1. Doppelehe/Bigamie (§ 1306).
Rn 11
Die Doppelehe mit einem Dritten ist aufhebbar. Sonderregelungen gelten bei Wiederheirat nach unrichtiger Todeserklärung (§§ 1319, 1320). Eine aufhebbare Zweitehe liegt vor, wenn die Erstehe bei Eingehung der Zweitehe besteht unabhängig davon, ob sie später durch Tod, Scheidung oder Aufhebung beendet wird. Das wird auch angenommen, wenn die Erstehe bei Zustandekommen der Zweitehe zwar aufgelöst war, jedoch das Scheidungs- oder Aufhebungsurteil nachträglich (BGH FamRZ 76, 336) unwirksam geworden ist.
Rn 12
Wurde die Erstehe im Ausland aufgelöst, kommt es auf die Anerkennung der ausländischen Scheidung im Inland nach Art 7 § 1 FamRÄndG, 107 FamFG an (vgl Art 13 II Nr 3, Hs 2 Alt 3 EGBGB). Dabei wirkt die Anerkennung einer solchen Entscheidung auf den Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Urteils zurück (BGH FamRZ 19, 1535). Wurde die Erstehe des Ausländers aber im Inland aufgelöst, ist allein diese Entscheidung maßgebend, auch wenn das Heimatrecht des Ausländers das deutsche Urt nicht anerkennen sollte (Art 13 II Nr 3, Hs 2 Alt 2 EGBGB).
Rn 13
Da die Eheaufhebung nur ›ex nunc‹ wirkt, vermag die Aufhebung an der für die Vergangenheit bestehenden Konkurrenz zur Erstehe nichts mehr zu ändern. Zwar entfällt die Antragsbefugnis nicht durch die Auflösung der früheren Ehe, allerdings hat der Ehegatte der Erstehe nach deren Auflösung ein objektives Interesse für seinen Aufhebungsantrag der bigamischen Ehe darzulegen (BGH FamRZ 02, 604).
Rn 14
Die Aufhebbarkeit der Zweitehe entfällt iÜ dann, wenn die Erstehe aufgrund einer Entscheidung aufgelöst wird, das bei Schließung der Zweitehe schon verkündet war (§ 1315 II Nr 1), aber erst nach diesem Zeitpunkt rechtskräftig wird. Liegt dieser Ausnahmefall nicht vor, können die Eheleute nur durch erneute Heirat mit ex-nunc-Wirkung die Aufhebbarkeit der Zweitehe beseitigen.
2. §§ 1307, 1308 (Ehe unter Blutsverwandten und Adoptierten).
Rn 15
Das Eheverbot der genetischen Abstammung betrifft die Eheschließung zwischen Personen, deren eine von der anderen abstammt (§ 1589 1), sowie zwischen Geschwistern und Halbgeschwistern, mag das Verwandtschaftsverhältnis auch durch Adoption (§ 1755) eines Beteiligten später erloschen sein (§ 1307 2). Entfällt dagegen das Verwandtschaftsverhältnis rückwirkend wegen Anfechtung der Abstammung, besteht auch das Eheverbot nicht mehr, sodass keine Aufhebung (mehr) möglich ist. Ein Eheverbot der Schwägerschaft besteht nicht mehr. Eine Heilungsmöglichkeit ist in § 1315 nicht vorgesehen.
Rn 16
Die rechtliche Verwandtschaft ist der genetischen Verwandtschaft gleichzustellen. Deshalb kann der Ehemann die von seiner Frau im Ehebruch empfangene Tochter nicht heiraten, solange er nicht seine Vaterschaft (§ 1592 Nr 1) wirksam angefochten hat. Die Gleichstellung gilt auch in den Fällen der Leihmutterschaft. Deshalb darf der Sohn seine Mutter – die Leihmutter – nicht heiraten, obwohl er mit ihr genetisch nicht verwandt ist.
Rn 17
Das Eheverbot gilt gem § 1308 I 1 für den in § 1307 beschriebenen Personenkreis auch dann, wenn das Verwandtschaftsverhältnis auf Adoption beruht (§ 1754). Das Verbot entfällt bei nachträglicher Auflösung der Adoption (§ 1308 I 2 iVm §§ 1759, 1760, 1763). Das FamG (§ 14 I Nr 16 RpflG) kann adoptierten Geschwistern auf Antrag vom Eheverbot Befreiung erteilen (§ 1308 II 1), die nur aus wichtigen Gründen versagt werden darf (§ 1308 II 2).
Rn 18
[nicht besetzt]
3. Verstoß gegen Formvorschriften (§ 1311).
Rn 19
Während die Regelung über den Trauvorgang (§ 1312) nur Ordnungscharakter hat, führt ein Verstoß gegen § 1311 zur Aufhebbarkeit der Ehe (§ 1314 I). Ein Verstoß gegen die zwingende Mitwirkung eines Standesbeamten (§ 1310) ist nicht in der Regelung erfasst, weil dieser zur Nichtehe führt, die nicht aufgehoben werden kann bzw muss.
Rn 20
Die Aufhebungsmöglichkeit entfällt durch Zeitablauf, wenn die Eheleute 5 Jahre zusammengelebt haben. Zeiten des Getrenntlebens hemmen den Fristablauf. Tritt der Fristablauf während des Aufhebungsverfahrens ein, bleibt die Aufhebung zulässig (§ 1315 II Nr 2). Die Aufhebungsmöglichkeit entfällt weiterhin, wenn ein Ehegatte stirbt, die Eheleute aber bis zu dessen Tod 3 Jahre zusammengelebt haben. Der Tod eines Ehegatten während des Aufhebungsverfahrens berührt nicht die Zulässigkeit (§§ 131 FamFG, 1315 II Nr 2).