Rn 3
Art 14 regelt nicht, nach welchem Recht Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahl zu beurteilen sind. Insoweit sollte – entspr Art 3 V ROM I – das gewählte Recht maßgeblich sein (s zB Heiss/Loacker JBl 07, 613, 623; BeckOK/Spickhoff Art 14 Rz 3; Erman/Stürner Anh Art 42 EGBGB Art 14 ROM II Rz 10; jurisPK/Wurmnest Art 14 Rz 28; Grüneberg/Thorn Art 14 Rz 11; BeckOGK/Rühl Art 14 Rz 116 f; Staud/Maultzsch Art 14 Rz 77; v Bar/Mankowski IPR II § 2 Rz 102 f; Vogeler Die freie Rechtswahl im Kollisionsrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse 13, 143 ff mwN, auch zu aA), denn die sich hier ergebende Lücke lässt sich am besten durch die Anwendung vergleichbarer europäischer Grundsätze schließen (hier ist wegen der Parallelität beider Verordnungen [s.o. Vor ROM II Rn 5] anders zu entscheiden als bei Art 42 EGBGB [Art 42 EGBGB Rn 2]). Für Form sowie Rechts- und Geschäftsfähigkeit erscheint dieser Weg hingegen nicht gangbar; hier ist daher die lex fori anzuwenden, also Art 11 ROM I, 7, 12 EGBGB (so iE auch BeckOK/Spickhoff Art 14 Rz 3; Erman/Stürner Anh Art 42 EGBGB Art 14 ROM II Rz 10; jurisPK/Wurmnest Art 14 Rz 29; Grüneberg/Thorn Art 14 Rz 11; BeckOGK/Rühl Art 14 Rz 117).
Rn 4
Die Rechtswahl kann vor oder nach Eintritt des ›schadensbegründenden Ereignisses‹ erfolgen; je nach Zeitpunkt gelten jedoch unterschiedliche Anforderungen. Für Deliktsansprüche muss hier wegen Art 2 II das haftungsrelevante Verhalten maßgeblich sein (BeckOK/Spickhoff Art 14 Rz 4; ähnl Ofner ZfRV 08, 13, 22), für Bereicherungsansprüche das die Bereicherung auslösende Ereignis (NK-BGB/Gebauer Art 14 Rz 18) und für Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag das den Anspruch auslösende Ereignis (vgl NK-BGB/Gebauer Art 14 Rz 18). Eine nachträgliche Rechtswahl kann gem Art 14 I 1 lit a durch Vereinbarung vorgenommen werden, nach Ansicht des BGH jedenfalls bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BGH NJW 22, 3072 [BGH 09.08.2022 - VI ZR 1244/20] Rz 19; 23, 3159 Rz 21 f – mit sogar noch weitergehender Tendenz zur Berücksichtigung im Revisionsverfahren), eine vorherige Rechtswahl (krit dazu insb Rugullis IPRax 08, 319, 322; Symeonides YbPrIntL 07, 149, 170f) unterliegt nach Art 14 I 1 lit b zusätzlichen Voraussetzungen: Alle Parteien müssen einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen und die Vereinbarung muss frei ausgehandelt sein. Kommerzielle Tätigkeit ist ähnl zu verstehen wie die Tätigkeit von Unternehmern in den materiellrechtlichen Verbraucherschutzrichtlinien und umfasst Aktivitäten im Zusammenhang mit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit (s zB G Wagner IPRax 08, 1, 13; Ofner ZfRV 08, 13, 22; Mankowski IPRax 10, 389, 400; v Bar/Mankowski IPR II § 2 Rz 84 ff; ähnl iE v Hein ZEuP 09, 6, 20 und Staud/Maultzsch Art 14 Rz 55 ff unter Hinweis auf Art 6 I ROM I sowie Leible RIW 08, 257, 260 unter Rückgriff auf Art 2 lit d der RL über unlautere Geschäftspraktiken im Binnenmarkt, RL 2005/29/EG, ABl 05, L 149/22; teilw stärker diff Vogeler Die freie Rechtswahl im Kollisionsrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse 13, 269f); denkbar wäre auch ein Rückgriff auf Art 2 Nr 2 der Verbraucherrechte-RL (RL 2011/83/EU, ABl 11, L 304/64; ABl 15, L 326/1; ABl 19, L 328/7). Die kommerzielle Tätigkeit muss einen inneren Zusammenhang mit dem außervertraglichen Schuldverhältnis aufweisen (BeckOK/Spickhoff Art 14 Rz 5; Grüneberg/Thorn Art 14 Rz 8; ders FS K Schmidt 1561, 1567), wofür insb auf die Umstände der Rechtswahl abzustellen ist (Leible RIW 08, 257, 260; Mankowski IPRax 10, 389, 400). Zweifelhaft ist, wann eine Rechtswahlklausel nicht mehr frei ausgehandelt ist, insb ob eine Rechtswahl in AGB möglich ist. Nach Art 3 II der Klausel-RL (RL 93/13/EWG, ABl 93, L 95/29; ABl 11, L 304/64) sind im Voraus abgefasste Vertragsklauseln als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten. Zwar gilt die RL gem Art 1 I nur im Verhältnis zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern, erfasst also nicht den hier relevanten Bereich kommerzieller Tätigkeit beider Parteien. Gleichwohl lässt sich Art 3 II der RL dahin verallgemeinern, dass auch iÜ im Voraus abgefasste Klauseln als nicht frei ausgehandelt anzusehen sind (s.a. Leible RIW 08, 257, 260; Mankowski IPRax 10, 389, 400; Vogeler Die freie Rechtswahl im Kollisionsrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse 13, 279). Das erspart einen methodisch bedenklichen Rückgriff auf §§ 305 ff BGB iRd Auslegung von Art 14 I 1 lit b und führt dazu, dass eine vorherige Rechtswahl in AGB nur getroffen werden kann, wenn die Rechtswahlklausel iE ausgehandelt war (so auch Leible aaO; Rugullis IPRax 08, 319, 322; Sujecki EWS 09, 310, 313; Vogeler Die freie Rechtswahl im Kollisionsrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse 13, 275 ff; Schmitz Die Rechtswahlfreiheit im europäischen Kollisionsrecht 17, 194; aA zB G Wagner IPRax 08, 1, 14; BeckOK/Spickhoff Art 14 Rz 5; Erman/Stürner Anh Art 42 EGBGB Art 14 ROM II Rz 9; jurisPK/Wurmnest Art 14 Rz 22; Grüneberg/Thorn Art 14 Rz 9; Staud/Maultzsch