Gesetzestext
(1) 1Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken (Gesamthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze Forderung. 2Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen.
(2) 1Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke in der Weise zu verteilen, dass jedes Grundstück nur für den zugeteilten Betrag haftet. 2Auf die Verteilung finden die Vorschriften der §§ 875, 876, 878 entsprechende Anwendung.
A. Voraussetzungen.
Rn 1
Die Gesamthypothek ermöglicht die Belastung mehrerer Grundstücke in beliebiger Zahl (München FGPrax 13, 112 [OLG München 09.04.2013 - 34 Wx 52/13]) in einer der Gesamtschuld vergleichbaren Weise. Gesamthypothek ist auch die Belastung mehrerer oder aller Miteigentumsanteile an einem Grundstück durch Miteigentümer (BGH NJW-RR 10, 1529 [BGH 19.03.2010 - V ZR 52/09]); dagegen entsteht auch nicht vorübergehend eine Gesamthypothek, wenn lediglich der Belastungsgegenstand ausgewechselt wird (›Pfandtausch‹, BGH NJW 10, 3300 [BGH 10.06.2010 - V ZB 22/10]). Die Gesamthypothek begünstigt den Gläubiger zu Lasten des Schuldners, der idR nachrangigen Kredit wieder nur in Form einer Gesamtbelastung erhalten kann, da das Wahlrecht des Gläubigers der Gesamthypothek (§ 1132 I 2) den wirtschaftlichen Wert von Einzelgrundschulden an den belasteten Grundstücken unkalkulierbar macht. Die Legitimation dieses Rechtsinstituts (das bspw in Spanien nicht existiert, Meyer ZfIR 00, 431) ist zweifelhaft. Die Rspr mildert die Nachteile für den Eigentümer dadurch, dass sie einen Anspruch auf Entlassung aus der Mithaft hinsichtlich eines Grundstücks anerkennt, wenn die restlichen Grundstücke zur Sicherung ausreichend sind und sich deswegen die Weigerung, ein Grundstück freizugeben, als unzulässige Rechtsausübung darstellt (BGH NJW 00, 1861 [BGH 30.03.2000 - VII ZR 299/96]).
Rn 2
Gesichert werden kann durch eine Gesamthypothek nur eine einheitliche Forderung. Die belasteten Grundstücke müssen im Inland liegen (Colmar Recht 03, 960); das Recht muss auf allen Grundstücken gleichartig sein (Buch- oder Briefrecht, Verkehrs- oder Sicherungshypothek, Hypothek oder Grundschuld) und einem Gläubiger zustehen, so dass die Abtretung nur an einem Grundstück nicht möglich ist (LG Berlin Rpfleger 08, 359). Die Zinshöhe kann unterschiedlich sein; ebenso kann die Hypothek auf dem einen Grundstück vollstreckbar sein, auf dem anderen nicht. Nicht erforderlich ist gleicher Rang (BGHZ 80, 119); es ist daher auch – mit Zustimmung des Eigentümers dieses Grundstücks (§ 880 I 2) – eine Einräumung des Vorrangs an einem Grundstück ohne Änderung des Rangs an den anderen Grundstücken möglich. Ebenso wenig muss hinsichtlich des Anspruchs aus § 1179a Gleichheit hergestellt werden (BGH NJW 81, 1503 [BGH 06.03.1981 - V ZB 2/80]). Auch ein Widerspruch kann sich gegen die Eintragung an (nur) einem Grundstück richten, wenn damit nicht das Bestehen der Forderung, sondern die Mithaftung dieses Grundstücks bestritten werden soll (KG HRR 29, 605). Ob die Fälligkeit an den verschiedenen Grundstücken unterschiedlich sein kann, ist für die Hypothek zweifelhaft (wird aber von BGH NJW 10, 3300 [BGH 10.06.2010 - V ZB 22/10] bejaht), da dieselbe Forderung nicht zugleich fällig und nicht fällig sein kann (Waldner MittBayNot 11, 60); für die Grundschuld vgl § 1193 Rn 1.
Rn 3
In jedem Grundbuch muss ein Mithaftvermerk angebracht werden (§ 48 GBO); dieser ist lediglich deklaratorisch: Fehlt er, ist eine Gesamthypothek entstanden (Bauer/Schaub/Wegmann § 48 GBO Rz 26), aber gutgläubiger Erwerb von Einzelhypotheken an jedem Grundstück möglich (str). Über eine Gesamtbriefhypothek soll nur ein Hypothekenbrief erteilt werden; bei Grundstücken im Bezirk mehrerer Grundbuchämter sind zwar mehrere Briefe auszustellen, diese aber miteinander zu verbinden (§ 59 GBO).
B. Entstehung der Gesamthypothek.
I. Ursprüngliche Gesamthypothek.
Rn 4
Eine Gesamthypothek entsteht durch Einigung und Eintragung an allen Grundstücken (oder Miteigentumsanteilen), an denen nach Einigung von Eigentümer und Gläubiger die Hypothek lasten soll; allerdings entspricht es idR dem Willen der Parteien, dass bereits mit der Eintragung an dem ersten Grundstück eine Einzelhypothek entsteht (BGH DNotZ 75, 152 [BGH 03.07.1974 - V ZB 15/72]). Die meisten in der Praxis verwendeten Formulare regeln die Frage ausdrücklich idS.
Rn 5
Durch Zwangsvollstreckung kann eine ursprüngliche Gesamthypothek grds nicht entstehen (§ 867 II ZPO), ist aber ausnahmsweise bei einem Titel gegen mehrere Eigentümer als Gesamtschuldner zuzulassen (Ddorf Rpfleger 04, 39 m zust Anm Deimann; Hintzen ZIP 91, 479), ebenso dann, wenn der Schuldner zugleich Eigentümer des Grundstücks und des Gebäudeeigentums an diesem Grundstück ist (Jena Rpfleger 97, 431 wegen § 78 I 1 SachenRBerG); auch die Erstreckung auf einen weiteren Miteigentumsanteil, den der Vollstreckungsschuldner nach der Eintragung auf einem Miteigentumsanteil hinzu erworben hat, ist zulässig (aA Oldbg Rpfleger 96, 242 wegen § 1114). Angesichts dieser Ausnahm...