I. Ehe.
Rn 3
Die Möglichkeit der Verpflichtung auch des anderen Ehegatten besteht nur innerhalb einer wirksamen Ehe, also nicht in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, noch nicht während der Verlobungszeit und nicht mehr nach dem Ehezeitende, wobei es auf den Güterstand nicht ankommt (München NJW 72, 542 [OLG München 25.08.1971 - 12 U 1671/71]).
II. Kein Getrenntleben, III.
Rn 4
Nach III gilt die Regelung nicht, wenn die Eheleute getrennt leben. Die Möglichkeit, den anderen mit zu verpflichten, setzt also die Führung eines gemeinsamen Haushalts voraus. Wegen des Trennungsbegriffs kann auf § 1567 verwiesen werden, so dass auch das Getrenntleben innerhalb der Ehewohnung die Verpflichtungsmöglichkeit entfallen lässt (Staud/Voppel Rz 100 mwN). Haben die Eheleute von Anfang an keinen gemeinsamen Hausstand, treten die Wirkungen des § 1357 überhaupt nicht erst ein (BGH NJW 91, 2958 [BGH 15.05.1991 - VIII ZR 212/90] bei Energielieferungsvertrag).
Rn 5
Entscheidend für die Wirkungen der Norm ist allein das Zusammen- bzw Getrenntleben zum Zeitpunkt des Geschäftes. Wird das Getrenntleben beendet und wieder ein gemeinsamer Haushalt begründet, so erfolgt keine Rückwirkung auf während der Trennung geschlossene Geschäfte. Eine erst nach Abschluss des Geschäftes erfolgte Trennung beseitigt umgekehrt die zuvor eingetretenen Rechtswirkungen nicht, auch nicht bei Dauerschuldverhältnissen (hM: BGH FamRZ 13, 1199). Das Vertrauen auf die Verpflichtungsbefugnis ist nicht geschützt (LG Tübingen FamRZ 84, 50; Dörr NJW 89, 813).
III. Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie.
Rn 6
Geschäfte iSd Norm sind Rechtsgeschäfte, die nach ihrer Art objektiv der Deckung des privaten Lebensbedarfs dienen, also einen Bezug zur familiären Konsumgemeinschaft aufweisen, womit an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iRd §§ 1360, 1360a angeknüpft wird (Bremen FamRZ 10, 1080), soweit sie nach außen in Erscheinung tritt. Übersteigt das Erscheinungsbild die tatsächliche Leistungsfähigkeit, so erhöht das den Umfang der möglichen Mitverpflichtung (BGH FamRZ 18, 673). Geschäfte im Berufs- oder Erwerbsbereich fallen unabhängig von Art und Umfang der Tätigkeit nicht darunter (Ddorf OLGR 07, 302 für gewerbliche Mietverhältnisse). Dass ein Ehegatte ausdrücklich im Namen des anderen auftritt, steht der Mithaftung nicht zwingend entgegen (BGH aaO).
Rn 7
Auch dann, wenn es sich um Geschäfte zur Deckung des privaten Lebensbedarfs der Familie handelt, kommt eine Mitverpflichtung des Ehegatten nur bei Angemessenheit in Betracht. Diese liegt vor, wenn nach Art und Umfang des Geschäfts eine vorherige Abstimmung der Ehegatten nicht notwendig oder üblich erscheint und idR auch nicht stattfindet (Köln FamRZ 91, 434; Frankf FamRZ 83, 913). Sie fehlt dagegen, wenn die Geschäfte ohne Schwierigkeit zurückgestellt werden können, größeren Umfang aufweisen und eine vorherige Vereinbarung angezeigt ist (MüKo/Roth Rz 20). Maßgebend ist der äußere Zuschnitt des Haushalts, der individuelle, äußerlich erkennbare Lebensstil (BGH FamRZ 85, 576; Celle FamRZ 23, 1270), wobei hilfsweise auf die bei Familien in vergleichbarer sozialer Lage üblichen Verbrauchsgewohnheiten abzustellen ist (BGH aaO).
Rn 8
Von der Norm erfasst sind: Kauf von Lebensmitteln und notwendiger Kleidung (RGZ 61, 78), Kauf von Haushaltsgeräten, Hausrat und hierauf bezogene Reparaturaufträge, Kauf von Spielzeug, Schulbedarf und Geschenken in angemessenem Umfang (LG Stuttgart MDR 67, 45), Verträge mit Telefon- und Kommunikationsgesellschaften (LG Stuttgart FamRZ 01, 1610), betreffend Energieversorgung (BGH FamRZ 13, 1199) und Heizmaterial, Beauftragung von Handwerkern für Reparaturarbeiten in der Ehewohnung (Ddorf NJW-RR 01, 1084) sowie Tierarzt für Haustiere (AG Kerpen FamRZ 89, 619), Anstellung und Kündigung der Haushaltshilfe, Beauftragung eines Rechtsanwalts dann, wenn es um die Abwehr von Ansprüchen geht, die sich gegen die Erhaltung des gemeinsames Heimes richten (Ddorf FamRZ 11, 35; KG ZMR 06, 207). Unerheblich ist, ob es sich um Fernabsatz- oder Haustürgeschäfte handelt (Staud/Voppel Rz 72).
Rn 9
Zurückhaltung ist bei der Buchung von Urlaubsreisen geboten, weil diese typischerweise abgesprochen werden (Köln FamRZ 91, 434; LG Hamburg NJW 02, 1055). Eine Verpflichtung wird nur dann angenommen werden können, wenn die Buchungen im Einzelfall tatsächlich üblicherweise von einem Ehegatten allein vorgenommen werden. Str Beauftragung eines Wohnraummaklers (zust. LG Darmstadt NJW-RR 05, 1583; abl Oldbg FamRZ 11, 37 bei Provision von 15.000 EUR). Abschluss und Kündigung eines Versicherungsvertrags fallen dann unter § 1357, wenn die Versicherung einen Bezug zum Lebensbedarf der Familie hat (BGH FamRZ 18, 673 bei Vollkaskoversicherung für das Familienauto; abl Hamm RuS 23, 662 für Teilkaskoversicherung für Wohnmobil). Abschluss einer Hausratsversicherung allein durch die Ehefrau führt nicht zur Stellung des Ehemannes als Mitversicherungsnehmer, wenn bei Vertragsschluss allein die Ehefrau aufgetreten ist und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass der Ehemann nach deren Willen ebenfalls Versicherungsnehme...