Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
I. Genehmigung.
Rn 2
Genehmigt der gesetzliche Vertreter den Vertrag, wird dieser von Anfang an wirksam (§ 184 I), zwischenzeitlich erfolgte Verfügungen bleiben bestehen (§ 184 II). Die Genehmigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die formlos möglich ist (§ 182 II) und auch konkludent erteilt werden kann. Dies setzt aber voraus, dass sich der gesetzliche Vertreter der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages bewusst ist oder sie zumindest für möglich hält (BGH NJW 88, 1200 [BGH 16.11.1987 - II ZR 92/87]; Ddorf NJW-RR 95, 757 [OLG Düsseldorf 25.11.1994 - 22 U 23/94]). Die Genehmigung kann grds ggü dem Minderjährigen oder ggü dem Vertragspartner erteilt werden, im Falle der Aufforderung an den gesetzlichen Vertreter nach § 108 II nur letzterem ggü.
II. Verweigerung der Genehmigung.
Rn 3
Verweigert der gesetzliche Vertreter die Genehmigung, wird der Vertrag von Anfang an unwirksam. Die Verweigerung ist aufgrund ihres rechtsgestaltenden Charakters unwiderruflich (BGHZ 13, 179, 187).
III. Aufforderung (Abs 2).
Rn 4
Einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung gegen den gesetzlichen Vertreter haben weder der Minderjährige noch der Vertragspartner. Dieser kann den Schwebezustand dadurch beenden, dass er den gesetzlichen Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auffordert. Die Aufforderung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, formlos mögliche, geschäftsähnliche Handlung, die nur an den gesetzlichen Vertreter gerichtet werden kann (Ausnahme: § 108 III). Sie ist keine Willenserklärung, ihre Rechtsfolgen treten unabhängig vom Willen des Erklärenden kraft Gesetzes ein. Zulässig ist eine Aufforderung nach § 108 II nur, wenn eine Genehmigung erforderlich ist, nicht dagegen, wenn der Vertragspartner nur im Zweifel darüber ist, ob der Minderjährige mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nach § 107 gehandelt hat. Eine entspr Anwendung des § 108 II auf die Einwilligung kommt nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Norm nicht in Betracht (hM s MüKo/Spickhoff Rz 24 mwN; aA Grüneberg/Ellenberger Rz 7).
Rn 5
Rechtsfolge einer wirksamen Aufforderung ist, dass die Genehmigung abw von § 182 nur noch dem Vertragspartner ggü erklärt werden kann. Eine bereits dem Minderjährigen ggü erklärte Genehmigung oder Verweigerung wird rückwirkend unwirksam. Damit wird der bereits beendete Schwebezustand wiederhergestellt. Während der (erneuten) Schwebezeit steht dem Vertragspartner das Widerrufsrecht des § 109 zu. Allerdings muss er mit dem Widerruf im Anschluss an die Aufforderung zur Genehmigung eine angemessene Zeit warten, um diese nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen zu lassen. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Zugang der Aufforderung erklärt werden. Für die Berechnung der Frist gelten die §§ 187 I, 188 II. Eine Verlängerung der Frist ist durch einseitige Erklärung des Auffordernden möglich, eine Verkürzung jedoch nur im Wege einer Vereinbarung mit dem gesetzlichen Vertreter (RG HRR 37, Nr 786). Nach Ablauf der Frist gilt die Genehmigung endgültig als verweigert. Diese Wirkung kann nicht durch Anfechtung beseitigt werden, da es sich um eine kraft Gesetzes eintretende Folge der Fristversäumnis handelt. Ein Rechtsfolgenirrtum des gesetzlichen Vertreters berechtigt nicht zur Anfechtung (Soergel/Hefermehl Rz 7).
IV. Eintritt der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit (Abs 3).
Rn 6
Mit Eintritt der Volljährigkeit wird der schwebend unwirksame Vertrag nicht automatisch wirksam. Ab diesem Zeitpunkt kann nur noch der nunmehr unbeschränkt Geschäftsfähige entscheiden, ob er den Vertrag genehmigen will oder nicht. Der bisherige gesetzliche Vertreter ist nicht mehr zuständig, auch wenn die Aufforderung nach § 108 II noch an ihn gerichtet wurde. Die Aufforderung ist jetzt an den geschäftsfähig Gewordenen zu richten. Für seine Genehmigung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter (s Rn 2). Entspr gilt, wenn der Minderjährige stirbt und an seine Stelle einer oder mehrere geschäftsfähige Erben treten. Die Genehmigung ist formfrei möglich, auch wenn die bis dahin schwebend unwirksame Willenserklärung wie beim Beitritt zu einer Kapitalgesellschaft formbedürftig war (BGH NJW 80, 1842). Eine konkludente Genehmigung setzt voraus, dass der bisher Minderjährige zumindest mit der schwebenden Unwirksamkeit gerechnet hat (BGHZ 47, 351; 53, 178; Ddorf NJW-RR 95, 755). Genehmigung durch schlüssiges Verhalten ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der volljährig Gewordene den Vertrag fortsetzt, zB durch Leistung der Prämien beim Lebensversicherungsvertrag (Kobl VersR 91, 209; LG Kaiserslautern VersR 91, 539; Bayer VersR 91, 130) oder durch Neudatierung des Vertrags (RGZ 95, 71; MüKo/Spickhoff Rz 33). Rechtsmissbräuchlich kann es sein, wenn sich der Minderjährige erst längere Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit auf die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages beruft (BGH LM § 1829 Nr 3; LG Wuppertal NJW-RR 95, 152; LG Verden und LG Freiburg VersR 98, 41). Nach welchem Zeitraum dies anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (LG Frankfurt NJW 99, 3566 abl bei 6 Jahren; LG ...