Gesetzestext
Die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht finden auf ein kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechende Anwendung.
A. Gesetzliche Pfandrechte.
Rn 1
Gesetzliche Pfandrechte an Sachen sehen im BGB vor: § 233 für Hinterlegungsberechtigte (RGZ 124, 218, 219), § 562 für Vermieter, § 581 II iVm § 562, § 592 für Verpächter, § 583 für Pächter, § 647 für Werkunternehmer (vgl Ddorf BauR 23, 1693 Rz 55), § 704 für Gastwirte, im HGB: (ohne Seehandelsrecht) §§ 397, 404 für Kommissionäre, § 441 für Frachtführer (BGH NJW-RR 10, 1546 [BGH 10.06.2010 - I ZR 106/08] Rz 26, 35, 47 ff), § 464 für Spediteure, § 475b für Lagerhalter; im BinnSchG §§ 77, 89, 103 ff (dazu Hambg TransportR 13, 242); im VVG § 110 (BGH WM 14, 2057 Rz 7; 16, 982 Rz. 12); das DüngemittelsicherungsG (Vor §§ 1204 ff Rn 11). Das fiskalische Vorrecht nach § 76 AO ist einem gesetzlichen Pfandrecht gleichgestellt.
Rn 2
Keine gesetzlichen Pfandrechte sind das Pfändungspfandrecht (Rn 9) u die AGB-Pfandrechte nach Nr 14 AGB-Banken, Nr 21 AGB-Sparkassen oder Nr 20 ADSp (BGHZ 17, 1, 2).
B. Entspr Anwendung.
I. Entstehung und Rang.
Rn 3
Die Entstehung gesetzlicher Pfandrechte richtet sich, wie schon der Wortlaut (›entstandenes Pfandrecht‹) zeigt, nicht nach §§ 1205–1208 (BGH NJW 99, 3716, 3717 [BGH 22.04.1999 - I ZR 37/97]), sondern nach den jeweiligen Sonderregelungen. Ein gutgläubiger Erwerb gesetzlicher Pfandrechte ist nach stRspr (BGHZ 34, 122, 126 f; 34, 153, 154 f; 35, 53, 61; 87, 274, 280; 100, 95, 101; 119, 75, 89) auch bei gesetzlichen Besitzpfandrechten – außerhalb des § 366 III HGB – nicht möglich, da es an der dafür erforderlichen rechtsgeschäftlichen Handlung des Bestellers fehlt (NK-BGB/Bülow Rz 6; jurisPK/Protz Rz 14; Westermann/Gursky/Eickmann § 132 Rz 2; aA die hM in der Literatur (Staud/Wiegand § 1257 Rz 14; MüKo/Damrau Rz 3; Soergel/Habersack Rz 6; Karsten Schmidt NJW 14, 1 ff; Stegmüller JuS 12, 442, 446). Wilhelm DB 14, 406 hält die Rspr des BGH zum Werkunternehmerpfandrecht nach der Neufassung des § 366 III HGB für überholt. Für Pfandrechte nach § 233 1 u § 583 3 spielt die Streitfrage keine Rolle; das Pfandrecht nach § 583 entsteht ohne Rücksicht darauf, wer Eigentümer der Pfandsache ist (BGHZ 34, 153, 157). Das Vermieterpfandrecht an eingebrachten pfändbaren Sachen des Mieters entsteht mit der Einbringung, auch soweit es erst künftig Mietzinsansprüche sichert (BGHZ 170, 196 Rz 11; 202, 354 Rz 19; NJW 86, 2426, 2427). Es umfasst auch Fahrzeuge des Mieters, die auf dem gemieteten Grundstück regelmäßig abgestellt werden (BGH WM 18, 248 Rz 11, 15). Bei Veräußerung der Mietsache erwirbt der Erwerber wegen seiner Forderungen ein eigenes, dem Pfandrecht des Veräußerers ranggleiches Vermieterpfandrecht, das einer Sicherungsübereignung nach Einbringung der Sachen des Mieters vorgeht (BGHZ 202, 354 Rz 21 f, 27; dazu Ganter NZI 15, 65, Krüger ZfIR 15, 150 [BGH 15.10.2014 - XII ZR 163/12] u (krit) Wilhelm JZ 15, 346).
Rn 4
Das gesetzliche Pfandrecht, auch das besitzlose, ergreift auch Anwartschaftsrechte des Schuldners, wenn dieser eine Sache unter Eigentumsvorbehalt erworben oder auflösend bedingt sicherungsübereignet hat (BGHZ 35, 85, 87 ff für Grundpfandrecht; 54, 319, 331; 117, 200, 205). Mit dem Erstarken zum Vollrecht, setzt sich das Pfandrecht analog § 1287 am Eigentum fort (BGHZ 125, 334, 339 für Patentanwartschaft; BGH NJW 65, 1475; Ganter NZI 08, 583, 587). Mit dem Untergang des Anwartschaftsrechts entfällt auch das Pfandrecht.
Rn 5
§ 1209 gilt für gesetzliche Pfandrechte untereinander u im Verhältnis zum vertraglichen Pfandrecht entspr.
II. Pfandrechtsverhältnis.
Rn 6
Die §§ 1209–1232 sind mit Ausn des § 1213 entspr anwendbar, soweit nicht Sonderregelungen Ausn enthalten. § 1215 gilt bei besitzlosen Pfandrechten nur, wenn der Gläubiger die Pfandsache in Besitz genommen hat (RGZ 102, 77, 81f). Das Vermieterpfandrecht ist kein Nutzungspfandrecht (Frankf NJW-RR 96, 585). Die §§ 1211, 1224 u 1225 sind anwendbar, soweit ein gesetzliches Pfandrecht an schuldnerfremden Sachen etwa nach § 366 III HGB erworben werden kann.
III. Verwertung.
Rn 7
Die §§ 1233–1248 sind anwendbar, § 1248 allerdings nur, soweit ein gesetzliches Pfandrecht an schuldnerfremden Sachen erworben werden kann (Staud/Wiegand Rz 20). Zu § 1247 RGZ 119, 265, 269.
IV. Ablösung, Übertragung und Untergang.
Rn 8
Die §§ 1249–1256 sind anwendbar, soweit nicht Sonderregelungen zB § 441 HGB, Ausn enthalten, § 1253 allerdings nur bei Besitzpfandrechten (RGZ 134, 116, 120; BGHZ 87, 274, 280; Ddorf MDR 89, 546; aA auch bei besitzlosen vom Gläubiger in Besitz genommenen Pfandsachen MüKo/Damrau Rz 8). Bei Herausgabe einer vom Vermieter in Besitz genommenen Pfandsache kann aber Aufhebung nach § 1255 vorliegen. Zu § 1249 Celle NJW 68, 1139, 1140, zu § 1256 Celle MDR 65, 831, 833.
C. Pfändungspfandrecht.
Rn 9
Auf das Pfändungspfandrecht, das nach der herrschenden gemischt privat-öffentlich-rechtlichen Theorie außer einer wirksamen Verstrickung voraussetzt, dass die titulierte Forderung dem Gläubiger zusteht (Kobl WM 10, 475, 477) u die gepfändete Sache im Eigentum des Schuldners steht (BGHZ 119, 75, 84 ff mwN), sind die §§ 1204 ff nur anzuwenden, soweit ...