Gesetzestext
(1) 1Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind
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Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, |
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die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten, |
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Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten. |
2Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.
(2) 1Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. 2Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. 3Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.
(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.
A. Einordnung und Zweck.
Rn 1
Während Abschn 1 (§§ 1–5) Regelungen für alle vom AGG erfassten Vertragsverhältnisse enthält, regelt Abschn 2 (§§ 6–18) den speziellen Schutz der Beschäftigten und unterteilt sich in vier Unterabschnitte: Verbot der Benachteiligung (§§ 6–10), Organisationspflichten des ArbG (§§ 11, 12), spezielle Rechte Beschäftigter (§§ 13–16) sowie ergänzende Vorschriften (§§ 17, 18).
B. Beschäftigte, Abs 1.
Rn 2
§ 6 I definiert Beschäftigte iSd AGG. Das sind (1) Nr 1: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen, nicht im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (§ 611 BGB Rn 15 ff, § 611a BGB Rn 1 ff), auch Leiharbeitnehmer (BAG NZA 11, 653 [BAG 15.03.2011 - 10 AZB 49/10]); zu Fremdgeschäftsführern Rn 7, (2) Nr 2: Auszubildende, § 1 III BBiG, § 1 II, IV, V BBiG, sofern Ausbildender Weisungsrecht zu Inhalt, Zeit und Ort der Tätigkeit hat (BKG § 6 Rz 7; Einzelheiten zum Ausbildungsverhältnis bei BLDH/Lingemann Kap 8 Rz 1 ff), (3) Nr 3: arbeitnehmerähnliche Personen (vgl Budde BB 07, 731f), § 12a I Nr 1 TVG, § 221 I SGB IX (BTDrs 16/1780, 34), einschl Heimarbeitern (§ 1 HAG) und Gleichgestellten (§ 1 2 HAG).
Rn 3
II schließt Bewerber/innen (§ 2 Rn 4, § 3 Rn 8) für ein Beschäftigungsverhältnis ein, ebenso ausgeschiedene Beschäftigte (wegen § 2 II 2 nicht konsequent, zB zu Alumni-Treffen, Preisnachlässen beim Bezug von Waren des früheren ArbG, Fortführung eines Mitarbeiterkontos, Zeugnisfragen).
Rn 4
Für Beamte und Richter gilt § 24 AGG, für Soldaten das SoldGG.
C. Arbeitgeber, Abs 2.
Rn 5
Arbeitgeber sind diejenigen, die Personen nach I beschäftigen, bei erlaubter Arbeitnehmerüberlassung Entleiher (II 2) und Verleiher (›auch‹), ebenso bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung (Entleiher nach § 10 I AÜG, Verleiher nach § 6 II 2; BKG § 6 Rz 23). Bei Heimarbeitern und Gleichgestellten ist ›Arbeitgeber‹ der Auftraggeber oder Zwischenmeister (II 3). Ein faktisches Arbeitsverhältnis reicht aus, da II nur auf die tatsächliche Beschäftigung abstellt. Zu Unternehmensgruppen Forst FA 12, 290.
D. Selbstständige und Organmitglieder, Abs 3.
Rn 6
Anders als ArbN sind Selbstständige nicht persönlich abhängig, hier gilt die arbeitsrechtliche Abgrenzung (s § 611 BGB Rn 15 ff; eigenständiger Beruf nicht erforderlich, BVerwG NZA-RR 11, 233 [BVerwG 26.01.2011 - BVerwG 8 C 46.09]); es muss sich aber um eine va auf Grund der Dauer des Einsatzes ähnliche Interessenlage handeln, dh ein einmaliger Auftrag reicht nicht aus (Budde BB 07, 731). Die Beauftragung von Selbstständigen muss daher frei von AGG-Benachteiligungen erfolgen. In Grenzen des Missbrauchs kann jedoch wegen eines Merkmals nach § 1 gekündigt werden (Bauer/Arnold ZIP 08, 999), auch besondere Kündigungsrechte bei lang dauernder Erkrankung bleiben zulässig, auch wenn die Erkrankung in Behinderung umschlägt (s § 1 Rn 8). Umstr ist die Geltung für nicht vertretungsberechtigte Organmitglieder, zB Aufsichtsratsmitglieder (für Beschränkung auf gewerbliche Tätigkeit BKG § 6 Rz 28; aA Lutter BB 07, 730). Halten von Gesellschaftsanteilen allein ist keine Erwerbstätigkeit (Schroeder/Diller NZG 06, 730).
Rn 7
Auch bei Organmitgliedern gilt der 2. Abschn seinem Wortlaut nach nur für den Zugang zur Erwerbstätigkeit und beruflichen Aufstieg (§ 2 Rn 4). Auch Organmitglieder sind arbeitsrechtlich nicht ArbN, sondern Dienstnehmer (§ 611 BGB Rn 30 ff; Kort NZG 13, 601). Einstellung und beruflicher Aufstieg von Organmitgliedern, auch die Bestellung und ›erneuter Zugang‹ (BGH NZA 12, 797; krit Lingemann/Weingarth DB 12, 2325; BKG § 6 Rz 27), müssen daher diskriminierungsfrei erfolgen. Darüber hinaus ist der weisungsabhängige Fremdgeschäftsführer aber jedenfalls insoweit als ArbN iSv § 6 I 1 Nr 1 anzusehen, wie bei einer Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags der sachliche Anwendungsbereich des AGG über § 2 I Nr 2 eröffnet ist (BGH NZA 19, 706 [BGH 26.03.2019 - II ZR 244...