Gesetzestext

 

1Nach Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertragliches Schuldverhältnis entstanden ist, können die Parteien das Recht wählen, dem es unterliegen soll. 2Rechte Dritter bleiben unberührt.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Art 42 eröffnet für alle außervertraglichen Schuldverhältnisse die Möglichkeit einer nachträglichen Rechtswahl und misst damit der Parteiautonomie großes Gewicht bei. Die Rechtswahl geht allen anderen Anknüpfungen der Art 38 ff vor, unterliegt also lediglich den Vorbehalten der Rechte Dritter (Art 42 2) sowie des ordre public (Art 6, Art 40 III). Nach hM ist eine Beziehung des Sachverhalts zur gewählten Rechtsordnung nicht erforderlich (zB Staud/v Hoffmann Art 42 Rz 6 mwN; MüKo/Junker Art 42 Rz 23 mwN), der Auslandsbezug kann auch erst durch die Rechtswahl hergestellt werden (s zB Palandt/Heldrich 67. Aufl 08 Art 42 Rz 1; aA Freitag/Leible ZVglRWiss 00, 101, 106). Das ist die folgerichtige Konsequenz der Parteiautonomie, da die Beteiligten hier in Kenntnis sämtlicher Umstände des Falles entscheiden. Weitere Konsequenz dieses Grundgedankens ist es, Art 42 als Sachnormverweisung aufzufassen (s insb MüKo/Junker Art 42 Rz 25, 29).

B. Rechtswahl.

I. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Die Rechtswahl kann – anders als im internationalen Vertragsrecht und teilw auch nach der ROM II-VO – nur nachträglich erfolgen (s.a. BGH WM 11, 1465 Rz 41; BeckRS 11, 19296 Rz 42), jedenfalls bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BGH NJW 22, 3072 [BGH 09.08.2022 - VI ZR 1244/20] Rz 19). Allerdings kann eine der Begründung des außervertraglichen Schuldverhältnisses vorangegangene Rechtswahl ggf über Art 38 I bzw Art 41 I, II Nr 1 auch für außervertragliche Ansprüche zum Zuge kommen. Weil Art 42 keine Art 27 IV iVm 31 aF entsprechende Regelung enthält, ist die Wirksamkeit der Rechtswahl nach der lex fori zu beurteilen (so zB MüKo/Junker Art 42 Rz 9 mwN), und nicht nach der hypothetischen lex causae (so zB BeckOK/Spickhoff Art 42 Rz 7 mwN). Die Wahl kann ausdrücklich oder stillschweigend (BTDrs 14/343, 14; Kobl NJW-RR 05, 1048; Stuttg WM 08, 1368, 1369) ohne Einhaltung einer bestimmten Form (MüKo/Junker Art 42 Rz 10 mwN) oder Frist (Palandt/Heldrich 67. Aufl 08 Art 42 Rz 1) erfolgen. Sie erfordert nach hM ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein beider Parteien (s nur MüKo/Junker Art 42 Rz 13 mwN; LAG Hamm BeckRS 06, 141029; aA Hk/Dörner Art 42 Rz 2; ders FS Stoll 491, 493). Insbesondere kann nicht ohne zusätzliche Anhaltspunkte eine Wahl der lex fori angenommen werden, wenn die Prozessbeteiligten trotz Auslandsbezugs nur diese ihren Erörterungen zu Grunde legen (ggf ist nachzufragen, § 139 ZPO, s.a. BeckOK/Spickhoff Art 42 Rz 6) oder lediglich einen deutschen Gerichtsstand vereinbart haben (Köln TranspR 05, 212, 213). Gegenstand der Rechtswahl ist in erster Linie staatliches Recht. Da in Art 42 keine Art 27 I 3 aF vergleichbare Regelung aufgenommen wurde, ist eine Teilrechtswahl abzulehnen (so auch Palandt/Heldrich 67. Aufl 08 Art 42 Rz 1; aA aber die wohl hM, zB Staud/v Hoffmann Art 42 Rz 8; MüKo/Junker Art 42 Rz 14; NK-BGB/Wagner Art 42 Rz 10). Die Rechtswahl kann von den Beteiligten nachträglich (mit Wirkung ex tunc) geändert werden (LAG Hamm BeckRS 06, 141029; weiterhin zB MüKo/Junker Art 42 Rz 22 mwN).

II. Rechtsfolgen.

 

Rn 3

Die ggü den anderen Anknüpfungen für außervertragliche Schuldverhältnisse vorrangige Rechtswahl führt ggf zu einem auf den Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses zurückwirkenden Statutenwechsel. Das aufgrund der Rechtswahl anzuwendende Statut ist für das gesamte außervertragliche Schuldverhältnis maßgebend (Ausn: ortsgebundene Verhaltensnormen, insb Verkehrsregeln, Art 40 Rn 4, BeckOK/Spickhoff Art 42 Rz 4). Nach Art 42 2 bleiben Rechte Dritter unberührt; dies betrifft insb Haftpflichtversicherer oder andere Regressberechtigte.

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