Gesetzestext
Ein Bruchteil eines Grundstücks kann außer in den in § 3 Abs. 6 der Grundbuchordnung bezeichneten Fällen mit einer Hypothek nur belastet werden, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht.
A. Grundsatz.
Rn 1
§ 1114 beschränkt die selbstständige Belastung von Miteigentumsanteilen im Interesse der Vermeidung dadurch begründeter Schwierigkeiten bei der Grundbuchführung und der Zwangsversteigerung. Ein Rangvorbehalt bei einem Recht an einem im Miteigentum stehenden Grundstück kann für Hypotheken an dem Miteigentumsanteil nach dem Anteil des Miteigentümers am gesamten Vorbehalt ohne Mitwirkung der übrigen Miteigentümer in Anspruch genommen werden (Hamm Rpfleger 10, 497 [OLG Hamm 23.02.2010 - 15 Wx 316/09]). Für Zwangsrechte treffen §§ 864 II, 932 II ZPO eine entspr Regelung. § 1114 betrifft nicht die Belastung realer Teile eines Grundstücks; diese können selbstständig belastet werden, müssen dazu aber zunächst rechtlich verselbstständigt werden (§ 7 GBO).
Rn 2
Für die Frage, ob eine zulässige Belastung des Anteils eines Miteigentümers oder eine unzulässige Belastung eines Teils einer einheitlichen Berechtigung vorliegt, kommt es auf den Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek an. Ein Miteigentümer, der einen weiteren oder alle weiteren Miteigentumsanteile erworben hat, kann von da an weder seinen ursprünglichen noch einen neu erworbenen Anteil selbstständig belasten, auch nicht mit einer Restkaufpreishypothek (Zweibr Rpfleger 90, 15 [BayObLG 09.08.1989 - BReg 2 Z 72/88]; widersprüchlich Staud/Wolfsteiner Rz 14 einerseits und Rz 18 andererseits).
Rn 3
Veränderungen nach Eintragung der Hypothek sind ohne Bedeutung, und zwar sowohl beim Zuerwerb weiterer oder aller weiteren Miteigentumsanteile durch den Besteller als auch bei Aufhebung der Buchung nach § 3 VI GBO, die ohne materiell-rechtliche Wirkung ist (Bauer/Schaub/Waldner § 3 GBO Rz 36).
B. Ausnahmen.
Rn 4
§ 1114 muss als Ordnungsvorschrift zurücktreten, wenn übergeordnete Gesichtspunkte die Möglichkeit der Belastung eines Miteigentumsanteils gebieten.
I. Gesetzliche Ausnahmen.
1. Selbstständig gebuchte Miteigentumsanteile.
Rn 5
Sind Miteigentumsanteile an einem Grundstück auf verschiedenen Grundbuchblättern gebucht, können sie auch dann selbstständig belastet werden, wenn mehrere oder alle ein und demselben Eigentümer gehören. Diese Ausn von § 1114 war schon vor dem Inkrafttreten des § 3 VI GBO anerkannt (Frankf NJW-RR 88, 463 [OLG Frankfurt am Main 14.01.1987 - 20 W 4/87]).
2. Flurbereinigung, Umlegung.
Rn 6
Gesetzliche Ausnahmen bestimmen außerdem § 68 II FlurbG u § 62 II BauGB: Hier kann ein Grundstück zu einem Bruchteil belastet werden, wenn die Hypothek ursprünglich auf einem umgelegten Grundstück lastete, das nur einen geringeren Wert als das Ersatzgrundstück hatte.
II. Weitere Ausnahmen.
1. Zwangsrechte.
Rn 7
Wird ein Miteigentumsanteil zwangsversteigert, so kann eine Sicherungshypothek für die Forderung gegen den Ersteher (§ 128 ZVG) an ihm auch dann eingetragen werden, wenn dem Ersteher weitere Miteigentumsanteile gehören; weder kann der Gläubiger die Belastung des ganzen Grundstücks verlangen noch kann die Eintragung überhaupt abgelehnt werden (KG JW 33, 626 m zust Anm Bernhöft; Breslau OLGR 25, 257).
Rn 8
Ähnl ist es, wenn der Erwerb eines Miteigentumsanteils nach dem AnfG anfechtbar ist, dem Erwerber aber noch weitere Miteigentumsanteile gehören. Der Gläubiger kann hier eine Sicherungshypothek auf dem anfechtbar erworbenen Miteigentumsanteil eintragen lassen (Celle OLGRep 2005, 15).
2. Gutgläubiger Erwerb.
Rn 9
Ist ein Alleineigentümer irrtümlich als Miteigentümer eingetragen und belastet er den Miteigentumsanteil, der für ihn eingetragen ist, mit einer Hypothek, so erwirbt diese der gutgläubige (§ 892) Gläubiger, ohne dass § 1114 entgegensteht (MüKo/Lieder Rz 18).
3. Vorerbe.
Rn 10
Erwirbt der Miteigentümer eines Grundstücks einen weiteren Miteigentumsanteil als Vorerbe, kann er den ihm schon vor dem Vorerbfall gehörenden Miteigentumsanteil selbstständig mit einer Hypothek belasten (BayObLG NJW 68, 1431 [OLG Nürnberg 11.03.1968 - 1 W 79/67]).
C. Folgen eines Verstoßes.
Rn 11
Angesichts der anerkannten Ausnahmen von § 1114, deren Grenzen sich nicht immer leicht bestimmen lassen, verbietet es sich, bei einem Verstoß gegen § 1114 Nichtigkeit der Eintragung anzunehmen (aA RGZ 88, 21; BayObLG OLGR 30, 18). Es handelt sich nicht um eine inhaltlich unzulässige Eintragung, die der Amtslöschung unterliegen würde; heute ergibt sich das bereits daraus, dass im Fall des § 3 VI GBO die Zulässigkeit der Belastung von einer Art der Buchung abhängt, für die reine Zweckmäßigkeitserwägungen maßgeblich sind und die auch nachträglich erfolgen oder wieder aufgehoben werden kann, ohne dass davon die Wirksamkeit eines dinglichen Rechts abhängen könnte. An eine nichtige Eintragung könnte sich zudem kein gutgläubiger Erwerb anschließen (so tatsächlich RGZ 88, 21, 27; KG OLGR 20, 406), was den Verkehrsschutz unerträglich beeinträchtigen würde, weil der Erwerber nach Grundbuchumschreibung stets auch das Grundbuch einsehen müsste, in dem die Hypothek erstmals eingetragen wurde.