Rn 9
Für die Aufklärungspflichten sind insb folgende Fallgruppen herausgebildet: Auf gezielte Fragen muss grds richtig und vollständig geantwortet werden (BGHZ 74, 392; NJW 77, 1915; WM 87, 138; BAG NJW 94, 1364). Will der Gefragte nicht antworten, darf er keine unvollständigen Angaben machen, sondern muss die Antwort verweigern. Ein konkreter Verdacht hinsichtlich der erfragten Umstände ist mitzuteilen (Brem DAR 80, 373). Einer Nachfrage gleichzustellen sein können bestimmte Anforderungsmerkmale in einer Ausschreibung, Leistungsbeschreibung oder einem Inserat (LG Stuttgart NJW-RR 92, 1360). Beim Gebrauchtwagenverkauf muss auf die Frage nach Unfallschäden jeder Bagatellschaden angegeben werden (BGHZ 74, 392; NJW 77, 1915; WM 87, 138), selbst solche, die ungefragt nicht zu offenbaren sind.
Rn 10
Eine Offenbarungspflicht besteht grds, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Erklärendem und Erklärungsempfänger existiert (BGH NJW 92, 302). In Betracht kommen eine besondere persönliche, familiäre oder gesellschaftsrechtliche Verbundenheit (BGH NJW 92, 300), ein Dauerschuldverhältnis mit persönlicher Vertrauensbeziehung (BGH MDR 79, 730), länger währenden Vertragsverhandlungen mit Angaben, die sich vor Vertragsschluss als unrichtig herausstellen (BGH NJW 83, 2492) und besondere Geschäftsbeziehungen (BGHZ 13, 200), aber auch besondere Fachkenntnisse, wie im Wertpapierhandel (BGHZ 80, 82 ff), von Banken (RGZ 111, 234 f; Staud/Singer/v Finckenstein § 123 Rz 23), beim Auftritt als Fachberater (LG Berlin NJW-RR 89, 505), bei einem Architekten (BGH MDR 78, 1009) und ggf im Gebrauchtwagenhandel (BGHZ 63, 386 f; BGH NJW 80, 2185).
Rn 11
Der Erklärende ist über erkennbar besonders wichtige Umstände aufzuklären, die für seine Entschließung von ausschlaggebender Bedeutung sind (BGH NJW 71, 1799; 98, 1316 [BGH 08.12.1997 - II ZR 236/96]), insb wenn sie den Vertragszweck vereiteln oder gefährden können (BGH NJW 79, 2243 [BGH 02.03.1979 - V ZR 157/77]; 89, 764 [BGH 06.12.1988 - VI ZR 76/88]; 00, 2498 [BGH 08.12.1999 - I ZR 230/97]; NJW-RR 98, 1406 [BGH 04.03.1998 - VIII ZR 378/96]). Ist bei der Übernahme von Dienst- oder Werkleistungen eine bestimmte Qualifikation als verkehrsüblich zu erwarten, muss über deren Fehlen aufgeklärt werden (Architekt: Ddorf NJW-RR 93, 1175 [OLG Hamm 13.05.1993 - 17 U 45/92]; Nürnbg NJW-RR 98, 1714 [OLG Nürnberg 12.09.1997 - 6 U 2235/96]). Der Verkäufer eines Grundstücks muss auf eine geplante tief greifende Verkehrsumgestaltung hinweisen, die den Vertragszweck gefährdet (Frankf NJW-RR 02, 523). Die eigene wirtschaftliche Bedrängnis ist nicht allg, sondern nur dann zu offenbaren, wenn der Vertragszweck bedroht ist (BGH NJW 74, 1506 [BGH 24.04.1974 - IV ZR 138/72]; BAG NJW 75, 709). Zweifel an der Leistungsfähigkeit genügen nicht. Es muss zu erwarten sein, dass die Leistung nicht erbracht wird (LG Gießen ZMR 01, 895, hoch verschuldeter Mieter, der die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat).
Rn 12
IÜ kann sich eine Aufklärungspflicht ergeben, wenn sie nach Treu und Glauben und den Anforderungen des Verkehrs aufgrund einer Gesamtwürdigung zu erwarten ist (BGHZ 117, 283; BGH NJW 83, 2494; NJW-RR 97, 270). Über die Gebührenhöhe hat der RA nicht allg, aber uU dann aufzuklären, wenn sie das vom Auftraggeber erstrebte Ziel wirtschaftlich sinnlos macht (BGH NJW 98, 3487 [BGH 02.07.1998 - IX ZR 63/97]).