Gesetzestext
(1) Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek, so erwirbt sie der Eigentümer.
(2) 1Der Verzicht ist dem Grundbuchamt oder dem Eigentümer gegenüber zu erklären und bedarf der Eintragung in das Grundbuch. 2Die Vorschriften des § 875 Abs. 2 und der §§ 876, 878 finden entsprechende Anwendung.
(3) Verzichtet der Gläubiger für einen Teil der Forderung auf die Hypothek, so stehen dem Eigentümer die im § 1145 bestimmten Rechte zu.
Rn 1
Ebenso wie das Erlöschen der Forderung führt auch der Verzicht des Gläubigers auf die Hypothek nicht zu deren Untergang (und damit zur Rangverbesserung nachrangiger Belastungen); dem Eigentümer bleibt vielmehr die Verfügungsmöglichkeit über die Rangstelle dadurch erhalten, dass die Hypothek auf ihn übergeht; § 875 gilt nicht. Wegen §§ 1179a, 1179b ist die Vorschrift freilich weitgehend praktisch bedeutungslos. Für Hypotheken, die am 3.10.90 in den neuen Bundesländern bestanden, gilt sie nicht, da das ZGB der DDR einen Übergang der Hypothek auf den Eigentümer nicht kannte (Art 233 § 6 EGBGB; s § 1163 Rn 1). Bei Übernahme der gesicherten Schuld tritt die Verzichtswirkung ein, wenn der Eigentümer ihr nicht zustimmt (§ 418 I 2, 3). Der Verzicht kann nicht unter eine Bedingung gestellt werden (Schlesw FGPrax 21, 255 [OLG Schleswig 12.10.2021 - 2 Wx 51/20] [257]) und bedarf materiell-rechtlich keiner Form; für die in § 1168 II 1 vorgeschriebene Eintragung ist die Einhaltung der Form des § 29 GBO erforderlich. Für den Verzicht gilt auch bei Erklärung ggü dem GBA § 181, wenn er vom Eigentümer namens des Gläubigers erklärt wird (BGH JR 80, 412 m Anm Kuntze). Anders als der Verzicht bedarf die Aufhebung der Hypothek (§ 1183) der Zustimmung des Eigentümers und führt zum Erlöschen. Eine Löschungsbewilligung des Gläubigers ist regelmäßig nicht als Verzicht auszulegen (Hamm NJW-RR 99, 741, 742).
Rn 2
Durch den Verzicht auf die Hypothek bleibt – wenn nicht zugleich ein Erlass der Forderung erfolgt oder der Verzicht so auszulegen ist – die Forderung unberührt; allerdings wird der persönliche Schuldner unter den Voraussetzungen des § 1165 von der Haftung frei. Der Eigentümer erwirbt die Hypothek als Eigentümergrundschuld (§ 1177 I), mehrere im eingetragenen Berechtigungsverhältnis (aA München Rpfleger 20, 184 [OLG München 02.10.2019 - 34 Wx 316/19]: als Gesamtgläubiger). Eine Sonderregelung für den Verzicht auf eine Gesamthypothek enthält § 1175, für die Rückstandshypothek gilt § 1178; ein Verzicht kann – wie sich aus § 1168 III ergibt – auch teilweise erfolgen. Für den Verzicht eines von mehreren Gesamtgläubigern gelten §§ 429, 423 entspr.
Rn 3
Die Eintragung im Grundbuch lautet dahin, dass der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet hat; die Eintragung des Übergangs der Hypothek auf den Eigentümer ist ohne besonderen Antrag weder zulässig noch notwendig (Schöner/Stöber Rz 2709). Bei Briefhypotheken ist hierzu der Brief vorzulegen (zum Urt den Verzicht zu erklären vgl BayObLG NJW-RR 98, 18).
Rn 4
Der Verzicht ist auch noch nach Zuschlag in der Zwangsversteigerung möglich und führt dazu, dass der Anteil am Erlös dem Vollstreckungsschuldner zufällt; die Eintragung ist in diesem Fall nicht erforderlich (BGH NJW 63, 1497 [BGH 13.03.1963 - V ZR 108/61]). Auch auf eine Hypothek an einem herrenlosen Grundstück kann verzichtet werden; zweifelhaft ist nur, ob die Hypothek dann erlischt oder dem letzten Eigentümer vor Eintritt der Herrenlosigkeit zusteht.
Rn 5
§ 1168 knüpft nicht an die Forderung an und ist deshalb auf die Grundschuld entspr anwendbar (§ 1192 I); die Wirkung des § 418 I 2 tritt aber nur bei der Sicherungsgrundschuld ein (BGH ZIP 23, 2626). Bei einer Eigentümergrundschuld unterscheidet sich der Verzicht nicht von der Löschungsbewilligung.