Prof. Dr. Markus Gehrlein
Gesetzestext
1Der Schuldner kann nur an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich leisten. 2Jeder von beiden kann verlangen, dass an sie gemeinschaftlich geleistet wird; jeder kann statt der Leistung verlangen, dass die geschuldete Sache für beide hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abgeliefert wird.
A. Inhalt und Anwendungsbereich.
Rn 1
Die abdingbare (§ 1284), durch Nr 14 II AGB-Banken nicht abbedungene (BGH NJW 04, 1660, 1661 [BGH 12.02.2004 - IX ZR 98/03]) Vorschrift regelt die Stellung des Pfandgläubigers vor Pfandreife (§ 1228 II), § 1282 seine Stellung nach Pfandreife. § 1281 wird durch §§ 1287u 1288 I ergänzt. Er gilt auch für Pfändungspfandrechte, solange eine Überweisung an den Gläubiger noch nicht erfolgt ist (RGZ 104, 34, 36; 108, 318, 320). Für Inhaber- u Orderpapiere enthält § 1294 eine Spezialregelung. Bezweckt wird der Schutz des Pfandgläubigers vor Pfandentziehung (Soergel/Habersack § 1287 Rz 1). Die Schuldübernahme einer verpfändeten Forderung bedarf der Zustimmung des Pfandgläubigers (Brand JR 12, 319 ff).
B. Leistung vor Pfandreife (S 1).
Rn 2
Vor Pfandreife kann der Schuldner mit befreiender Wirkung nur an den Pfandgläubiger u den Gläubiger gemeinschaftlich leisten (LG Köln MDR 23, 106). Wird die Übereignung einer beweglichen Sache geschuldet, so hat der Schuldner dem Gläubiger das Eigentum zu übertragen u dem Pfandgläubiger unmittelbaren oder mittelbaren einfachen (L/B/S/Haertlein 28. Kap. Rz 5), nicht gesamthänderischen (so aber NK-BGB/Bülow Rz 9) Mitbesitz zu verschaffen. Übt eine Bank das bereits vor Pfandreife bestehende Sicherungsrecht des Pfandgläubigers aus, führt dies dazu, dass ihr Kunde keine Leistungen mehr an sich aufgrund der ihm aus dem Kontokorrentvertrag zustehenden Ansprüche verlangen kann, weil die Bank in einer Person sein Schuldner und sein Pfandgläubiger ist (Ddorf BeckRS 18, 26065 Rz 19).
Rn 3
Bei Grundstücken genügt die Übereignung u Übergabe an den Gläubiger, da der Pfandgläubiger damit nach § 1287 2 eine Sicherungshypothek erwirbt. Der Auflassung muss der Pfandgläubiger bei einem durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch allerdings zustimmen (BayObLG NJW 68, 705, 706 f [LG Würzburg 12.12.1967 - 1 O 119/67]; NJW-RR 87, 793, 794; aA Weidemann NJW 68, 1335). War das Pfandrecht im Grundbuch vermerkt, bedarf es auch der Eintragungsbewilligung des Pfandgläubigers (BayObLG NJW-RR 87, 793 [BayObLG 11.02.1987 - BReg. 2 Z 56/86]). Zur Rechtslage, wenn die Auflassung bereits erklärt ist, eingehend Knobloch NotZB 11, 17, 19 ff.
Rn 4
Bei Überweisung eines Geldbetrages auf das Konto des Gläubigers erwirbt der Pfandgläubiger nach § 1287 1 ein Pfandrecht am Anspruch des Gläubigers auf Gutschrift gg seine Bank u alsdann am Anspruch aus der Gutschrift (BGH WM 96, 2250, 2252), soweit das Konto nicht debitorisch geführt wird (Hamm ZIP 01, 1683, 1688; Dresd WM 07, 31, 33).
Rn 5
Leistet er an den Gläubiger allein, so wird er dem Pfandgläubiger ggü nur im Falle der Gutgläubigkeit (§§ 1275, 407, 408, LG Köln MDR 23, 106) oder Genehmigung durch den Pfandgläubiger frei (RGZ 77, 250, 254; BayObLG NJW 68, 705, 706; s.a. Bambg WM 07, 389, 390). Nur dann setzt sich das Pfandrecht des Pfandgläubigers nach § 1287 fort (Staud/Wiegand § 1287 Rz 8; Erman/J. Schmidt Rz 5; Nobbe/Pamp Rz 3; Westermann/Gursky/Eickmann § 136 Rz 7; aA Soergel/Habersack § 1287 Rz 3, da es am Besitz des Pfandgläubigers fehle). Wird eine Speziessache entgegen § 1281 1 allein an den Gläubiger geleistet, so ist str, ob der Gläubiger daran Eigentum erwirbt (so unter Berufung auf den Wortlaut ›kann nur‹ MüKo/Damrau Rz 5; Pal/Wicke Rz 3; Stöber DNotZ 85, 587), oder ob die Übereignung ggü dem Pfandgläubiger unwirksam ist (so BayObLG NJW 68, 705, 707; Staud/Wiegand § 1287 Rz 9). Bei einem Verstoß gg § 1281 1 kann der Pfandgläubiger vom Schuldner nochmalige Leistung nach Maßgabe der §§ 1281, 1282 u evtl Schadensersatz aus § 280 oder aus § 823 I (RGZ 108, 318, 321; 138, 252, 255; Staud/Wiegand Rz 7; aA Soergel/Habersack Rz 4) fordern. Außerdem kommen ein Schadensersatzanspruch aus § 280 sowie ein Bereicherungsanspruch aus § 816 II gg den Gläubiger in Betracht Das Pfandrecht setzt sich bei einer mehrfachen Verpfändung nicht an dem Auszahlungsbetrag fort. Dem Surrogations-Prinzip wird dadurch Rechnung getragen, dass ein Anspruch auf Neubegründung des nachrangigen Pfandrechts besteht (Köln Urt v 30.8.23 – I-16 U 182/22, Rz 40 = MDR 23, 1414).
C. Geltendmachung der verpfändeten Forderung (S 2).
Rn 6
Gläubiger u Pfandgläubiger können die verpfändete Forderung jeweils allein (BGHZ 5, 251, 253) geltend machen, aber Leistung nur an beide gemeinsam (Hs 1; BGHZ 176, 67 Rz 19) oder Hinterlegung für beide (§§ 373 ff) bzw bei nicht hinterlegungsfähigen Sachen Ablieferung an einen vom Gericht bestellten Verwahrer fordern. Der Insolvenzverwalter hat kein Einziehungsrecht nach § 166 II InsO (BGH WM 13, 935 Rz 15; 05, 937, 938; 02, 1797, 1798). Der Pfandgläubiger kann aber auf sein Einziehungsrecht verzichten; er erwirbt dann einen Anspruch aus §§ 49, 50 I InsO gg die Masse (Mitlehner ZIP 15,...