Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 2
Einwilligung ist die vor oder gleichzeitig mit der Willenserklärung des Minderjährigen erteilte Zustimmung (RGZ 130, 124, 127). Sie ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die sowohl ggü dem Minderjährigen als auch ggü dem anderen Teil erklärt werden kann (§ 182 I). Sie bedarf keiner Form, auch wenn das Rechtsgeschäft formbedürftig ist (§ 182 II) und kann bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts grds frei widerrufen werden (§ 183 2). Sie kann auch konkludent erfolgen, etwa durch Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters beim einwilligungsbedürftigen Rechtsgeschäft (gemeinsame Veräußerung eines Grundstücks RGZ 130, 124, 128).
Rn 3
Die Einwilligung kann sich auf ein konkretes, einzelnes Rechtsgeschäft oder eine einzelne Willenserklärung (Spezialeinwilligung) aber auch auf einen Kreis von zunächst noch nicht individualisierbaren Rechtsgeschäften (Generaleinwilligung) beziehen (BGH NJW 77, 622; FamRZ 77, 44). Dies ist sinnvoll in den Fällen des § 110 und wird in den Fällen der §§ 112, 113 sogar durch die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs gefordert. Im Interesse des Minderjährigenschutzes darf die Einwilligung aber nicht über die dort anerkannten Fälle hinaus zu einer partiell erweiterten Geschäftsfähigkeit führen (BGHZ 47, 352, 359). Eine unbeschränkte Generaleinwilligung in sämtliche Rechtsgeschäfte des Minderjährigen ist unzulässig. Der Umfang der erteilten Einwilligung ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach hM richtet sich diese nach objektiven Kriterien (BGHZ 47, 352, 359; Grüneberg/Ellenberger Rz 9; Soergel/Hefermehl Rz 14; Staud/Klumpp Rz 89). ZT wird dagegen auf das Innenverhältnis zwischen dem gesetzlichen Vertreter und dem Minderjährigen abgestellt (Pawlowski JuS 67, 304; MüKo/Spickhoff Rz 24). In jedem Fall ist die Einwilligung im Interesse eines effektiven Minderjährigenschutzes im Zweifel eng auszulegen. Dies gilt insb für die Frage, inwieweit die Einwilligung für ein Hauptgeschäft auch Folgegeschäfte erfasst: so umfasst die Einwilligung zur Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung am Wohnort des gesetzlichen Vertreters im Zweifel nicht die Einwilligung in die Anmietung einer Wohnung (LG Mannheim NJW 69, 239 [LG Mannheim 30.10.1968 - 6 S 66/68]). Bei Ausbildung in einer anderen Stadt ist diese hingegen typischerweise enthalten. Die (wegen der fehlenden rechtlichen Nachteile nicht erforderliche) Einwilligung in eine Verlobung und die Aufnahme eines Anschaffungsdarlehens enthält nicht ohne weiteres die Zustimmung zum Kauf der Wohnungseinrichtung auf Kredit (LG Berlin JR 70, 346). Die Einwilligung in den Erwerb des Führerscheins beinhaltet nicht die Einwilligung in den Kauf oder die Anmietung eines Kfz (BGH NJW 73, 1790 [BGH 19.06.1973 - VI ZR 95/71]; Hamm NJW 66, 2357 [OLG Hamm 28.01.1966 - 4 U 211/65]; Celle NJW 70, 1850 [OLG Celle 29.01.1970 - 5 U 144/69]; aA Hamm NJW 61, 1120; Köln MDR 62, 474). Dies ist wegen der Herabsetzung des Volljährigkeitsalters zT nur bei § 7 II StVZO bedeutsam, wird aber durch den neuen Führerschein ab 17 Jahren möglicherweise wieder an Brisanz gewinnen. Die Einwilligung in den Erwerb eines Kfz erstreckt sich regelmäßig auf den Abschluss der notwendigen Haftpflichtversicherung (LG Saarbrücken VersR 66, 33), nicht aber auf die Abwicklung nach einem Unfall (BGHZ 47, 352, 358) oder die Einschaltung eines Unfallhelferringes (BGH NJW 77, 622). Die Einwilligung in die Eröffnung eines Girokontos enthält nicht die Zustimmung zur Verfügung über das Guthaben (Kunkel Rpfleger 97, 1). Die Einwilligung zum Vereinsbeitritt umfasst die Zustimmung zur Wahrnehmung sämtlicher Mitgliedschaftsrechte (Hammelbeck NJW 62, 722; Reichert RdJB 71, 234). Die Einwilligung in die Beantragung einer EC-Karte umfasst nicht die Kontoüberziehung (Grüneberg/Ellenberger § 107 Rz 9). Die Einwilligung zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel berechtigt nicht zu Schwarzfahrten (AG Hamburg NJW 87, 448; AG Bergheim NJW-RR 00, 202 [AG Bergheim 15.10.1998 - 23 C 166/98]; AG Jena NJW-RR 01, 1469 [AG Jena 05.07.2001 - 22 C 21/01]; Harder NJW 90, 857; aA Fielenbach NZV 00, 358). Die Einwilligung in die Benutzung des Haustelefons schließt im Zweifel nicht die Nutzung von 0190-Diensten ein (Härting DB 02, 2149). Klingeltonverträge bedürfen regelmäßig der Einwilligung (AG Ddorf MMR 07, 404; Mankowski/Schreier VuR 06, 209; Derleder/Thielbar NJW 06, 3233; s § 110 Rn 3). Die Einwilligung in die Verwendung eines Smartphones und die Nutzung eines App-Store-Accounts umfasst nicht auch eine Zustimmung zu In-App-Käufen (Meyer NJW 15, 36863687; Bisges NJW 14, 183, 185).
Rn 4
Gesetzliche Vertreter sind grds die Eltern des Minderjährigen (§§ 1626, 1629) bzw der nach § 1629 I 3 vertretungsberechtigte Elternteil. Steht ein Minderjähriger nicht unter elterlicher Sorge oder sind die Eltern in der Angelegenheit nicht vertretungsberechtigt, ist ein Vormund zu bestellen. Ist auch dieser nach § 1795 an der Vertretung gehindert, ist nach §§ 1809 ff ein Pfleger zu bestellen. Bedarf der gesetzliche Vertreter zu einem Rechtsgeschäft weg...