Gesetzestext
(1) 1Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. 2Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.
(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.
A. Allgemeines.
Rn 1
§ 1353 stellt klar, dass die Ehe auf Lebenszeit geschlossen ist. Darüber hinaus begründet die Norm in sehr allgemeiner Form die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft. Sie ist damit die Grundnorm für das Verhalten in der Ehe, fasst die aus der Eheschließung folgenden Rechte und Pflichten generalklauselhaft zusammen und hat Bedeutung bei der Auslegung anderer die Ehe ausfüllender Regelungen. Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander ist eine Rechtspflicht (BVerfG NJW 88, 2032). Im Übrigen hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen, als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich als eigenständig und selbstverantwortlich zu respektieren (BVerfG FamRZ 11, 1133).
Rn 2
Mit Art 3 Abs 2 G v 20.7.17 (BGBl I 2787) ist die Norm zum 1.10.17 dahingehend geändert worden, dass auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten können. Die sog ›Ehe für alle‹ hat auch zu Änderungen des § 1309 geführt.
B. Lebenszeitehe.
Rn 3
Das Gesetz geht trotz der durch die Einführung der Zerrüttungsvermutungen erleichterte Auflösung der Ehe von einem auf Lebenszeit angelegten Bund aus, was aber der Rechtsgültigkeit von Zweckehen, in denen wenigstens ein Ehegatte neben der ehelichen Lebensgemeinschaft auch andere Zwecke, zB den Erwerb einer Aufenthaltserlaubnis erstrebt, nicht entgegensteht (Staud/Voppel Rz 13).
Rn 4
Der Standesbeamte hat seine Mitwirkung zu verweigern, wenn die Eheleute sich bei der Eheschließung darüber einig sind, dass sie keine eheliche Lebensgemeinschaft wollen (§§ 1310 I 2, 1314 II Nr 5). Ist es gleichwohl zu einer derartigen Scheinehe gekommen, ist diese zwar wirksam, aber aufhebbar.
C. Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft.
I. Pflicht zur häuslichen Gemeinschaft.
Rn 5
Mit der Eheschließung begründen die Ehegatten die Pflicht, in häuslicher Gemeinschaft zusammenzuleben, sofern die Lebensverhältnisse dem nicht entgegenstehen (Staud/Voppel Rz 70). Die eheliche Lebensgemeinschaft setzt zwar nicht zwingend einen räumlichen Ehemittelpunkt voraus (BGH FamRZ 80, 127), doch verbietet sie es den Ehegatten, ohne Notwendigkeit einen Wohnsitzwechsel vorzunehmen, sofern durch diesen die Gemeinschaft zerstört wird (Staud/Voppel Rz 70).
Rn 6
Aus der Pflicht zur häuslichen Gemeinschaft folgt, unabhängig von Eigentumsverhältnissen oder Güterstand, das Recht zur Mitbenutzung von Hausrat und Wohnung (Celle FamRZ 23, 39; Bremen FamRZ 21, 665). Dadurch wird Mitbesitz an diesen begründet, der Besitzschutzansprüche nach § 866 oder ggf Ansprüche nach §§ 823, 1004, 1007 auslösen kann (Staud/Voppel Rz 106).
II. Pflicht zur Geschlechtsgemeinschaft.
Rn 7
Eheleute sind einander entspr den jeweiligen individuellen Verhältnissen, dem Alter, der gesundheitlichen und psychischen Disposition der Ehegatten zur Geschlechtsgemeinschaft verpflichtet (BGH FamRZ 67, 210; Schlesw FamRZ 93, 48), die aber nicht Gegenstand eines Herstellungsantrages sein kann (§ 120 III FamFG).
Rn 8
Die einseitige Weigerung zu Zeugung oder Empfängnis von Kindern stellt nach hM eine Verletzung der Ehepflicht dann dar, wenn dem sich weigernden Ehegatten keine schutzwürdigen Belange zur Seite stehen (Staud/Voppel Rz 39, Soergel/Lipp Rz 42). Maßnahmen der Familienplanung sollten nur gemeinsam getroffen werden, doch ist weder die Abrede zum Gebrauch empfängnisverhütender Mittel noch zu deren Absetzung justiziabel (Staud/Voppel Rz 41). Jeder Ehegatte kann sich von der einmal getroffenen Abrede jederzeit wieder lossagen (BGH FamRZ 01, 541).
Rn 9
Die Sterilisation bedarf der Zustimmung des Ehegatten (MüKo/Roth Rz 42; Staud/Voppel Rz 42), zu der dieser jedoch bei medizinischer Indikation verpflichtet ist.
III. Pflicht zur Haushaltsführung und Funktionsteilung.
Rn 10
Das Recht und die Pflicht zur Haushaltsführung und Betreuung gemeinsamer oder einvernehmlich im Haushalt aufgenommener Kinder folgt nicht mehr aus einem gesetzlichen Leitbild der Ehe, sondern ist dem gegenseitigen Einvernehmen der Eheleute übertragen (§ 1356 I, 1618a). Fehlt es an einer Einigung, so folgt die Pflicht zur anteiligen Haushaltsführung und Mitwirkung beider Ehegatten in angemessenem Umfang aus § 1353 I (MüKo/Roth Rz 27; BGH JZ 60, 371 [BGH 10.11.1959 - VI ZR 201/58]).
Rn 11
Die Befugnis zur einvernehmlichen Regelung der Haushaltsführung und Kinderbetreuung ist durch die ›Hausmanns Rspr‹ eingeschränkt, nach der Ehegatten, die Dritten Unterhalt schulden, bei der zu treffenden Rollenwahl auch die Interessen der außerhalb der Ehe stehenden gleichrangigen Unterhaltsschuldner zu berücksichtigen haben (BGH FamRZ 06, 1827).
D. Die Verantwortungsgemeinschaft.
I. Gefahrenabwehr und Hilfe in Notfällen.
Rn 12
Über die jeden treffende und strafbewehrte (§ 323 StGB) Pflicht zur Hilfeleistung hinaus, trifft die Ehegatten die Pflicht, dem jeweils anderen drohende Gefahren abzuwehren, soweit ihm die...