I. Beginn.
Rn 14
Die Rechtsfähigkeit beginnt (wie § 1 ausdrücklich festlegt) mit der Vollendung der Geburt. Dies stellt eine bewusste Abweichung zum vorverlagerten strafrechtlichen Schutz dar, vgl den früheren § 217 StGB. Vollendet ist die Geburt mit dem vollständigen Austritt aus dem Mutterleib (sei es auf natürlichem oder künstlichem Wege). Durchtrennung der Nabelschnur und Ausstoßung der Nachgeburt sind nicht erforderlich. Notwendig ist aber, dass der geborene Mensch, wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum, gelebt hat (§§ 18, 21 PStG v 19.2.07, BGBl I 122, zuletzt geändert durch Art 3 G v 4.5.21 [BGBl I 882]). Dazu ist eine Lebensäußerung erforderlich, zB Herzschlag, pulsierende Nabelschnur, natürliche Lungenatmung, Hirntätigkeit. Ohne Bedeutung sind das Gewicht des Kindes, der Zeitpunkt der Geburt (Frühgeburt), Missbildungen des Geborenen (auch der Anencephalus, also das ohne oder weitgehend ohne Gehirn geborene Kind ist rechtsfähig). Nicht notwendig ist ferner die dauernde Lebensfähigkeit des Geborenen. Zur Rechtslage vor Vollendung der Geburt s.u. Rn 18 ff. Im Falle von besonderen Fallgestaltungen wie der Austragung durch eine Leihmutter oder einen Embryo-Transfer (zB nach In-Vitro-Fertilisation) bleibt es bei dem rechtlichen Grundsatz, dass leibliche Mutter immer diejenige Frau ist, aus deren Körper der Nasciturus austritt (vgl Soergel/Fahse § 1 Rz 24 ff). Zur wiss Diskussion vgl Helms Gutachten F zum 71. DT Juristentag 2016. Zur gesetzlichen Abstammung vgl §§ 1591 ff.
II. Ende.
Rn 15
Die Rechtsfähigkeit endet mit dem Tod eines Menschen. Dies und ebenso die Frage, wann der Tod eintritt, hat das Gesetz nicht geregelt, sondern als biologische Tatsache vorausgesetzt (vgl § 1922). Die Feststellung des Todes bedarf daher einer medizinisch-biologischen Feststellung. Davon geht insb auch das TPG aus, das auf den Tod abstellt, der nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt wird. In der Praxis ist dies heute regelmäßig der sog Hirntod, also der Zeitpunkt, in dem sämtliche Hirnfunktionen des gesamten Gehirns, also Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm endgültig und nicht reversibel ausgefallen sind (umfassend dazu Weilert, Der Tod im Recht, MedR 20, 814; Beckmann JZ 21, 947 – krit). Bei Verschollenen kann sowohl eine Todeserklärung als auch eine Festlegung des Todeszeitpunktes nach dem VerschG vorgenommen werden. Zur Rechtslage nach dem Tod s.u. Rn 25.
III. Beweislast.
Rn 16
Wer sich auf den Beginn der Rechtsfähigkeit und damit die Vollendung der Geburt berufen will, muss dies ebenso beweisen wie die Tatsache des Todes und den (rechtlich relevanten) Todeszeitpunkt. Für den Beginn der Rechtsfähigkeit gibt das Gesetz auch keine Vermutung. Erleichtert wird der Beweis aber durch das PStG. Durch Eintragung beweist das Geburtenbuch die Tatsache der lebenden Geburt (§ 54 PStG nF). Gleiches gilt für den Tod. Auch dort beweist die Eintragung die Tatsache sowie den Ort und den Zeitpunkt des Todes einer Person. In allen Fällen ist aber der Nachweis der Unrichtigkeit der Eintragung zulässig.
Rn 17
Im Falle der Verschollenheit regelt das VerschollenheitsG (v 15.1.51) sowohl die Möglichkeit einer Todeserklärung wie die gerichtliche Feststellung des Todes sowie des Todeszeitpunktes. Diese gerichtlichen Feststellungen begründen eine widerlegbare Vermutung. Wer sich darauf beruft, dass eine solche Person noch lebt oder zu einem anderen Zeitpunkt verstorben ist, trägt die Beweislast (vgl § 292 ZPO).