Rn 2
Das Güterstatut gilt für die Einteilung des Vermögens eines oder beider Ehegatten in verschiedene Kategorien während u nach der Ehe (lit a). Dazu gehört die Vereinbarung eines Wahlgüterstandes, ob verschiedene Gütermassen wie Gesamtgut u Eigengut bestehen. Dies gilt auch für die Entstehung von Gesamtgut (Grüneberg/Thorn Rz 3). Ausgleichsansprüche in einer Ehegatteninnengesellschaft des deutschen Rechts unterliegen gleichfalls dem Güterstatut (Andrae IPRax 18, 221, 223; MüKo/Looschelders Rz 100. Dagegen grds für vertrags- oder gesellschaftsrechtliche Qualifikation Dörner ZEV 19, 309, 316).
Rn 3
Die Übertragung von Vermögen von einer Kategorie in die andere unterliegt dem Güterstatut (lit b). Dies gilt bspw für das Verhältnis von Gesamtgut u Eigengut. Ob einzelne Gegenstände kraft Gesetzes gemeinschaftliches Vermögen werden oder es einer rechtsgeschäftlichen Übertragung bedarf, bestimmt das Güterstatut. Dieses regelt auch den Erwerbsvorgang (MüKo/Looschelders Rz 4; aA Forschner DNotZ 20, 381, 386), vgl Art 1 Rn 9.
Rn 4
Das Güterstatut ist maßgeblich für die Haftung des einen Ehegatten für die Verbindlichkeiten u Schulden des anderen (lit c). Darunter fällt die Schlüsselgewalt (§ 1357; Heiderhoff IPRax 18, 1, 2), die Haftung der Ehegatten bei Gütergemeinschaft.
Rn 5
Für die Befugnisse, Rechte u Pflichten eines oder beider Ehegatten in Bezug auf das Vermögen ist das Güterstatut maßgeblich (lit d). Dazu gehören Verwaltungsbefugnisse, Verfügungsbeschränkungen wie § 1365 (Dutta FamRZ 16, 1973, 1982; Andrae IPRax 18, 221, 222), auch Auskunftsrechte u Sorgfaltspflichten (Erbarth NZFam 18, 249, 252; Mankowski NZFam 21, 757, 759). Auch die Eigentumsvermutung des deutschen Rechts in § 1362 fällt hierunter (Dutta FamRZ 16, 1973, 1974, 1982; Mankowski NZFam 21, 757, 758; Hausmann B Rz 312). Zeitweilige Nutzungsbefugnisse für die Ehewohnung u Haushaltsgegenstände (§§ 1361a, 1361b) werden ebenfalls erfasst (Dutta FamRZ 16, 1973, 1975; Andrae IPRax 18, 221, 224). Dies gilt auch für § 1568b (Erbarth NZFam 18, 342, 344).
Rn 6
Das Güterstatut gilt für die Auflösung des ehelichen Güterstands u die Teilung, Aufteilung oder Abwicklung des Vermögens (lit e). Hierzu gehört die Auflösung des Güterstandes aufgrund einer Scheidung oder bei Tod eines Ehegatten, zu § 1371 I s aber Art 1 Rn 7. Für den rechnerischen Zugewinnausgleich nach § 1371 II bietet sich aber eine güterrechtliche Einordnung an (Dörner ZEV 18, 305, 309; Grüneberg/Thorn Rz 6). Gleiches gilt für Maßnahmen der Vermögensaufteilung, wie die Teilung von Miteigentum (Looschelders IPRax 18, 591, 594). Der dingliche Vollzug unterliegt allerdings der lex rei sitae. Soweit kein Arbeitsverhältnis (zu dessen Anknüpfung s Art 8 ROM-I VO) angenommen werden kann, wird die Mitarbeit im Betrieb des anderen Ehegatten erfasst (Andrae IPRax 18, 221, 223; Mankowski NZFam 21, 757, 740). Die Einordnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff BGB) ist zweifelhaft (erbrechtlich jetzt Dörner ZEV 19, 309, 313). Zur Auseinandersetzung einer Gütergemeinschaft von Bary DNotZ 21, 323 ff. Der Alleinerwerb des überlebenden Ehegatten aufgrund der Anwachsungsklausel (clause d'attribution au survivant) nach französischem Güterrecht ist güterrechtlich zu qualifizieren (KG ZEV 23, 751 [LG Hagen 02.06.2023 - 4 O 265/22] Anm Schäfer).
Rn 7
Die Wirkungen des ehelichen Güterstands auf ein Rechtsverhältnis zwischen einem Ehegatten u Dritten unterliegen dem Güterstatut (lit f). Hierzu ist in Bezug auf Dritte auch Art 28 zu beachten.
Rn 8
Das Güterstatut ist maßgeblich für die materielle Wirksamkeit der Vereinbarung über den ehelichen Güterstand (lit g). Dies gilt etwa für § 1408 BGB. Das allg Güterstatut regelt Genehmigungsvoraussetzungen u Widerrufsmöglichkeiten (Süß, in Dutta/Weber 85, 90). Hierher gehört auch das Zustandekommen solcher Vereinbarungen (Weber DNotZ 16, 659, 684; Dutta FamRZ 16, 1973, 1984). Auch eine voreheliche Vereinbarung wird erfasst. Eine sachrechtliche Inhalts- u Ausübungskontrolle, wie sie das deutsche Recht kennt, unterliegt gleichfalls dem Güterstatut (Weber DNotZ 16, 659, 679 f, 684 – näher zur Inhaltskontrolle Hausmann FS Geimer II [17], 199 ff). Für die Form gilt allerdings die besondere Vorschrift des Art 25.
Rn 9
Die Braut- oder Morgengabe des islamischen Rechts zählt zum Güterstatut (Celle FamRZ 23, 679; Finger FuR 19, 386 ff; Ziereis NZFam 19, 237, 238; Mankowski NZFam 21, 757, 759; Budzikiewicz IPRax 22, 40, 44 f; MüKo/Looschelders Rz 15. Offengelassen von BGH IPRax 22, 68 [BGH 18.03.2020 - XII ZB 380/19] Rz 15. S.a. Art 14 EGBGB Rn 8. Nachw zum deutschen Sachrecht Majer NZFam 22, 58 ff). Ebenso ist die ›Abendgabe‹ für den Scheidungsfall einzuordnen (Rieländer NZFam 23, 1057, 1062). Das Gleiche gilt für die Schenkung unter Ehegatten, insb Schenkungsverbote (MüKo/Looschelders Rz 17). Auch die unbenannte Zuwendung des deutschen Rechts gehört hierher (Heiderhoff IPRax 18, 1, 2; Andrae IPRax 18, 221, 223).