Gesetzestext
(1) Mangels einer Rechtswahlvereinbarung nach Artikel 22 unterliegt der eheliche Güterstand dem Recht des Staates,
a) |
in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls |
b) |
dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen, oder anderenfalls |
c) |
mit dem die Ehegatten unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind. |
(2) Besitzen die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung mehr als eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, findet nur Absatz 1 Buchstaben a und c Anwendung.
(3) Ausnahmsweise kann das Gericht, das für Fragen des ehelichen Güterstands zuständig ist, auf Antrag eines der Ehegatten entscheiden, dass das Recht eines anderen Staates als des Staates, dessen Recht nach Absatz 1 Buchstabe a anzuwenden ist, für den ehelichen Güterstand gilt, sofern der Antragsteller nachweist, dass
a) |
die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem anderen Staat über einen erheblich längeren Zeitraum als in dem in Absatz 1 Buchstabe a bezeichneten Staat hatten und |
b) |
beide Ehegatten auf das Recht dieses anderen Staates bei der Regelung oder Planung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen vertraut hatten. |
Das Recht dieses anderen Staates gilt ab dem Zeitpunkt der Eheschließung, es sei denn, ein Ehegatte ist damit nicht einverstanden. In diesem Fall gilt das Recht dieses anderen Staates ab Begründung des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in diesem anderen Staat. Die Anwendung des Rechts des anderen Staates darf die Rechte Dritter, die sich auf das nach Absatz 1 Buchstabe a anzuwendende Recht gründen, nicht beeinträchtigen.
Dieser Absatz gilt nicht, wenn die Ehegatten vor der Begründung ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in diesem anderen Staat eine Vereinbarung über den ehelichen Güterstand getroffen haben.
A. Allgemeine Anknüpfung (Abs 1).
Rn 1
Mangels Rechtswahl nach Art 22 greift die ›allgemeine‹ Kollisionsnorm des Art 26 für die objektive Anknüpfung ein. Nach seiner dreistufigen Anknüpfungsleiter unterliegt der Güterstand dem Recht am gemeinsamen gewöhnl Aufenthalt (I lit c), hilfsweise der gemeinsamen Staatsangehörigkeit (I lit b) u schließlich der engsten Verbindung (I lit c).
Rn 2
Der Zeitpunkt der Eheschließung wird von dem für die Eheschließung maßgeblichen Recht bestimmt. Die Anknüpfung ist grds unwandelbar (Campbell NZFam 20, 678, 683). Spätere Änderung des gewöhnl Aufenthalts oder Wechsel der Staatsangehörigkeit bleiben außer Betracht (Ausn III). Kollisionsrechtlich ist damit eine automatische Güterstandsänderung ausgeschlossen. Es besteht jedoch die Möglichkeit einer nachträglichen Rechtswahl nach Art 22.
B. Gewöhnlicher Aufenthalt.
Rn 3
Maßgeblich ist das Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnl Aufenthalt haben (I lit a). Die Bestimmung des Statuts wirkt ex tunc (Dutta FamRZ 16, 1973, 1982; Heiderhoff IPRax 18, 1, 5). Der Begriff des gewöhnl Aufenthalts ist autonom auszulegen. Es kommt auf die persönliche, soziale u familiäre Eingliederung der Ehegatten an. Dabei kann man sich auch an der Rspr orientieren, die zu anderen Verordnungen entwickelt wurde (s Art 3 I Brüssel IIa-VO; Art 3 Brüssel IIb-VO; Art 8 ROM III). Die VO definiert zwar den gewöhnl Aufenthalt nicht verbindlich, spricht ihn aber in Erw 49 an. Maßgebend ist der tatsächliche Lebensmittelpunkt. Dafür sind alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen, insbes die Dauer u die Umstände des Aufenthalts. Eine gewisse Verfestigung ist notwendig. Es genügt der gemeinsame gewöhnl Aufenthalt in einem Staat bzw einer Gebietseinheit iSd Art 33 II lit a, auch wenn die Ehegatten in unterschiedlichen Orten leben (Grüneberg/Thorn Rz 2).
Rn 4
Der gemeinsame gewöhnl Aufenthalt muss ›nach‹ der Eheschließung begründet werden. Dies soll ›kurz‹ nach der Eheschließung bedeuten (Erw 49), muss also zeitnah geschehen (MüKo/Looschelders Rz 8). Eine Frist besteht nicht (Vorschlag drei Monate von J Weber DNotZ 16, 659, 672; Coester-Waltjen, in Dutta/Weber 47, 53; sechs Monate, Grüneberg/Thorn Rz 2). Auf die Absicht der Ehegatten bei Eheschließung soll es nicht ankommen (anders Heiderhoff IPRax 18, 1, 5; Ziereis NZFam 19, 237, 239). Die Begründung des gewöhnl Aufenthalts wirkt ex tunc ab Eheschließung, also ggf rückwirkend.
C. Staatsangehörigkeit.
I. Gemeinsame Staatsangehörigkeit.
Rn 5
Entscheidend ist in zweiter Linie die Staatsangehörigkeit, die beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen (I lit b).
II. Mehrfache Staatsangehörigkeit (Abs 2).
Rn 6
Besitzen die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung mehr als eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, findet sogleich I 1 lit c (engste Verbindung) Anwendung (II). Die mehrfache Staatsangehörigkeit nur eines Ehegatten genügt nicht (Rudolf ZfRV 17, 171, 178). Der Hinweis auf den gewöhnl Aufenthalt läuft leer, da dieser ja bereits vorrangig zu prüfen ist. In Frage steht daher nur noch die engste Verbindung. Für die Bestimmung der relevanten Staatsangehörigkeit wird auf das nationale IPR verwiesen (Erw 50). Gleichzeitig ist aber das D...