.07.2015 - V ZR 206/14] Rz 14, 18 – Memoiren Kohl).

 

Rn 6

Eine Verarbeitung, die nicht einen erheblichen Mehrwert schafft, führt nicht zum Eigentumserwerb des Herstellers. Der Wert der Verarbeitung darf daher gem I 1 Hs 2 nicht erheblich unter dem Wert der verarbeiteten Stoffe liegen. Der Verarbeitungswert ergibt sich durch Abzug des Werts der Stoffe, wie sie zu Beginn des Verarbeitungsvorgangs vorlagen, vom Verkehrswert der hergestellten Sache. Die Erheblichkeitsschwelle soll jedenfalls überschritten sein, wenn das Verhältnis des Verarbeitungswerts zum Wert der Stoffe 3:5 oder kleiner ist (BGH NJW 95, 2633; Ddorf 11 U 23/00).

C. Rechtsfolgen.

I. Lastenfreier Eigentumserwerb (Abs 1 S 1, Abs 2).

 

Rn 7

Durch die Verarbeitung erwirbt der Hersteller (Rn 9) originäres Eigentum an der von ihm hergestellten Sache, wenn nicht I 1 Hs 2 vorliegt. Dass einer der verarbeiteten Stoffe abhandengekommen war oder ein (nur schuldrechtlich wirkendes) Verarbeitungsverbot bestand, ist unbeachtlich (Köln NJW 97, 2187 [OLG Köln 23.08.1996 - 11 U 39/96]; BGH NJW 89, 3213 [BGH 15.06.1989 - IX ZR 167/88]). Die Möglichkeit, auch an eigenen Sachen nach § 950 Eigentum zu erwerben, ist relevant, wenn man berücksichtigt, dass das neue Eigentum gem II lastenfreies Eigentum ist. An den zur Verarbeitung verwendeten Stoffen etwa bestehende dingliche Rechte, insb Anwartschaftsrechte, gehen also infolge der Verarbeitung unter. Der sein Eigentum oder sein dingliches Recht Verlierende kann ggf Ausgleich nach § 951 verlangen.

II. Hersteller.

 

Rn 8

Nach der Rspr ist als Hersteller grds derjenige anzusehen, in dessen Namen und wirtschaftlichem Interesse die Herstellung erfolgt; maßgebend ist die Verkehrsauffassung eines mit den Verhältnissen vertrauten objektiven Betrachters (BGHZ 112, 243 mwN). Es kommt somit nicht entscheidend darauf an, wer den Verarbeitungsvorgang tatsächlich vornimmt (Celle ZIP 09, 138...

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