I. Begründung.
Rn 23
Inhalt und Umfang rechtsgeschäftlich vereinbarter Formen sind durch Auslegung, §§ 133, 157, zu ermitteln (Karlsr NJW 09, 2750 [OLG Karlsruhe 19.01.2009 - 1 U 175/08]). Führt die Auslegung zu keinem Ergebnis, bestimmt § 125 2, dass die Einhaltung der Form im Zweifel Wirksamkeitsvoraussetzung ist, also konstitutive Bedeutung besitzt. Ein mündlicher Vergleichsschluss ist bei vereinbarter gerichtlicher Protokollierung unwirksam (Karlsr NJW 95, 1562 [OLG Saarbrücken 06.04.1994 - 1 U 1092/93-190-Kart]). Die Form kann aber auch nur der Klarstellung und dem Nachweis dienen, also deklaratorische Bedeutung haben (BGH NJW 09, 433 [BGH 08.10.2008 - XII ZR 66/06] Tz 28). Im Handelsrecht wirkt die Abrede deklaratorisch, den Vertrag schriftlich bestätigen zu lassen (BGH NJW 64, 1270). Auch die Schriftformklausel bei Änderung von Personenhandelsgesellschaftsverträgen soll grds deklaratorisch wirken (BGHZ 49, 366). Soll eine Kündigung durch eingeschriebenen Brief erfolgen, besitzt die Schriftform konstitutive Bedeutung, während die Übermittlungsart nur den Zugang sichern soll und in anderer Weise als durch Einschreiben erfolgen kann (BGH NJW-RR 00, 1560 [BGH 03.11.1999 - I ZR 145/97]; NJW 04, 1320 [BGH 21.01.2004 - XII ZR 214/00]).
II. Aufhebung.
Rn 24
Ein vereinbarter Formzwang kann formfrei aufgehoben werden (BGHZ 66, 380). Die Aufhebung kann konkludent erfolgen (BGH WM 82, 902), insb hebt eine übereinstimmend gewollte mündliche Absprache das gewillkürte Formerfordernis auf (BGHZ 66, 381; BAG NJW 89, 2150). Da die Parteien ggü ihrer eigenen Vereinbarung souverän bleiben, ist ein Aufhebungswille bzw ein Bewusstsein der entgegenstehenden Klausel nicht erforderlich (BGH NJW 75, 1654 [BGH 02.07.1975 - VIII ZR 223/73]; 06, 139 [BGH 02.11.2005 - XII ZR 212/03]; Erman/Arnold § 125 Rz 26; aA MüKo/Einsele § 125 Rz 70; s.a. BGH NJW 93, 65 [BGH 30.09.1992 - VIII ZR 196/91]). Einfache Schriftformklauseln in AGB können mündlich aufgehoben werden (BGH NJW 91, 1751 f [BGH 15.05.1991 - VIII ZR 38/90]; 06, 138f [BGH 21.09.2005 - XII ZR 312/02]). Dies folgt bereits aus § 305b. Entspr gilt für doppelte Schriftformklauseln (BGH NJW 17, 1017 [BGH 25.01.2017 - XII ZR 69/16], Mietvertrag). Unwirksam ist eine Schriftformklausel, die den Eindruck erwecken soll, eine mündliche Abrede sei entgegen allg Grundsätzen unwirksam (BGH NZBau 07, 587 [BGH 10.05.2007 - VII ZR 288/05] Tz 19). Auf ein qualifiziertes Schriftformerfordernis, das gerade für die Aufhebung der Form eine schriftliche Erklärung erfordert, kann formlos verzichtet werden (Erman/Palm 12. Aufl, § 125 Rz 9; aA BGHZ 66, 382, Kaufleute; BAG NZA 08, 1233; MüKo/Einsele § 125 Rz 70).
III. Rechtsfolge.
Rn 25
Bei einem Verstoß gegen eine konstitutive Formvorschrift ist das Rechtsgeschäft nichtig.