Rn 12

1. Herausgabezustand der Sache ist stets der Ist-Zustand zum Herausgabezeitpunkt. Veränderungen, insb Verschlechterungen ggü dem ›Ur-Zustand‹, können über den rein dinglichen Herausgabeanspruch nicht berücksichtigt werden.

 

Rn 13

2. Herausgabeort ist bei beweglichen Sachen der Ort, an dem sich die Sache letztmals vor dem Eintritt der Vindikationslage befand. Beim gutgläubigen bzw unverklagten Besitzer ist dies der aktuelle Ort. Beim bösgläubigen bzw verklagten Besitzer hingegen die Örtlichkeit, wo sich die Sache zum Zeitpunkt des Eintritts der Bösgläubigkeit bzw Rechtshängigkeit befand, sowie der Ort der Besitzerlangung bei deliktischem Besitz gem § 992. Diese Fixierung des Herausgabeortes ergibt sich aus einer Verbindung der Bestimmungen über den Leistungsort gem § 269, der grds am Wohn- bzw Gewerbebetriebsort liegt und damit eine Holschuld begründen würde. Jedoch ist der Ort, an dem sich die herauszugebende Sache befindet, nicht zwingend einer der in § 269 aufgeführten Orte. Bei Redlichkeit werden § 697 und § 811 entspr angewendet.

 

Rn 14

Es ist auf die tatsächliche Örtlichkeit abzustellen, an der sich die Sache befindet, die zur Vermeidung einer Wechselmöglichkeit je nach der Qualität des Besitzes mit dem Eintritt der Bösgläubigkeit bzw Rechtshängigkeit zu fixieren ist. Beim deliktischen Besitzer ist immer der ursprüngliche Ort der Sache auch der Herausgabeort gem §§ 992, 823 ff, 249 I. Denn zum ursprünglichen, wiederherzustellenden Zustand zählt auch die Rückführung der Sache an den ursprünglichen Ort. Da § 242 auch auf dingliche Ansprüche anwendbar ist, kann im Einzelfall der Eigentümer auch vom redlichen Besitzer die Verpackung und Versendung transportabler Sachen verlangen. Dies allerdings nur gegen Kostenerstattung und Gefahrtragung durch den Eigentümer (MüKo/Baldus § 985 Rz 103).

 

Rn 15

3. Herausgabekosten können sowohl beim Besitzer – etwa durch den Transport der Sache zum Herausgabeort (BGH NJW 88, 3264 [BGH 26.05.1988 - IX ZR 276/87]) – als auch beim Eigentümer für die Abholung anfallen. Soweit der Eigentümer Kosten im Zusammenhang mit der Herausgabe verauslagt, die den Besitzer treffen, steht ihm (BGH NJW 81, 752 [BGH 12.01.1981 - VIII ZR 184/79]) ein Erstattungsanspruch nach §§ 684, 812, nicht aber nach §§ 989 ff zu. In der Praxis muss die Prüfung der Kostentragung unter Einbezug des § 242 erfolgen.

 

Rn 16

4. Eine aus mehreren Sachen bestehende, übergeordnete Sache, zB eine Bibliothek oder ein Geschäft mit Warenlager (Sachgesamtheit), ist nicht vindizierbar. In solchen Fällen muss jede Sache individualisiert herausverlangt werden bzw iR objektiver Klagehäufung gem § 260 ZPO jeder einzelne Gegenstand genau bezeichnet werden, zB durch eine Bestands- oder Inventarliste. Das Besichtigungsrecht gem § 809 kann bei der Ermittlung der einzelnen Sachen weiterhelfen. Zudem eröffnet hier § 242 einen erweiterten Auskunftsanspruch (MüKo/Baldus § 985 Rz 252).

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