Prof. Dr. Hans-Friedrich Müller
Gesetzestext
Hat ein Gläubiger eine Forderung gegen mehrere für dieselbe Forderung haftende Schuldner und ist er von einem der Schuldner vollständig oder teilweise befriedigt worden, so bestimmt sich der Anspruch dieses Schuldners auf Ausgleich durch die anderen Schuldner nach dem Recht, das auf die Verpflichtung dieses Schuldners gegenüber dem Gläubiger aus dem außervertraglichen Schuldverhältnis anzuwenden ist.
Rn 1
Die Norm bestimmt das für den Innenausgleich zwischen mehreren für dieselbe außervertragliche Forderung haftenden Gesamtschuldnern (zB Mittätern einer unerlaubten Handlung) anwendbare Recht. Sie entspricht dem ex Art 33 III 2 EGBGB (Art 13 II EVÜ). Das Regressstatut bei vertraglichen Schuldverhältnissen richtet sich nach Art 16 ROM I.
Rn 2
Der Binnenausgleich (einschließlich eines etwaigen Forderungsübergangs) bei mehreren Gesamtschuldnern richtet sich nach dem Schuldstatut der getilgten Forderung. Dieses bestimmt, ob u inwieweit der Leistende Regress nehmen kann. Dies gilt auch u gerade dann, wenn die Verpflichtungen unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen (Wagner IPrax 08, 1, 16; MüKo/Junker Art 20 Rz 10f). Voraussetzung dafür, dass die Schuldner für ›dieselbe‹ Forderung haften, ist allein, dass der Gläubiger nach den verschiedenen Forderungsstatuten nur einmal Befriedigung verlangen kann u es sich um im Wesentlichen gleichartige und gleichrangige Ansprüche handelt (HP/Spickhoff Art 20 Rz 3). Jeder Gesamtschuldner kann durch zügige Erfüllung das Regressstatut bestimmen u wird dadurch ggü den übrigen Schuldnern privilegiert.
Rn 3
Art 20 enthält keine Art 16 2 ROM I vergleichbare Schutzklausel zugunsten der übrigen Schuldner. Diese sind bei Forderungen aus vertraglich begründeten Schuldverhältnissen berechtigt, dem im Wege des Regresses vorgehenden Mitschuldner alle Verteidigungsmittel entgegenzuhalten, die ihnen nach dem auf ihre Verpflichtungen ggü dem Hauptgläubiger anzuwendenden Recht zugestanden hätten. Eine Ungleichbehandlung ist jedoch kaum zu begründen. Ob man dem aufgrund eines außervertraglichen Schuldverhältnisses auf Ausgleich in Anspruch Genommenen wirklich den Einwand abschneiden kann, dass er nach dem für ihn maßgeblichen Recht nicht oder nicht in vollem Umfang haftet, erscheint fraglich (für eine Analogie Erman/Stürner Art 20 Rz 4; Grüneberg/Thorn Art 20 Rz 1; abl MüKo/Junker Art 20 Rz 15; NK-BGB/Limbach Art 20 Rz 3). Jedenfalls erfasst Art 16 S 2 ROM I auch vertraglich/außervertraglich gemischte Gesamtschulden (Magnus in Ferrari/Leible, Ein internationales Vertragsrecht für Europa, 07, 201, 218). Außerdem darf die Position der Mitschuldner durch eine von Hauptgläubiger u Leistendem vorgenommene Rechtswahl (Art 14) nicht verschlechtert werden.