Gesetzestext
(1) 1Ist die Forderung, für welche die Hypothek bestellt ist, nicht zur Entstehung gelangt, so steht die Hypothek dem Eigentümer zu. 2Erlischt die Forderung, so erwirbt der Eigentümer die Hypothek.
(2) Eine Hypothek, für welche die Erteilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, steht bis zur Übergabe des Briefes an den Gläubiger dem Eigentümer zu.
Rn 1
Da die Hypothek bereits durch Einigung und Eintragung im Grundbuch entsteht (§ 873), bedarf es der Regelung, wem sie bis zur Entstehung der Forderung und – bei der Briefhypothek – der Übergabe des Hypothekenbriefes zusteht; dies regelt § 1163 I 1, II. Anders als nach dem ZGB der früheren DDR erlischt die Hypothek aber auch nicht, wenn die Forderung erlischt, sondern geht auf den Eigentümer über (§ 1163 I 2). Ob es sich um eine Hypothek ohne Forderung handelt (dafür spricht die amtliche Überschrift) oder um eine Eigentümergrundschuld (so hM), spielt praktisch keine Rolle. Nach der Intention des historischen Gesetzgebers ermöglicht § 1163 dem Eigentümer die Verfügung über die Rangstelle einer einmal eingetragenen Hypothek, auch zur Beschaffung von Zwischenkredit (so immer noch HP/Rohe Rz 7). Diese Absicht ist heute aber durch §§ 1179a, 1179b bis zur Bedeutungslosigkeit relativiert. § 1163 ist zwar nach allgM zwingendes Recht, kann aber leicht umgangen werden (Rn 2).
Rn 2
Das Eigentümerrecht ist entweder ein vorläufiges (wenn die gesicherte Forderung bei Eintragung der Hypothek noch nicht entstanden ist) oder ein endgültiges (wenn die Forderung nicht mehr entstehen kann, § 1163 I 1) oder ein nachträgliches (wenn die Forderung erloschen ist, § 1177 I; hier handelt es sich zweifelsfrei um eine Grundschuld); zu seiner Löschung bedarf es nicht der Voreintragung des Eigentümers als Berechtigten; § 39 GBO ist nicht anwendbar. Eine Forderung besteht auch dann nicht, wenn ein Darlehen zwar ausgezahlt, der Darlehensvertrag aber (zB wegen Wuchers) nicht wirksam ist; die Hypothek sichert in diesem Fall nicht etwa die Bereicherungsansprüche des Darlehensgebers (Prütting Sachenrecht Rz 638; Hertel/Athie JuS 21, 1007 [1008]; aA BGH NJW 68, 1134). Das Entstehen eines vorläufigen Eigentümerrechts kann dadurch vermieden werden, dass die Hypothek zur Sicherung eines dem Gläubiger erteilten abstrakten Schuldversprechens erteilt wird. Eine nachträgliche Eigentümergrundschuld entsteht nicht, wenn eine mit Erlöschen der Forderung auflösend bedingte Hypothek bestellt wird. Ausnahmen von der nachträglichen Eigentümergrundschuld ordnen die §§ 1178, 1181 und für die Gesamthypothek zusätzlich die §§ 1173, 1174 an. Bei Hypotheken an früheren Reichsheimstätten, die am 1.10.93 bereits eingetragen waren, ist Art 6 § 1 I 2 des G v 17.6.93 (BGBl I S 912) zu beachten: Mit dem Erlöschen der Forderung erlischt auch die Hypothek. Die Vorschrift gilt auch für Grundschulden; was dort ›die Forderung‹ ist, bleibt freilich unerfindlich. In der DDR gab es keine Übergangsvorschrift zur Aufhebung des RHeimstG zum 1.1.76; Hypotheken sind dort dann erloschen, wenn am 1.1.76 die Forderung erloschen war.
Rn 3
Vor Entstehung der Forderung hat der Gläubiger ein Anwartschaftsrecht auf Erwerb der Hypothek, das mit Entstehung der Forderung von selbst zur Hypothek wird. Es ist übertragbar; auch gutgläubiger Erwerb ist möglich, wenn der Gläubiger die vermeintliche Forderung an einen Dritten abtritt, der nicht weiß, dass sie (noch) nicht entstanden ist (§ 1138). Verfügungen des Eigentümers über das vorläufige Eigentümerrecht sind nur möglich, soweit sie das Anwartschaftsrecht nicht beeinträchtigen (§ 161), und nur bei der Briefhypothek; bei der Buchhypothek scheitern sie an § 39 GBO. Kein Anwartschaftsrecht hat der Gläubiger bei der Briefhypothek vor Übergabe des Briefes (Hamm Rpfleger 80, 483; str).
Rn 4
Bei einem Tilgungsdarlehen entsteht die nachträgliche Eigentümergrundschuld nach dem Gesetz mit jeder einzelnen Tilgungszahlung, ausgenommen bei der sog Tilgungsfondshypothek (zum Begriff s § 1113 Rn 9). Ist eine solche vereinbart, hat der Eigentümer vor Entstehen der Eigentümergrundschuld noch keine Rechtsstellung, die abgetreten oder gepfändet werden könnte, also keine Anwartschaft (aA Staud/Wolfsteiner Rz 46: ›eine Art Anwartschaft‹).
Rn 5
Eine Zwangshypothek (§ 868 ZPO) erwirbt der Eigentümer als Eigentümergrundschuld, wenn die zu vollstreckende Entscheidung oder ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben wird, nicht aber, wenn ein Versäumnisurteil durch kontradiktorisches Urt in der Weise aufrechterhalten wird, dass es nur noch gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar ist (Brandbg Rpfleger 01, 487 [OLG Brandenburg 23.04.2001 - 8 Wx 12/01]), und auch dann nicht, wenn die Zwangshypothek nach § 88 InsO (Rückschlagsperre) unwirksam wird (BGH NJW 06, 1286; aA Bestelmeyer Rpfleger 06, 387 [BGH 19.01.2006 - IX ZR 232/04]; BayObLG NJW-RR 01, 47 [BayObLG 15.06.2000 - 2 Z BR 46/00]; 1. Aufl § 1113 Rz 11). Zur Löschung einer solchen Zwangsyhpothek vgl § 1113 Rn 20.