Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 7
Die Reichweite der erst durch die vollständige Erbringung von Leistung und Gegenleistung eintretenden Wirksamkeitsfiktion ist im Einzelnen sehr umstr. Einigkeit besteht, dass eine Rückforderung der ausgetauschten Leistungen ausgeschlossen ist, da der fingierte Vertrag einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen darstellt. Unklar ist aber, ob § 105a nur auf Verpflichtungsgeschäfte beschränkt ist, wie es der Wortlaut nahelegt. Nach der Gesetzesbegründung (BTDrs 14/9266 43) liegt nur ein fingiertes Verfügungsgeschäft vor, das zu keiner Eigentumsübertragung führt. Dies hat zur Folge, dass Eigentum und Besitz dauerhaft auseinanderfallen, denn ein Vindikationsanspruch des Eigentümers scheitert daran, dass der fingierte Vertrag ein Recht zu Besitz iSv § 986 gewährt (MüKo/Spickhoff Rz 19; Franzen JR 04, 224). Um dies zu vermeiden, spricht vieles dafür, § 105a sowohl für das Verpflichtungs- als auch für das Verfügungsgeschäft gelten zu lassen (Casper NJW 02, 3428; Lipp FamRZ 03, 725; Adena, 65).
Rn 8
Umstr ist weiterhin, ob § 105a auch bei gestörten Vertragsverhältnissen gilt. ZT wird dies generell verneint und § 105a nur auf ordnungsgemäß bewirkte Leistungen und Gegenleistungen angewendet, während es im Falle von Leistungsstörungen bei der Gesamtnichtigkeit des Vertrages bleiben soll (HP/Wendtland Rz 7; Erman/Müller Rz 14) bzw weitere vertragliche Ansprüche nicht entstehen sollen, zumal der Geschäftsunfähige diese auch nicht ausüben könne (Lipp FamRZ 03, 728; Franzen JR 04, 225). Dagegen spricht aber, dass dem Geschäftsunfähigen dadurch Gewährleistungs- und vertragliche Schadensersatzansprüche abgesprochen werden, die ihm zuständen, wenn er voll geschäftsfähig wäre. Eine solche Schlechterstellung erscheint kaum hinnehmbar, insb wenn durch einen dem Geschäftsunfähigen geleisteten Gegenstand später aufgrund eines Fehlers ein Folgeschaden verursacht wird. Nach wohl überwiegender Auffassung sollen dem Geschäftsunfähigen daher ab dem Zeitpunkt der Erfüllung alle Rechte aus dem Vertrag zustehen, er seinerseits aber keinen Ansprüchen ausgesetzt sein (Casper NJW 02, 3427; MüKo/Spickhoff Rz 20; Grüneberg/Ellenberger Rz 5; Adena, 87). Ob eine solche Äquivalenzstörung zu Lasten des Vertragspartners noch mit dem Schutz des Geschäftsunfähigen zu rechtfertigen ist (so MüKo/Spickhoff Rz 21; aA Erman/Palm 14. Aufl Rz 14) erscheint zweifelhaft, jedenfalls versagt diese Lösung bei einfachen Rechtsgeschäften zwischen zwei Geschäftsunfähigen. Dies mag man im Hinblick auf die wohl seltenen praktischen Fälle nicht als durchschlagendes Argument ansehen, es verdeutlicht aber die dogmatische Fragwürdigkeit der bestehenden Rechtsfolgenanordnung in § 105a.
Rn 9
Prozessfähigkeit des Geschäftsunfähigen für Rechtsstreitigkeiten aus einem Geschäft nach § 105a 1 besteht nicht. Die erst mit der Erfüllung eintretende Wirksamkeitsfiktion führt nicht dazu, dass sich der Geschäftsunfähige durch Verträge wirksam verpflichten kann, wie es § 52 ZPO verlangt. In einem Rechtsstreit muss sich der Behinderte daher durch einen Betreuer (§ 1814) vertreten lassen.