Gesetzestext
(1) Soweit die Parteien in Bezug auf einen Vertrag über die Beförderung von Gütern keine Rechtswahl nach Artikel 3 getroffen haben, ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Übernahmeort oder der Ablieferungsort oder der gewöhnliche Aufenthalt des Absenders befindet. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist das Recht des Staates des von den Parteien vereinbarten Ablieferungsorts anzuwenden.
(2) Soweit die Parteien in Bezug auf einen Vertrag über die Beförderung von Personen keine Rechtswahl nach Unterabsatz 2 getroffen haben, ist das anzuwendende Recht das Recht des Staates, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Abgangsort oder der Bestimmungsort befindet. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Als auf einen Vertrag über die Beförderung von Personen anzuwendendes Recht können die Parteien im Einklang mit Artikel 3 nur das Recht des Staates wählen,
a) |
in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder |
b) |
in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder |
c) |
in dem der Beförderer seine Hauptverwaltung hat oder |
d) |
in dem sich der Abgangsort befindet oder |
e) |
in dem sich der Bestimmungsort befindet. |
(3) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Vertrag im Falle fehlender Rechtswahl eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem nach Absatz 1 oder 2 bestimmten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
A. Ursprung und Bedeutung.
Rn 1
Beförderungsverträge werden in Art 5 eigenständig geregelt: I betrifft Güterbeförderungsverträge, II Personenbeförderungsverträge und III enthält eine Ausweichklausel. Die I u II haben eine unterschiedliche Struktur. Da das Transportrecht jedoch eines der Hauptgebiete des nach Art 25 vorrangigen Internationalen Einheitsrechts ist, werden vielfach gar keine oder nur ergänzende Kollisionsrechtsfragen entstehen. Insoweit kann man Art 5 als subsidiär und von residueller Bedeutung bezeichnen (d'Avout Rev Lamy dr des aff 08, 69), er werde ›kaum zur Anwendung kommen‹ (Mankowski IHR 08, 140). Allerdings betrifft das Einheitsrecht idR grenzüberschreitende Beförderungen, während Art 5 zudem Fälle nur interner Beförderung mit Auslandselement erfasst. Ferner hat es Lücken (vgl auch OGH – 7 Ob 5/13 f, BeckRS 16, 81218; OGH 7 Ob 105/14p; Bambg RdTW 15, 331; Schilling Das Internationale Privatrecht der Transportverträge 2016, 340 ff; Laimer FS Koller 485, 493, 496). Hinsichtlich der Güterbeförderungsverträge des Art 5 I sind an Einheitsrecht insb im Straßengüterverkehr die CMR, im Eisenbahnrecht die COTIF/ER CIM, im Luftverkehr Montrealer und Warschauer Übereinkommen, im Binnenschiffsverkehr die Budapester CMNI zu beachten, im Seerecht die verschiedenen Regelwerke der Haager Regeln, Haag-Visby-Regeln und Hamburger Regeln, künftig Rotterdamer Regeln. Hinsichtlich der Personenbeförderungsverträge des Art 5 II gelten im Eisenbahnrecht COTIF/ER CIV und im Luftverkehr Montrealer bzw Warschauer Übereinkommen, im Seeverkehr das Athener Übereinkommen, zum Straßenpersonenverkehr war ein ECE-Übereinkommen nur beschränkt erfolgreich und ab dem 1.3.12 gilt im Kraftomnibusverkehr die VO 181/2011. Ferner sind im Flugverkehr die EG-VOen 261/2004 (zum eigenen Anwendungsbereich BGH RRa 18, 122, Cass 19.12.18 – 17 – 26663, ECLI:FR:Cass:2018:C101233, bei Abtretung für ROM II-VO AG Nürnbg RRa 19, 123), 2027/97 und 1371/2007 zu beachten, im Eisenbahnverkehr die VO 1371/2007, im Schiffsverkehr die Verordnungen 392/2009 und 1177/2010.
B. Güterbeförderungsverträge.
I. Anknüpfung.
Rn 2
Für Güterbeförderungsverträge verweist Art 5 I auf die Möglichkeit der freien Rechtswahl nach Art 3 (BGH RdTW 17, 462: ›übernehmen sie gemäß HGB/CMR‹ – auch durch AGB (Ddorf RdTW 18, 473: ADSp; Karlsr RdTW 21, 309) – und gibt dann bei deren Fehlen eine objektive Anknüpfung nach 1 an das Befördererrecht, hilfsweise nach 2 an das Recht des Ablieferungsortes. 1 verweist in Anlehnung an Art 4 auf das Aufenthaltsrecht iSd Art 19 des Beförderers, jedoch nur sofern in diesem Staat auch Übernahmeort (OGH, TranspR 15, 172; Nürnbg RdTW 21, 313), Ablieferungsort oder Aufenthaltsort des Absenders liegen. Zw ist, ob es bei Übernahmeort oder Ablieferungsort auf den tatsächlichen (Lagarde/Tenenbaum Rev crit dip 08, 762) oder den vereinbarten Ort (so Mankowski TranspR 08, 346 f; HP/Spickhoff Art 5 Rz 4; mit Änderungsvereinbarung: Morse FS Siehr (10) 463, 471, 472f) ankommt. Ist wie vielleicht oftmals (Corneloup JCP 08 Doctr 205 Nr 18) keine der Voraussetzungen des 1 erfüllt, so verweist 2 auf das Recht des Staates des vereinbarten Ablieferungsortes (etwa München RdTW 18, 278; Brandenbg RdTW 19, 256). Dies wird damit begründet, dass der Ablieferungsort wahrscheinlich dem Ort des angerufenen Gerichts und den Parteierwartungen entspreche (Garcimartín Alférez EuLF 08, I-61, I-70 Nr 52; zT...