I. Anknüpfung.
1. Struktur und beschränkte Rechtswahl.
Rn 4
Für Personenbeförderungsverträge (wohl a Gepäck und mitreisende Tiere, Mankowski in: Reithmann/Martiny Rz 15.40) enthält II in zwei Unterabsätzen eine ganz eigenständige komplizierte Regelung. Während Unterabsatz 1 die objektive Anknüpfung regelt, gestattet Unterabsatz 2 eine Rechtswahl, beschränkt allerdings die wählbaren Rechte: gewöhnlicher Aufenthalt der beförderten Person, gewöhnlicher Aufenthalt des Beförderers, Hauptverwaltung des Beförderers, Abgangsort, Bestimmungsort – zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts s Art 19. Die Liste ist abschließend (Garcimartín Alférez EuLF 08, I-61, I-71 Nr 52). Die Norm wird im Vergleich mit Art 6 als ›verbraucherunfreundlich‹ bezeichnet (Rott VuR 16, 733, 735). Hinsichtlich der beförderten Person kann gefragt werden, ob es auf die tatsächlich beförderte Person oder den evtl unterschiedlichen Vertragspartner des Beförderers ankommt, etwa wenn ein Unternehmen für seine Angestellten Dienstfahrten bucht (dazu Mankowski TranspR 08, 348; für den Vertragspartner MüKo/Martiny Art 5 Rz 34; AG Bühl BeckRS 22, 23402 Rz 45; LG Düsseldorf BeckRS 21, 36900; anders HP/Spickhoff Art 5 Rz 17). Beim Beförderer kommt es auf den Vertragspartner an, auch wenn dieser die 100 %-ige Tochtergesellschaft einer Holding ist, LG Düsseldorf BeckRS 22, 11025 Rz 13. Hinsichtlich Abgangs- und Bestimmungsort sollte man auf die Strecke für die zu befördernde Person, nicht auf die evtl. längere Fahrtroute des Beförderungsmittels abstellen (so auch Garcimartín Alferez EuLF 08, I-61, I-71 Nr 52; Mankowski TranspR 08, 348; Plender/Wilderspin 8–038; str laut Clausnitzer/Woopen BB 08, 1798, 1800), für die zu befördernde Person kommt es auch bei Zwischenhalten auf Ausgangs- und Zielort an (Garcimartín Alférez ebda). Unterabsatz 2 spricht von Rechtswahl iSv Art 3, unterstellt die Rechtswahl also den dortigen Anforderungen (dazu LG München I RRa 12, 53; OGH RRa 20, 304). Es wird befürchtet, dass ein Beförderer leicht in seinen AGB sein Recht wählen könne (Mankowski TranspR 08, 350; Nielsen in Leible/Ferrari 107; Dornis in Ferrari 136, 156 para 46; Magnus IPRax 10, 27, 38; wohl auch Th. Pfeiffer EuZW 08, 626). Verschiedene Gerichte (AG Bremen RRa 14, 95; AG Bühl NZV 2020, 47 m Anm Staudinger; LG Köln NZV 20, 647 m zust Anm Plottek; Köln JZ 21, 959 [OLG Köln 29.01.2021 - 9 U 184/20] m Anm Mäsch; LG Frankfurt BeckRS 20, 32499; LG Berlin BeckRS 20, 27549; LG Stuttg BeckRS 21, 19268; LG Landshut BeckRS 21, 35099; LG Düsseldorf BeckRS 22, 11025; s.a. HP/Spickhoff Art 5 Rz 16) halten dies uU wegen RL 93/13 ggü Verbrauchern für unwirksam (vgl a AG Simmern VuR 18, 32), doch hat dem Frankf widersprochen (IPRax 19, 241 [OLG Frankfurt am Main 13.12.2018 - 16 U 15/18] m zust Aufs Mankowski ebd. 208 ff; ferner AG Hamburg BeckRS 19, 4697; s.a. schon Mankowski RRa 14, 118 ff) und durchaus richtig auf Unterschiede zu EuGH Rs C-191/15 – Amazon zu Art 6 hingewiesen (vgl hierzu Art 6 Rn 22); vom AG Nürnberg ist die Frage dem EuGH als Rs C-701/18 vorgelegt worden, doch wegen gütlicher Einigung nicht entschieden worden (RRa 19, 36 m Anm Janßen NZV 19, 103, – Beschl EuGH 31.1.19); dies wiederholte sich bei AG Nürnberg RRa 20, 297 und EuGH C-469/20 = ECLI:EU:C:2020:975; Unwirksamkeit der Rechtswahl nach Maßstab des gewählten Rechts erscheint aber bei fehlendem Hinweis auf bestehenbleibende Rechte nach der FluggastrechteVO mangels Transparenz oder wg Irreführung mögl (so vorstehend AG Bühl; LG Köln; Köln; LG Frankfurt; LG Berlin; LG Stuttgart; LG Ddorf; LG Ddorf BeckRS 22, 5294; Staudinger JM 19, 134, 136; Rauscher NJW 20, 3637; BeckOGK/Wiese Art 5 Rz 46.2; Mäsch, JZ 21, 962; vgl auch Tonner VuR 21, 263, 267 [OLG Köln 29.01.2021 - 9 U 184/20], der auf Parallelen zu der EuGH-Rspr zu Gerichtsstandsklauseln (zuletzt EuGH Rs C-519/19, NZV 21, 36) hinweist; aA wohl MüKo/Martiny Art 5 Rz 27). Fragen mag man zudem, ob die Erschwernis der Rechtsverfolgung Missbräuchlichkeit bedeuten kann. Jedenfalls kann der Beförderer aber nicht ein beliebiges schutzschwaches Recht wählen. Bei lit b) u c) kann der Schutz des Passagiers zu kurz kommen (Deumier/Racine RDC 08, 1309, 1339); ferner fragt man sich im Hinblick auf Art 19 nach dem Unterschied (d'Avout Rev Lamy dr des aff 08, 69, 70), doch soll der gegeben sein, wenn eine Zweigniederlassung den Vertrag geschlossen hat (so Garcimartín Alferez EuLF 08, I-61, I-71 Nr 52 FN 46; Mankowski TranspR 08, 350).
2. Objektive Anknüpfung.
Rn 5
Fehlt eine Rechtswahl nach Unterabsatz 2 – oder ist diese unwirksam (Leible/Lehmann RIW 08, 536) –, so verweist Unterabsatz 1 in Umkehrung von Art 4 und von I auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der beförderten Person, sofern sich in diesem Staat auch Abgangsort (zB BGH NJW 18, 1249 [BGH 24.10.2017 - X ZR 64/16]; Frankf NJW 18, 3591 [OLG Frankfurt am Main 25.09.2018 - 16 U 209/17]; LG Frankfurt/M, JZ 18, 153; LG Kleve NJW-RR 18, 1084 [LG Kleve 07.06.2018 - 6 S 122/17]; AG Frankfurt, NZI 21, 633 Rz 21) oder Bestimmungsort (AG Bremen aaO; AG Hannover RRa 15, 36) befindet. Der Beförderte ...