Gesetzestext
1Der Nießbrauch an dem Vermögen einer Person kann nur in der Weise bestellt werden, dass der Nießbraucher den Nießbrauch an den einzelnen zu dem Vermögen gehörenden Gegenständen erlangt. 2Soweit der Nießbrauch bestellt ist, gelten die Vorschriften der §§ 1086 bis 1088.
A. Grundsatz.
Rn 1
Der Nießbrauch an einem Vermögen ist, wie S 1 verdeutlicht, sachenrechtlich kein einheitliches Recht, sondern die Summe einzelner Nießbrauchsrechte an den erfassten Sachen und Rechten.
B. Verpflichtung, Bestellung.
Rn 2
Die schuldrechtliche Verpflichtung ist ein einheitliches Geschäft. Sie unterliegt nach § 311b III der notariellen Beurkundung.
Rn 3
Das dingliche Bestellungsgeschäft erfordert so viele Einzelakte, wie Gegenstände vorhanden sind, S 1, Spezialitätsgrundsatz. Die Art der Bestellungsakte richtet sich nach den jeweiligen Regeln, §§ 873, 1031, 1032, 1067, 1069 I, 1081 II, § 9 SchiffsRG. § 1069 II gilt auch hier. Kommen Gegenstände neu ins Vermögen, sind sie gesondert zu belasten (Bremen DB 70, 1436 [OLG Bremen 20.04.1970 - 1 U 2/70]). Ausscheidende Gegenstände bleiben belastet.
C. Anzuwendende Vorschriften.
Rn 4
Es gelten zunächst die §§ 1030–1084. Sie werden ergänzt durch die Gläubigerschutzregeln der §§ 1086–1088. Obwohl deutlich dem aufgehobenen § 419 nachgebildet, sind sie nach wie vor Bestand (vgl MüKo/Pohlmann § 1085 Rz 7).
D. Der Unternehmensnießbrauch.
I. Grundsatz.
Rn 5
Zu unterscheiden sind Ertragsnießbrauch, bei ihm kommen dem Nießbraucher nur die Nutzungen zu, und der Vollnießbrauch, bei dem der Nießbraucher selbst unternehmerisch tätig ist. Letzterer ist nachstehend zu erörtern.
II. Verpflichtung, Bestellung.
Rn 6
Die Verpflichtung bedarf nur dann der Beurkundung nach § 311b III, wenn das Unternehmen das gesamte Vermögen des Bestellers bildet (BGH NJW 57, 1514 [BGH 19.06.1957 - IV ZR 214/56]). Die Bestellung geschieht wie oben dargestellt (Rn 3). Anmeldung zum Handelsregister (BayObLG DNotZ 74, 241 [BayObLG 03.07.1973 - BReg. 2 Z 25/73]).
III. Vermögenszuordnung.
Rn 7
Das Umlaufvermögen wird Eigentum des Nießbrauchers (BGH NJW 02, 434). Bei Ende des Nießbrauchs gilt dann § 1067 I 1 Hs 2 (dazu Staud/Anh zu §§ 1068, 1069 Rz 35). Das Anlagevermögen bleibt Eigentum des Bestellers (BGH aaO). § 1048 gilt entspr. Aus ihm werden auch Reinvestitionspflichten des Nießbrauchers abgeleitet (BGH aaO). Forderungen aus der Zeit vor der Bestellung stehen nach dem Grundgeschäft regelmäßig dem Nießbraucher zu (MüKo/Pohlmann § 1085 Rz 24). Bei einer Unternehmensfortführung, § 22 II HGB, folgt dies aus § 25 I 1 HGB. Forderungen, die der Nießbraucher begründet, stehen ihm ohnehin zu.
IV. Haftung.
Rn 8
Bei Unternehmensfortführung haftet der Nießbraucher gem § 25 I 1 HGB, Ausschluss nach § 25 II HGB. Ggü dem Besteller gilt § 1047. Bei Betriebskrediten trägt der Nießbraucher die Zinsen, nicht aber die Tilgung (BGH NJW 02, 434). Für von ihm eingegangene Verbindlichkeiten haftet er allein.
V. Nutzungen.
Rn 9
Dem Nießbraucher gebührt der Reingewinn, der nach Abzug aller Aufwendungen verbleibt. Das ist der in der Jahresbilanz ermittelte Gewinn nach Abzug von Abschreibungen und Rückstellungen (Baur JZ 68, 79; MüKo/Pohlmann § 1085 Rz 29).