Rn 31
Belästigung (vgl Ziff 3 der Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner zu Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz v 15.12.06) ist nach dem Gesetzeswortlaut zwar Benachteiligung, jedoch keine Ungleichbehandlung, Vergleichsbetrachtung ist daher nicht erforderlich. Rechtfertigung scheidet, abgesehen von Einwilligung, regelmäßig aus (Einl AGG Rn 5).
Rn 32
Unerwünscht ist eine Verhaltensweise, wenn der Handelnde aus Sicht eines objektiven Beobachters (BAG DB 11, 2438) davon ausgehen kann, dass sein Verhalten unter den gegebenen Umständen von dem Betroffenen nicht erwünscht ist oder nicht akzeptiert wird; Unerwünschtheit braucht vorher nicht ggü Belästigendem zum Ausdruck gebracht worden zu sein (BTDrs 16/1780, 33), muss aber objektiv erkennbar sein (BAG DB 11, 2609); sie ist umso wahrscheinlicher, je weiter die Verhaltensweise sich von den üblichen Verhaltensweisen der beteiligten Personenkreise entfernt (ErfK/Schlachter § 3 Rz 16).
Rn 33
›Verhaltensweise‹ kann verbal oder nonverbal sein, zB Verleumdungen, Beleidigungen, abwertende Äußerungen, Anfeindungen, Drohungen, körperliche Übergriffe (BTDrs 16/1780, 33), Straining (Jansen/Hartmann NJW 12, 1540), aber auch Berührungen, Blicke, Gesten.
Rn 34
Erforderlich ist zudem ein Zusammenhang mit einem Merkmal gem § 1.
Rn 35
Erheblich ist die Belästigung nur, wenn sie die Verletzung der Würde der betreffenden Person bezweckt oder bewirkt. Geringfügige Belästigungen sind von III ausgenommen, der Grad der Verletzung von Art 1 GG wird jedoch nicht verlangt (BTDrs 16/1780, 33). Daher keine Belästigung durch Aufforderung zum Besuch eines Sprachkurses (BAG NZA 11, 1226 [BAG 22.06.2011 - 8 AZR 48/10]). Fahrlässigkeit reicht aus (BTDrs 16/1780, 33). Kommt es zu keiner Verletzung, ist diese aber (vorsätzlich) bezweckt, gilt gleichfalls III.
Rn 36
Kumulativ verlangt III Hs 2 die Schaffung eines feindlichen Umfeldes (BAG DB 11, 177; NZA 10, 387), ›hostile environment‹. Hier gelten ähnliche Maßstäbe wie beim Mobbing (näher Bettinghausen NJOZ 23, 65), welches nur bei fortgesetzten aufeinander aufbauenden und ineinandergreifenden Anfeindungen, Schikanen oder Diskriminierungen vorliegt, die in ihrer Gesamtheit das allg Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betreffenden verletzen, also einem ›übergreifenden systematischen Vorgehen‹ (BAG NZA 08, 223 [BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06]; Thüringer LAG RDG 22, 212). Das feindliche Umfeld muss für das konkrete Arbeitsverhältnis ›kennzeichnend‹, also prägend sein (ErfK/Schlachter § 3 Rz 19). Entsteht es erst mit der Belästigung, kann ein Aufrechterhalten dem ArbG zurechenbar sein (vgl BAG NZA 10, 387 [BAG 24.09.2009 - 8 AZR 705/08]; BTDrs 16/1780, 33)
Rn 37
Insbesondere im Zivilrecht werden Belästigungen auch von anderen Anspruchsgrundlagen erfasst (§ 15 Rn 20). Diese sind durch § 15 II nicht ausgeschlossen, § 15 V (BTDrs 16/1780, 33).