I. Gesetzlicher Inhalt.
Rn 11
Der Nießbraucher ist berechtigt, sämtliche Nutzungen der Sache zu ziehen, § 100 (BGH NJW 06, 1881; Hamm NZM 14, 475, 476 [OLG Hamm 14.05.2013 - 15 W 149/13]; vgl Erl zu §§ 99, 100; Jagdausübungsrecht LG Neuruppin BeckRS 16, 15150). Die unmittelbaren Früchte erwirbt der Nießbraucher nach § 954, die mittelbaren, zB Miete, durch Einziehung. Der Nießbraucher ist ab Entstehen des Nießbrauchs Gläubiger der Mietforderungen. Seine Gläubiger können diese pfänden, nicht jedoch Gläubiger des Eigentümers (Stöber/Rellermeyer Forderungspfändung Rz A.343). Bestellt ein Wohnungseigentümer ein Nießbrauchrecht, bleibt der Wohnungseigentümer mittelbarer Handlungsstörer (BGH NJW 14, 2640 [BGH 16.05.2014 - V ZR 131/13]). Der Nießbraucher von Wohnungseigentum ist nicht zur Anfechtung eines von den Wohnungseigentümern gefassten Beschl berechtigt (NJW-RR 21, 667 [BGH 26.02.2021 - V ZR 33/20]). Um dem Eigentümer die Nutzung eines Grundstückteils vorzubehalten, bestehen mehrere Möglichkeiten. Zulässig ist die Bestellung eines Nießbrauchs zulasten eines realen Grundstückteils (Rn 3), ein Bruchteilsnießbrauch, § 1066, ein Quotennießbrauch sowie der dingliche Ausschluss einzelner Nutzungen gem Abs 2 (Köln RNotZ 16, 668).
II. Ausschluss von Nutzungen (Abs 2).
Rn 12
Zulässig sind Vereinbarungen, die das durch die Bestellung des Nießbrauchs entstehende gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer betreffen. Sie können mit dinglicher Wirkung getroffen und müssen dann ins Grundbuch eingetragen sein, aber auch schuldrechtlich geschlossen werden (BGH NJW 22, 2394 Rz 12). Einzelne Nutzungsbefugnisse, zB Besitz, Ziehung bestimmter Früchte, können ausgeschlossen werden (BGHZ 13, 203). Die Rechtsnatur als umfassendes Nutzungsrecht muss erhalten bleiben. Dies verbietet den Ausschluss aller denkbaren Nutzungen bis auf eine oder einzelne (BayObLGZ 79, 361, Rpfleger 81, 439). Zu den abdingbaren Regelungen zählen auch die Beschränkung der Erhaltungspflicht des Nießbrauchers auf die zur gewöhnlichen Unterhaltung gehörenden Maßnahmen, § 1041 S 2, und die Regelung zur Lastentragung in § 1047 (BGH NJW 22, 2394 Rz 12).
Rn 13
Häufig ist die Beschränkung auf Grundstücksteile. Soweit es sich um nicht wesentliche Bestandteile handelt, bestehen keine Bedenken (vgl Rn 3). Wesentliche Bestandteile können jedoch wegen § 93 nicht ausgeschlossen werden. Der in der Praxis häufige Fall, dass der Eigentümer eine von mehreren Wohnungen weiter selbst nutzen will, kann nicht über II gelöst werden (BayObLG Rpfleger 80, 17). Zulässig ist ein vorrangiges Eigentümerwohnungsrecht (Ertl MittBayNot 88, 53).
III. Andere Inhaltsvereinbarungen.
Rn 14
Ein Sicherungsnießbrauch läge vor, wenn das Recht das Befriedigungsinteresse eines Forderungsgläubigers durch den unmittelbaren Zugriff, zB auf die Mietforderungen, sichern soll. Eine derartige dingliche Abrede wird abgelehnt (BGH WM 66, 653). Schuldrechtlich ist eine solche Verwendungsabrede zulässig. Möglich ist ihre Koppelung mit einer auflösenden Bedingung durch eine Forderungstilgung (RGZ 106, 109) oder einer durch Löschung zu erfüllenden Rückgewährvereinbarung (BGH aaO). Unberührt davon bleibt aber stets der unabdingbare Inhalt von § 1061. Bei Zession der gesicherten Forderung ist der Zedent verpflichtet, das Recht zur Löschung zu bringen (MüKo/Pohlmann § 1030 Rz 135; aA Grüneberg/Herrler Rz 7).
Rn 15
Eine Entgeltregelung kann nicht dinglicher Inhalt sein (Schön 329 ff; Stürner AcP 194, 265; aA BayObLG 79, 273), weil das bei Nichtzahlung dem Eigentümer zustehende Zurückbehaltungsrecht die ordnungsgemäße Bewirtschaftung (§§ 1036 II, 1041) hindern müsste. Möglich ist eine schuldrechtliche Vereinbarung, verbunden mit einer auflösenden Bedingung. Eine Entgeltvereinbarung unterliegt nicht der Hypothekenhaftung aus § 1123, doch ist eine Konkurrenz mit einer Miete oder Pacht möglich (Schlesw ZInsO 17, 1315).
Rn 16
Ein sog Dispositionsnießbrauch läge vor, wenn der Nießbraucher über die §§ 1048 I 1, 1074, 1077, 1087 II 2 hinaus mit einer Verfügungsbefugnis ausgestattet wäre. Der dingliche Rechtsinhalt kann das nicht sein (BGH NJW 82, 31 [BGH 10.07.1981 - V ZR 51/80]). Möglich ist jedoch eine Ermächtigung nach § 185 (Celle DNotZ 74, 731) oder eine Bevollmächtigung (Westermann/Gursky/Eickmann § 121 III 3).