Prof. Dr. Markus Gehrlein
Gesetzestext
Wird eine Sache als Pfand veräußert, ohne dass dem Veräußerer ein Pfandrecht zusteht oder den Erfordernissen genügt wird, von denen die Rechtmäßigkeit der Veräußerung abhängt, so finden die Vorschriften der §§ 932 bis 934, 936 entsprechende Anwendung, wenn die Veräußerung nach § 1233 Abs. 2 erfolgt ist oder die Vorschriften des § 1235 oder des § 1240 Abs. 2 beobachtet worden sind.
Rn 1
War die Veräußerung nach § 1243 I unrechtmäßig oder hatte der Gläubiger kein Pfandrecht, so findet ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb des Eigentums an der Pfandsache nur statt, wenn sie aufgrund eines Duldungstitels nach § 1233 II (§ 1233 Rn 1), durch öffentliche Versteigerung gem § 1235 I (§ 1235 Rn 1) oder § 1219 oder freihändig in der Form der §§ 1235 II, 1240 II oder 1221 erfolgte (AG Lemgo RdL 06, 232, 233). Bei freihändigem Verkauf aufgrund besonderer Vereinbarung (§ 1245) oder gerichtlicher Anordnung (§ 1246) ist ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich (RGZ 100, 274, 278).
Rn 2
Geschützt werden bei dinglicher Einigung u Übergabe der Pfandsache nach §§ 929 ff, auch wenn sie abhanden gekommen war (§ 935; vgl BGH NJW 90, 899, 900 [BGH 05.10.1989 - IX ZR 265/88]), gutgläubige Ersteher, auch wenn es der Gläubiger oder der persönliche Schuldner ist.
Rn 3
Gutgläubig ist der Ersteher, wenn er den Mangel des Pfandrechts (RGZ 100, 274, 277; 104, 300, 302; BGHZ 119, 75, 89) u/oder die Nichteinhaltung der in § 1243 I genannten Vorschriften bei Besitzerwerb nicht kannte u seine Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht (§ 932 II); zur Versteigerung eines gebrauchten PKW BGHZ 119, 75, 89 ff, von Pferden AG Lemgo RdL 06, 232, 233; LG Detmold RdL 07, 162, 163. Die Bösgläubigkeit des Erstehers berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages nicht.
Rn 4
Fehlte es am Pfandrecht, so steht der Erlös dem früheren Eigentümer der Sache zu; fehlte es an den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen, so setzt sich das Pfandrecht am Erlös fort (§ 1247 2); war bereits Pfandreife eingetreten (§ 1228 II), steht der Erlös bis zur Höhe seiner Forderung dem betreibenden Gläubiger zu. Die Beweislast für die Voraussetzungen des § 1244 trägt mit Ausn seiner Gutgläubigkeit der Ersteher.
Rn 5
Beim Pfändungspfandrecht erwirbt der Ersteher bei öffentlicher Versteigerung durch einen Gerichtsvollzieher auch bei Bösgläubigkeit originäres Eigentum (BGHZ 55, 20, 25; 100, 85, 98; 119, 75, 76). Dagegen sind §§ 1242, 1244 anwendbar, wenn die Sache auf gerichtliche Anordnung nach § 825 II ZPO durch einen privaten Versteigerer versteigert wird (BGHZ 119, 75, 85). Wenn sich der Ersteher als Eigentümer und nicht als Pfandgläubiger angesehen hat, gilt für den gutgläubigen Erwerb nicht § 1244. Dieser richtet sich vielmehr nach §§ 932 ff, so dass er an § 935 scheitern kann (Karlsr Justiz 21, 129 Rz 58).