Rn 1

Das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HaagUntProt) v 23.11.07 (ABl. EU 09 L 331/19) ist für die EU-Staaten u Serbien am 1.8.13 in Kraft getreten. Weitere Vertragsstaaten Brasilien (1.11.17), Ecuador (1.7.22), Kasachstan (1.4.17), Ukraine (1.12.22). Aufgrund Ratsbeschluss v 30.11.09 (ABl EU 09 L 331/17; vgl Janzen FPR 08, 218; Kohler/Pintens FamRZ 09, 1529 ff) war es in der EU bereits zuvor als sekundäres Unionsrecht (Hilbig-Lugani DNotZ 17, 739, 742: nur bis 1.8.13) vorläufig direkt anwendbar (Art 3 Nr 1 lit c EGBGB; Mansel/Thorn/Wagner IPRax 11, 1, 12 f; Dimmler/Bißmaier FPR 13, 11 ff), s Art 22 Rn 2. Dem HaagUntProt sind nicht die einzelnen Mitgliedstaaten, sondern ist die EU als solche beigetreten (näher Rauscher/Andrae EG-UntVO Art 15 Rz 13 ff). Über die Auslegung entscheidet der EuGH (EuGH FamRZ 18, 1503). Das HaagUntProt gilt nicht für Dänemark (Mankowski NZFam 15, 346, 348 f) und das Vereinigte Königreich (Mankowski EuZW 20 Sonderausg 3, 7). Den Beitritt der EU, die die Außenkompetenz besitzt (Andrae GPR 10, 197 ff; Heger ZKJ 10, 56), zum HaagUntProt u die Verweisung auf das Protokoll in Art 15 EuUntVO hat Art 24 ermöglicht.

 

Rn 2

Art 15 EuUntVO verweist auf die Regelung des HaagUntProt (s IPR-Anh 7 Art 15 EuUntVO Rn 2). Inhaltlich modernisiert das HaagUntProt das Haager Übereinkommen v 2.10.73 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht, das in Deutschland in Art 18 aF EGBGB umgesetzt worden war (Conti/Bißmaier FamRBInt 11, 62; Rauscher/Andrae Einl Rz 9 f). Trotz der Bezeichnung als ›Protokoll‹ handelt es sich um ein eigenständiges Üb (näher Bonomi YbPrIntL 08, 336).

 

Rn 3

Bzgl des Verfahrens wird das HaagUntProt ergänzt durch das Haager Übereinkommen zur internationalen Durchsetzung von Kindesunterhalt u anderen familienrechtlichen Unterhaltsansprüchen v 2007 (zur Ratifikation BRDrs 311/120). Es ist für die EU-Staaten (1.8.14), für Albanien (1.1.13), Belarus (1.6.18), Bosnien-Herzegowina (1.2.13), Brasilien (1.11.17), Ecuador (1.7.22), Guayana (7.3.20), Honduras (19.10.18), Kasachstan (14.6.19), Montenegro (1.1.17), Neuseeland (1.11.21), Nicaragua (18.4.20), Norwegen (1.1.13), Philippinen (1.10.22), Serbien (1.4.21), Türkei (1.2.17; dazu Boehm JAmt 17, 8), Ukraine (1.11.13) u USA (1.1.17; dazu Schlauß/Meysen JAmt 17, 2) u Vereinigtes Königreich (1.8.14) in Kraft getreten (Hilbig-Lugani FamRBInt 13, 74 ff; Mansel/Thorn/Wagner IPRax 14, 1, 9 f). Es gilt auch für das Vereinigte Königreicht (Mankowski EuZW 20 Sonderausg 3, 11).

 

Rn 4

Die Anknüpfung der Vorfrage einer für die Unterhaltsbeziehung erforderlichen Familienbeziehung wird nicht geregelt. Für Ansprüche auf Kindesunterhalt kommt wegen der staatsvertraglichen Anknüpfung eine unselbstständige Anknüpfung nach den Kollisionsnormen des jeweiligen Unterhaltsstatuts in Frage (Frankf FamRZ 12, 1501; Rauscher/Andrae Art 1 Rz 18, Art 4 Rz 24. – Anders Solomon FS Spellenberg [10], 355, 368 f. Allg für unselbstständige Anknüpfung BRHP/Heiderhoff Art 1 Rz 51; MüKo/Staudinger Art 11 Rz 19; Grüneberg/Thorn Art 1 Rz 9. Differenzierend Arnold IPRax 12, 311; offen gelassen BGH FamRZ 17, 1682 abl Anm Benicke [wg deutschen Unterhaltsstatuts direkt deutsches Abstammungsrecht]). Für andere Ansprüche kommt jedenfalls dort, wo das Unterhaltsstatut durch Rechtswahl bestimmt worden ist, wohl nur eine selbstständige Anknüpfung in Betracht (Andrae GPR 10, 203; allg für selbstständige Anknüpfung im Interesse des Entscheidungseinklangs NK/Gruber Art 1 HUP Rz 35).

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