Gesetzestext

 

(1) Sofern in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist, ist für Unterhaltspflichten das Recht des Staates maßgebend, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2) Wechselt die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt, so ist vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an das Recht des Staates des neuen gewöhnlichen Aufenthalts anzuwenden.

 

Rn 1

Art 3 enthält die allgemeine Regel in Bezug auf das anzuwendende Recht. Grds ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (I). Der gewöhnliche Aufenthalt ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen (vgl Art 5 EGBGB Rn 29 ff). Vorrangige besondere Regeln enthalten die Art 4 (bestimmte Berechtigte), Art 5 (Ehegatten u frühere Ehegatten). Ferner ist in bestimmtem Umfang Rechtswahl zulässig (Art 7, 8). Berechtigter u Verpflichteter sind grds ebenso wie in Art 2 Nr. 10, 11 EuUntVO zu verstehen (Rauscher/Andrae Rz 6).

 

Rn 2

Der nicht näher definierte gewöhnliche Aufenthalt ist wie in Art 3 EuUntVO u in den anderen Haager Konventionen zu bestimmen (MüKo/Staudinger Rz 5). Auch hier zielt er auf den Daseinsmittelpunkt der betreffenden Person ab (Rauscher/Andrae Rz 9). Der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes ist selbstständig zu bestimmen (Kobl FamRZ 15, 1618; Rauscher/Andrae Rz 10).

 

Rn 3

Wechselt der gewöhnliche Aufenthalt, so ist ab Aufenthaltswechsel das Recht des neuen gewöhnlichen Aufenthalts anzuwenden (II); es kommt zu einem Statutenwechsel (BGHZ 203, 272 = NJW 15, 694 m Anm Heiderhoff FamRZ 15, 484; Frankf FamRZ 12, 1501; Hamm FamRZ 18, 29). Entscheidend ist der gewöhnliche Aufenthalt in dem Zeitraum, für den Unterhalt verlangt wird (Rauscher/Andrae Rz 13). Widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten des Kindes schließt den gewöhnlichen Aufenthalt nicht aus (EuGH C-644/20, W.J., FamRZ 22, 1029 = NZFam 22, 736 zust Rieländer = ECLI:EU:C:2022:371).

 

Rn 4

Die Abänderung eines bestehenden Unterhaltstitels erfolgt, auch wenn es sich um ein anzuerkennendes ausl Unterhaltsurteil handelt, nach § 238 FamFG (Frankf FamRZ 17, 204 = IPRax 17, 637 m Aufs Martiny, 596; Riegner FPR 13, 11). Das Abänderungsstatut – also die Frage, welche Rechtsordnung den Maßstab für die Abänderung ergibt – entspricht dem Unterhaltsstatut (vgl Art 11 lit b ›Unterhalt für die Vergangenheit‹). Demnach richtet sich nach einem Statutenwechsel die Abänderung nach dem aktuellen Unterhaltsstatut (Köln FamRZ 05, 534; Henrich Int Scheidungsrecht, 17, Rz 212); das gilt auch für den nachehelichen Unterhalt (Nürnbg FamRZ 12, 1500 (LS) = IPRax 12, 551 Aufs Coester-Waltjen, 528). Das einem abzuändernden ausl Unterhaltstitel zugrundeliegende Sachrecht kann in einem inländischen Abänderungsverfahren grds nicht ausgetauscht werden (Bremen FamRZ 17, 614 = IPRax 17, 637 m Aufs Martiny, 596). Vielmehr bleibt es für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich (BGH FamRZ 83, 806, 808; FamRZ 92, 1060, 1062). Dies aber gilt nicht, wenn nach Erlass der abzuändernden Entscheidung infolge eines Aufenthaltswechsels des Unterhaltsberechtigten ein vom deutschen Kollisionsrecht beachteter Statutenwechsel erfolgt ist (BGHZ 203, 272 = NJW 15, 694 m Anm Heiderhoff FamRZ 15, 484; Hamm FamRZ 18, 29 m Anm Streicher FamRB 18, 11).

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