I. Grundsätze.
Rn 10
Die Duldungs- und Unterlassungspflichten des Eigentümers des dienenden Grundstücks sind in drei gesetzlichen Fallgruppen beschrieben (vgl Soergel/Münch vor § 1018 Rz 21). Eine Dienstbarkeit kann auf die Benutzung des belasteten Grundstücks in einzelnen Beziehungen, auf die Unterlassung gewisser Handlungen auf dem belasteten Grundstück sowie auf den Ausschluss der Ausübung eines Rechts gerichtet sein, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück ergibt (BGH NJW-RR 03, 733). Inhalt und Umfang einer Grunddienstbarkeit sind nach der Eintragung im Grundbuch zu bestimmen. Bei der Auslegung ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn des Eintrags und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen. Zu den ohne Weiteres erkennbaren, zu berücksichtigenden Umständen gehören die tatsächlichen Verhältnisse der beteiligten Grundstücke, insb die Lage und Verwendungsart des herrschenden Grundstücks (BGH NJW-RR 03, 1235). Der Zeitwandel ist zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 03, 1235 [BGH 11.04.2003 - V ZR 323/02]; NJW 14, 3780 [BGH 18.07.2014 - V ZR 151/13], Kfz statt Fuhrwerk; BeckRS 19, 31891, erneuerte statt bestehender Anlage). Außerhalb dieser Urkunden liegende Umstände dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (BGHZ 92, 351, 355; BGH NJW 02, 1797 f; 14, 311 Rz 6). Dem Eigentümer muss eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsmöglichkeit verbleiben (vgl insgesamt Staud/Weber § 1018 Rn 97; offengelassen BGH NJW-RR 19, 273 [BGH 13.09.2018 - V ZB 2/18] Rz 26), doch genügt das Veräußerungsrecht.
Rn 11
Aktives Handeln des Eigentümers kann grds nicht den Hauptinhalt bilden (BGH NJW-RR 03, 733), auch nicht die Zustimmung zu einer Grenzbebauung (Köln NJOZ 16, 1), eine Rückbaupflicht (München NJOZ 15, 1207) oder der Verzicht auf Unterhaltungspflichten (Hamm FGPrax 15, 55), doch ist ein positives Tun als Nebenpflicht zulässig. Solche Pflichten können aus den §§ 1021–1023 folgen. Außerdem sind Vereinbarungen zulässig, die der Erhaltung des Objekts in einem der übernommenen Duldungspflicht entspr Zustand dienen (BGH DNotZ 59, 240 [BGH 25.02.1959 - V ZR 176/57]; WM 85, 1003). Zulässig sind Handlungspflichten, welche die Ausübung des Rechts gewährleisten oder erleichtern (MüKo/Mohr § 1018 Rz 46, zur Bestimmbarkeit: Brandbg NotBZ 09, 233 [OLG Brandenburg 04.02.2009 - 5 Wx 9/08]).
Rn 12
Entgeltregelungen können nicht unmittelbar den Rechtsinhalt bilden (BayObLG 79, 278). Vielfach werden sie Element des Grundgeschäfts sein. Sie können aber über eine auflösende Bedingung verdinglicht werden. Zudem kann bei Nichtleistung ein Rückgewähranspruch vereinbart werden (Köln RhNotK 98, 131 u. Holthaus/Kaiser ZfJR 09, 396).
II. Nutzungsberechtigung (Alt 1).
Rn 13
Als erste der drei Hauptgruppen ist die Benutzung in einzelnen Beziehungen geregelt. Erfasst wird ein dauerndes oder fortgesetztes oder doch mehr oder weniger häufiges, regelmäßig wiederkehrendes Gebrauchmachen von dem Grundstück zu bestimmten Zwecken (BGH BeckRS 19, 31891 Tz 8), dagegen nicht der nur einmalige Gebrauch (BGHZ 41, 209), wie er etwa das einfache Abholzen von Wald darstellt (RGZ 60, 317, 320). Die Berechtigung, eine Anlage auf dem dienenden Grundstück mitzubenutzen, bezieht sich auch auf eine erneute Anlage (BGH NJW-RR 20, 77). Eine solche Benutzungsdienstbarkeit erfordert eine bestimmte, näher definierte Nutzungsart im Gegensatz zu einem umfassenden, nicht näher bezeichneten oder begrenzten Nutzungsrecht, das Gegenstand des Nießbrauchs ist (BGHZ 225, 136 Rz 12; BGH NJW-RR 15, 208 Rz 14; FGPrax 18, 245 Rz 19). Die Abgrenzung zwischen einer Benutzungsdienstbarkeit und einem Grundstücksnießbrauch richtet sich allein formal danach, ob in der Eintragungsbewilligung, die der Grundbucheintragung zugrunde liegt, dem Berechtigten eine umfassende Nutzungsbefugnis (ggf unter Ausschluss einzelner Nutzungen) oder nur einzelne Nutzungsmöglichkeiten eingeräumt werden (BGHZ 225, 136). Das Recht zum Befahren, Begehen und Verweilen begründet kein umfassendes Nutzungsrecht des Berechtigten und kann deswegen Gegenstand einer Dienstbarkeit sein (BGH NJW-RR 22, 594 [BGH 17.12.2021 - V ZR 44/21] Rz 8). Auch die Einräumung eines uneingeschränkten Nutzungsrechts an einer Teilfläche eines Grundstücks ist unzulässig (BGH NJW-RR 15, 208 [BGH 06.11.2014 - V ZB 131/13] Rz 14; FGPrax 18, 245 [BGH 13.09.2018 - V ZB 2/18] Rz 24).
Rn 14
Zulässiger Rechtsinhalt können etwa das Halten und die Benutzung von Bauwerken und technischen Anlagen (BGH NJW-RR 91, 457 [BGH 12.10.1990 - V ZR 149/89] Hofraum; Ddorf FGPrax 20, 15: von 2 Räumen; BGH WM 76, 274, Gleisanlage; DNotZ 59, 240 [BGH 25.02.1959 - V ZR 176/57], Seilbahn; FGPrax 18, 245 Rz 22; KG NJW 73, 1128 [KG Berlin 06.10.1972 - 1 W 1232/72], Netzstation; BayObLGZ 73, 21, Zaun), eine Immissionsduldungspflicht (BayObLG Rpfleger 04, 561 [BayObLG 15.04.2004 - 2 Z BR 221/03]), ein Verweilrecht iSe Aufenthalts mit beliebigem Hin- und Hergehens (BGH NJW-RR 22, 594 [BGH 17.12.2021 ...