Gesetzestext

 

(1) Diese Verordnung findet auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung, die am 17. August 2015 oder danach verstorben sind.

(2) Hatte der Erblasser das auf seine Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht vor dem 17. August 2015 gewählt, so ist diese Rechtswahl wirksam, wenn sie die Voraussetzungen des Kapitels III erfüllt oder wenn sie nach den zum Zeitpunkt der Rechtswahl geltenden Vorschriften des Internationalen Privatrechts in dem Staat, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, wirksam ist.

(3) Eine vor dem 17. August 2015 errichtete Verfügung von Todes wegen ist zulässig sowie materiell und formell wirksam, wenn sie die Voraussetzungen des Kapitels III erfüllt oder wenn sie nach den zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung geltenden Vorschriften des Internationalen Privatrechts in dem Staat, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, oder in dem Mitgliedstaat, dessen Behörde mit der Erbsache befasst ist, zulässig sowie materiell und formell wirksam ist.

(4) Wurde eine Verfügung von Todes wegen vor dem 17. August 2015 nach dem Recht errichtet, welches der Erblasser gemäß dieser Verordnung hätte wählen können, so gilt dieses Recht als das auf die Rechtsfolge von Todes wegen anzuwendende gewählte Recht.

A. Übergangsregelung (Abs 1).

 

Rn 1

Art 83 enthält Übergangsbestimmungen für die Rechtswahl (II) u für Verfügungen vTw (III). Die VO findet auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung, die nach Beginn der Anwendung der VO, dh am 17.8.15 oder danach verstorben sind (I). Für Erbfälle vor diesem Datum bleibt es bei der bisherigen Rechtslage (Dörner ZEV 12, 505, 506; Schoppe IPRax 14, 27, 29). Allerdings wird eine Rechtswahl vor dem 17.8.15 begünstigt.

B. Rechtswahl vor dem 17.8.15 (Abs 2).

I. Wirksamkeit nach der EuErbVO.

 

Rn 2

Eine Rechtswahl vor zeitlicher Anwendung der VO wird durch eine Vorwirkung ihrer Bestimmungen in zweierlei Hinsicht honoriert. Hatte nämlich der Erblasser das auf seine Rechtsnachfolge vTw anzuwendende Recht vor Beginn der Anwendung der VO gewählt, so ist diese Rechtswahl wirksam, wenn sie die Voraussetzungen des Kap III (Art 20–38) der VO erfüllt (II Alt 1). Eine stillschweigende Rechtswahl genügt (München FamRZ 20, 1951, 1954 f). Entscheidend ist also, ob die Rechtswahl der VO formell u materiell entspricht (Dörner ZEV 12, 505, 506). Dies gilt auch für einen Erbvertrag nach Art 25 (BGHZ 222, 365 = NJW 19, 3449 = ZEV 19, 538 Anm Mankowski = FamRZ 19, 1561 Anm v Bary = IPRax 20, 562 m Aufs Lasthaus, 532; München FamRZ 20, 1951 zust Anm Fornasier). Die Wahl des deutschen Errichtungsstatuts in einem Erbvertrag, der von einer nach dem 17.8.15 verstorbenen deutschen Erblasserin mit einem ital Staatsangehörigen vor diesem Stichtag geschlossen worden war, ist demzufolge im Wege einer unechten Rückwirkung wirksam geworden (BGH NJW 19, 3449 [BGH 10.07.2019 - IV ZB 22/18]; Looschelders JR 20, 459, 459 ff). Abs 2 gilt für sämtliche erbrechtliche Rechtswahlbestimmungen u nicht nur für die Wahl des Erbstatuts (BGH FamRZ 19, 1561; München FamRZ 20, 1957 zust Anm Fornasier; aA MüKo/Dutta Rz 27). Nicht erfasst wird jedoch nach EuGH die Wirksamkeit einer Rechtswahl, die sich lediglich auf einen Erbvertrag iSd Art 3 I lit b für einen bestimmten Vermögenswert (und nicht auf den gesamten Nachlass) des Erblassers bezieht (EuGH C-277/20, FamRZ 21, 1825 Anm Wendland = ZEV 21, 717 krit Anm JP Schmidt = ErbR 21, 1026 m Aufs Rieländer, 1016 = ECLI:EU:C:2021:708 – dazu de Barros Fritz IPRax 22, 360; krit Mansel/Thorn/Wagner IPRax 22, 97, 134 f). Nach Abs 2 bestimmt das gewählte Errichtungsstatut die Bindungswirkung eines Erbvertrages rückwirkend auch für die Zeit vor dem 17.8.15. Es kann daher nachträglich die Unwirksamkeit späterer vertraglicher Verfügungen begründen, die davor getroffen wurden (München FamRZ 20, 1957, 1961 zust Anm Fornasier).

II. Wirksamkeit nach nationalem IPR.

 

Rn 3

Die Rechtswahl ist auch dann materiell u formell wirksam, wenn sie bei Anwendung der zum Zeitpunkt der Rechtswahl geltenden nationalen Vorschriften des IPR nach dem jeweils anzuwendenden Recht wirksam ist (Dörner ZEV 12, 505, 506). Insofern kommt es auf das Recht des Staates an, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (II Alt 2). Es genügt aber auch die Einhaltung des Rechts des Staates, dessen Staatsangehörigkeit, die keine effektive sein muss (MüKo/Dutta Rz 8), er besaß (II Alt 3). Dabei handelt es sich um eine alternative Anknüpfung. Eine Teilrechtswahl (für die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkung) nach nationalem IPR genügt (BGHZ 222, 365 = NJW 19, 3449; München FamRZ 20, 1951, 1954; Schoppe IPRax 14, 27, 31); ebenso eine Rechtswahl nach Art 25 II aF EGBGB (Nietner IPRax 15, 79, 83). Der Erblasser muss ein Rechtswahlbewusstsein gehabt haben (R Magnus IPRax 19, 8, 13).

C. Bestandsschutz letztwilliger Verfügungen (Abs 3).

I. Wirksamkeit nach der EuErbVO.

 

Rn 4

Eine vor Beginn der Anwendung der VO (17.8.15) errichtete Verfügung vTw ist zulässig sowie materiell u formell wirksam, wenn sie die Voraussetzungen von Kap III (Art 20–38) erfüllt (III Al...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge