Gesetzestext
(1) Die Ehegatten oder künftigen Ehegatten können das auf ihren ehelichen Güterstand anzuwendende Recht durch Vereinbarung bestimmen oder ändern, sofern es sich dabei um das Recht eines der folgenden Staaten handelt:
a) |
das Recht des Staates, in dem die Ehegatten oder künftigen Ehegatten oder einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren/seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben/hat, oder |
b) |
das Recht eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten oder künftigen Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt. |
(2) Sofern die Ehegatten nichts anderes vereinbaren, gilt eine während der Ehe vorgenommene Änderung des auf den ehelichen Güterstand anzuwendenden Rechts nur für die Zukunft.
(3) Eine rückwirkende Änderung des anzuwendenden Rechts nach Absatz 2 darf die Ansprüche Dritter, die sich aus diesem Recht ableiten, nicht beeinträchtigen.
A. Zulässigkeit der Rechtswahl.
Rn 1
Die VO erlaubt eine beschränkte Rechtswahl (s vor Art 1 Rn 2). Die (vorrangig zu prüfende) Rechtswahl kann vor oder bei der Eheschließung, aber auch noch während bestehender Ehe erfolgen (Erw 45; Formulierungsvorschläge Krauß ZNotP 20, 341, 346 ff). Eine bloß stillschweigende Rechtswahl wird nicht genannt, ist aber zulässig (Dutta FamRZ 16, 1973, 1981; Hilbig-Lugani DNotZ 17, 739, 753f). Obwohl keine besonderen Anforderungen an die Deutlichkeit der Rechtswahl wie nach Art 3 I ROM I gestellt werden, bedarf es aussagekräftiger und im Einzelfall zu prüfender Umstände (R. Magnus IPRax 19, 8, 9 ff). Erfolgt die Rechtswahl im Zusammenhang mit einem Ehevertrag, spricht dies für eine konkludente Wahl der Rechtsordnung, nach der der Ehevertrag gestaltet wurde (Weber DNotZ 16, 659, 681). Auch ein Zusammenhang mit einer anderen Vereinbarung kann relevant sein. Die Vereinbarung der deutsch-französischen Wahl-Zugewinngemeinschaft (§ 1519) hat nur sachrechtliche Bedeutung.
B. Wählbare Rechte (Abs 1).
Rn 2
Wählbar sind nur bestimmte Rechtsordnungen, zu denen eine genügend enge Beziehung besteht. Gewählt werden darf das Recht des Staates, in dem die (künftigen) Ehegatten oder auch nur einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren/seinen gewöhnl Aufenthalt haben/hat (I lit a). Das Recht am künftigen gewöhnl Aufenthaltsort kann nicht gewählt werden (MüKo/Looschelders Rz 13). Zum gewöhnl Aufenthalt s Art 26 Rn 3.
Rn 3
Wählbar ist auch das Recht eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der (künftigen) Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt (I lit b). Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit kann auch das Recht der nicht effektiven Staatsangehörigkeit gewählt werden (Erbarth NZFam 18, 249, 253; MüKo/Looschelders Rz 15; Grüneberg/Thorn Rz 3). Das gilt auch in Bezug auf Nicht-EU-Staatsangehörigkeiten. Eine Wahl des Rechts des Belegenheitsorts des unbeweglichen Vermögens ist – auch als Teilrechtswahl – nicht zulässig (Rudolf ZfRV 17, 171, 177; MüKo/Looschelders Rz 2).
C. Wirksamkeit.
Rn 4
Bei der Rechtswahl muss eine konkrete Rechtsordnung (ggf Teilrechtsordnung, Art 33 II lit b) genannt werden; eine generelle Wahl des Rechts der jeweiligen Staatsangehörigkeit ist unzulässig. – Zur Form s Art 23. Zu Einigung u materieller Wirksamkeit s Art 24.
D. Änderung und Widerruf der Rechtswahl (Abs 2, 3).
Rn 5
Eine zu einem Statutenwechsel führende Änderung der Rechtswahl ist zulässig (Erw 45). Sie unterliegt den gleichen Anforderungen wie eine ursprüngliche Rechtswahl. Auch eine bloße Aufhebung der Rechtswahl ist möglich (Rudolf ZfRV 17, 171, 177). Sofern nichts anderes vereinbart, gilt eine Änderung des anzuwendenden Rechts kollisionsrechtlich nur für die Zukunft (II). Unter dem bisherigen Güterrechtsstatut abgeschlossene Rechtsgeschäfte bleiben wirksam, unwirksame werden nicht wirksam (Döbereiner, in Dutta/Weber 63, 80). Bzgl des Zeitpunkts kann anderes, insb eine Rückwirkung, vereinbart werden (MüKo/Looschelders Rz 18). – Bei einem Statutenwechsel kann eine Abwicklung (zB einer Gütergemeinschaft angesichts eintretender Zugewinngemeinschaft) notwendig werden. Die Abwicklung erfolgt wegen der Sachnähe nach dem bis zur Rechtswahl geltenden alten Güterrecht (Forschner DNotZ 20, 381 ff; MüKo/Looschelders Rz 17). Eine rückwirkende Änderung darf die ›Ansprüche‹ Dritter (insbes Gläubiger), die sich aus diesem Recht ableiten, dh deren Rechtsstellung, nicht beeinträchtigen (III).