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Heute ist das APR weit über den enumerativen Schutz einzelner besonderer Persönlichkeitsrechte hinaus zu einer Generalklausel verdichtet. Diese entzieht sich einer genauen Definition und wird in Rspr und Praxis durch einzelne Fallgruppen konkretisiert. Im Kern geht es darum, das Recht des Einzelnen vor ungerechtfertigter Beeinträchtigung und Verletzung seiner gesamten körperlichen und seelischen Integrität, seines privaten Lebensbereichs, seiner Möglichkeiten der Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung zu schützen (Jauernig/Kern § 823 Rz 64; Beater JZ 18, 213). Nach außen gerichtet sind vor allem das Recht auf Selbstbestimmung und der soziale Geltungsanspruch zu nennen, nach innen gerichtet sind die personale Identität, die Selbstwertschätzung und das Recht zur Isolation zu nennen (iE Beater JZ 18, 213). Als Rechtsfolgen bei Verletzung des Apr kommen heute alle Formen des Beseitigungsanspruchs, der Unterlassungsansprüche, des Bereicherungsanspruchs sowie von Schadensersatzansprüchen auch bei immateriellem Schaden in Betracht. Eine Entschädigung in Geld kann dabei nach neuester Tendenz auch als Genugtuung für den Verletzten und als Prävention ggü dem Verletzer festgesetzt werden, wobei es sich bei einer solchen Geldentschädigung um einen eigenständigen Rechtsbehelf handeln soll, der durch zivilrechtliche Sanktionen den Schutzauftrag der Art 1, 2 GG realisiert (BGHZ 128, 1, 14; 131, 332; 143, 214; BVerfG NJW 06, 595; Büchler AcP 206, 300). Diese Entwicklung ist im Hinblick auf die deutlich wachsende Höhe der ausgesprochenen Geldbeträge nicht unproblematisch. Der Anspruch auf Geldentschädigung ist allerdings nicht vererblich (BGH NJW 14, 2871 [BGH 29.04.2014 - VI ZR 246/12] – Peter Alexander), selbst dann nicht, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Geschädigten rechtshängig gemacht wurde (BGH NJW 17, 3004 [BGH 23.05.2017 - VI ZR 261/16]) oder wenn ein noch nicht rkr Urteil vorliegt (BGH NJW 22, 868 [BGH 29.11.2021 - VI ZR 258/18] Rz 10, 11 – Kohl-Protokolle II m krit Anm Gsell; Schubert/Ipsen JZ 22, 737; dazu jetzt BVerfG NJW 23, 755 [BVerfG 24.10.2022 - 1 BvR 19/22] und 757 [BVerfG 24.10.2022 - 1 BvR 110/22]). Durch eine berühmt gewordene Entscheidung des EGMR v 24.6.04 hat sich über den Streit um das APR Prominenter hinaus eine grds Kontroverse zwischen der deutschen Rspr und dem EGMR ergeben (EGMR NJW 04, 2647 gegen BVerfGE 101, 361 und BGHZ 131, 332; dazu Prütting Das Caroline-Urteil des EGMR und die Rspr des BVerfG 2005; Engels/Jürgens NJW 07, 2517). Nunmehr haben sich aber der EGMR und die deutschen Gerichte angenähert (vgl Frenz NJW 08, 3102 zu BVerfG NJW 08, 1793 [BVerfG 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07] Caroline IV; BGH NJW 08, 3141 [BGH 01.07.2008 - VI ZR 67/08]; 09, 1502 [BGH 17.02.2009 - VI ZR 75/08]; Stender-Vorwachs NJW 09, 334; Hoffmann-Riem NJW 09, 20 [BGH 04.12.2008 - V ZB 74/08]; EGMR NJW 12, 1053 und 1058; dazu Frenz NJW12, 1039; Müller ZRP 12, 125; zuletzt EGMR NJW 14, 1645 mit umfassender Darstellung der Entwicklung; ferner EGMR NJW 14, 3291; NJW 15, 1079). Zur Entwicklung des APR im Internet vgl Spindler Gutachten F, 69. DJT, 12. Speziell zu Online-Bewertungsportalen Paal NJW 16, 2081.