Gesetzestext

 

(1) Verweisungen auf Sachvorschriften beziehen sich auf die Rechtsnormen der maßgebenden Rechtsordnung unter Ausschluss derjenigen des Internationalen Privatrechts.

(2) Soweit Verweisungen im Dritten Abschnitt das Vermögen einer Person dem Recht eines Staates unterstellen, beziehen sie sich nicht auf Gegenstände, die sich nicht in diesem Staat befinden und nach dem Recht des Staates, in dem sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen.

A. Einführung.

 

Rn 1

Art 3a war im Zuge der redaktionellen Bereinigung des nur noch als prominente Einleitungsvorschrift dienenden Art 3 (s Art 3 Rn 1) geschaffen worden. Er nahm die ausgegliederten Hilfsbestimmungen der Art 3 I 2 und III aF auf, die das Ziel der Verweisung betreffen und daher inzwischen in Art 4 verschoben worden sind. In seiner bis zum 28.1.19 gültigen Fassung enthielt I die Legaldefinition des in Art 4 verwandten Begriffs ›Sachvorschriften‹. II normierte für das Internationale Familien- und Erbrecht eine bedingte Sonderanknüpfung. Da diese im Hinblick auf die inzwischen vollzogene Übernahme des internationalen Erb- und Güterrechts durch das Unionsrecht ihren Anwendungsbereich praktisch vollständig eingebüßt hat und ohnehin rechtspolitisch umstritten war, ist Art 3a im Zuge der Anpassung des autonomen IPR gestrichen worden. Nach Art 229 § 47 II Nr 2 EGBGB gilt er aber für vor dem 29.1.19 geschlossenen Ehen noch weiter, wenn die Eheleute nicht nach diesem Zeitpunkt von der nach der EuGüVO vorgesehenen Rechtswahlmöglichkeit Gebrauch gemacht haben. Insoweit bleibt Art 3a noch länger relevant (s zB VG Magdeburg FamRZ 21, 491).

B. Legaldefinition Sachvorschriften (Abs 1).

 

Rn 2

Grds sind die Verweisungen des deutschen IPR als Gesamtverweisungen zu verstehen (Art 4 I 1), dh anzuwenden ist zunächst das IPR der berufenen Rechtsordnung (s Art 4 EGBGB Rn 3). Verweisungen unmittelbar auf die Sachvorschriften der Zielrechtsordnung (Sachnormverweisungen) erfolgen nur ausnahmsweise in den gesetzlich (Art 4 EGBGB Rn 9) genannten Fällen: Es kommen dann ohne Befragung des fremden IPR gleich die fremden Sachvorschriften zur Anwendung (s ausf Art 4 EGBGB Rn 1 ff, 9 ff).

 

Rn 3

Da diese Definition von Sachvorschriften gleichzeitig den Begriff des Kollisionsrechts als den Gegensatz zum Sachrecht charakterisiert, hatte der Gesetzgeber sie ursprünglich an den Anfang des Regelungskomplexes zum IPR gestellt (vgl BTDrs 10/504 und oben Art 3 Rn 2). Mit ihrer Ausgliederung aus Art 3 hat sie jedoch diesen Kontext verloren, so dass eine Einstellung in den von Gesamt- und Sachnormverweisungen handelnden Art 4 überzeugender gewesen wäre (so schon zur alten Gesetzeslage Soergel/Kegel Art 3 Rz 4; ähnl MüKo/Sonnenberger Rz 2).

C. ›Einzelstatut bricht Gesamtstatut‹ (Abs 2).

 

Rn 4

Der in Art 3a II überführte ehemalige Art 3 III, der 1986 den Art 28 aF ablöste, ordnete eine bedingte Sonderanknüpfung für bestimmte Fragen des Internationalen Familien- und Erbrechts an. Trotz rechtspolitischer Kritik ist diese Sonderregelung als geltendes Recht zu respektieren. Da die EuErbVO in ihrem Art 30 selbst eine Bestimmung zur Sonderanknüpfung enthält, konnte die Sonderanknüpfung des Art 3a nach dem Inkrafttreten der EuErbVO auf das Familienrecht beschränkt werden.

I. Gesamtstatut.

 

Rn 5

Im Internationalen Familienrecht (Dritter Abschnitt des EGBGB) werden regelmäßig ganze Vermögensmassen einheitlich einem Recht unterstellt, zB das gesamte Vermögen der Eheleute dem Güterrechtsstatut des Art 15 (BGH NJW 69, 369) oder dem Lebenspartnerschaftsstatut des Art 17b I oder die Verwaltung des gesamten Vermögens von Kindern dem Eltern-Kind-Statut des Art 21. Auf die Belegenheit der zu der Vermögensmasse gehörenden Gegenstände nimmt ein solches ›Gesamtstatut‹ keine Rücksicht.

 

Rn 6

Gesamtstatute idS gibt es zwar auch in anderen Rechtsgebieten, doch beschränkt II seinen Anwendungsbereich ausdrücklich auf Verweisungen des Familienrechts. Er findet daher keine Anwendung auf das Gesellschaftsstatut (MüKo/Sonnenberger Rz 23; Kegel/Schurig § 12 II 2b aa bbb; Dörner IPRax 04, 520; BRHP/Lorenz Rz 7; Lüderitz Rz 168 Fn 38). – Hinsichtlich des Ausgleichs von Versorgungsanwartschaften wird II jedenfalls durch den spezielleren Art 17 III 2 verdrängt (MüKo/Sonnenberger Rz 24; BRHP/Lorenz Rz 7).

II. Einzelstatut.

 

Rn 7

Eine Anwendung von II kommt in Betracht, soweit die Verweisung nicht zum Recht des Belegenheitsstaates führt (MüKo/Sonnenberger Rz 15). II macht dann im Wege einer ›bedingten Verweisung‹ gewisse Zugeständnisse an das Recht des Belegenheitsstaates, weil nur in diesem die Herrschaft über den Vermögensgegenstand ausgeübt werden kann und internationaler Entscheidungseinklang daher von besonderer Bedeutung ist (BTDrs 10/504, 36; BGHZ 131, 29; krit Kegel/Schurig § 12 II 2b cc). Soweit das Belegenheitsrecht für die betreffenden Gegenstände besondere familienrechtliche (MüKo/Sonnenberger Rz 14) Vorschriften vorsieht, sind dann statt des Gesamtstatuts diese Vorschriften als sog ›Einzelstatut‹ anzuwenden.

III. Besondere Vorschriften.

 

Rn 8

Um ›besondere‹ Vorschriften iSe solchen Einzelstatuts handelt es sich aber nur, wenn der Belegenheitsstaat des betreffenden Vermögensgegenstandes gerade die Zusamm...

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