I. Eheliche Lebensgemeinschaft.
Rn 7
Sie beginnt mit Eheschließung (§ 1310) und endet mit Trennung der Ehegatten (§ 1567 I) oder Tod eines Ehegatten; nach Scheidung gelten §§ 1596 ff. Nehmen die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft (§ 1353) nach Trennung wieder auf, tritt der Unterhaltsanspruch des § 1360 wieder an die Stelle des Unterhaltsanspruchs nach § 1361 (Hamm FamRZ 11, 1234). Allein die räumliche Trennung oder die Aufnahme eines Ehegatten in einem Pflegeheim (BGH FamRZ 20, 918; 16, 1142; Kobl FamRZ 21, 1019; Celle FamRZ 16, 824; Köln FamRZ 10, 2076) schließen die eheliche Lebensgemeinschaft nicht aus, etwa bei auswärtiger Arbeit eines Ehegatten oder Strafhaft. Andererseits können Ehegatten auch getrennt in derselben Wohnung (§ 1567 I 2) leben. Entscheidend ist, ob sie an der Ehe festhalten und entspr der von ihnen selbst gesetzten Ordnung und der von ihnen vereinbarten Aufgabenverteilung leben (intakte eheliche Lebensgemeinschaft). Haben Ehegatten von vornherein keine Lebensgemeinschaft geplant oder eine ursprünglich geplante Lebensgemeinschaft später nicht realisiert, besteht kein Anspruch auf Familienunterhalt.
II. Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit.
Rn 8
Der Anspruch auf Familienunterhalt dient der Deckung des Bedarfs der gesamten Familie, nicht nur eines Ehegatten. Die Bedürftigkeit eines Ehegatten ist nicht Anspruchsvoraussetzung (BGH FamRZ 66, 138). Die Bedürftigkeit einzelner Familienmitglieder (etwa Pflegebedürftigkeit) kann sich allerdings auf den Umfang des angemessenen Familienunterhalts auswirken (BGH FamRZ 20, 916; 93, 411; Kobl FamRZ 21, 1019).
Rn 9
Der Anspruch auf Familienunterhalt setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Ehegatte in der Lage ist, durch Erwerbstätigkeit und/oder aus seinem Vermögen oder durch Haushaltsführung zum Familienunterhalt beizutragen (Leistungsfähigkeit). Nicht maßgeblich sind die Selbstbehaltsätze nach den Leitlinien der OLGe, es sei denn der Familienunterhalt ist zu monetarisieren (vgl Rn 2). Sodann ist der eheangemessene Selbstbehalt für Nichterwerbstätige zugrunde zu legen (BGH FamRZ 09, 357).
Bei der Bemessung des Familienunterhalts ist auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute abzustellen (BGH FamRZ 92, 291). Gleich, ob der zum Elternunterhalt Verpflichtete über höhere oder geringere Einkünfte verfügt als sein Ehegatte, ist seine Leistungsfähigkeit auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln (BGH FamRZ 14, 636). Was die Ehegatten für ihren Familienunterhalt benötigen, muss nach den im Einzelfall maßgebenden Verhältnissen bestimmt werden, insb unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensstellung, des Einkommens, Vermögens und sozialen Rangs (BGH FamRZ 13, 363). Als Orientierungshilfe können die ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578) dienen (BGH FamRZ 13, 363). Unzulässig ist es, generell auf Mindestselbstbehaltssätze für die Beteiligten abzustellen (Nürnbg FamRZ 09, 768) (zum Maß des Unterhalts vgl iE § 1360a Rn 2). Zur Berechnung des Familienunterhalts bei niedrigerem Einkommen des Unterhaltspflichtigen vgl BGH FamRZ 04, 366 und Wendl/Bömelburg § 3 Rz 112.
Eine Verpflichtung zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens besteht nicht (BGH NJW 08, 851 [BGH 12.12.2007 - XII ZR 23/06]). Der Stamm des Vermögens muss nur ausnahmsweise angegriffen werden, wenn die laufenden Einkünfte auch bei sparsamer Lebensführung nicht ausreichen. Der Einsatz des Vermögens ist nicht geboten, wenn die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig ist (BGH FamRZ 00, 153). Sozialleistungen, die für Körper- oder Gesundheitsschäden gewährt werden, gehören zum Familieneinkommen, soweit der Berechtigte daraus keinen Mehrbedarf befriedigen muss. Die Vermutung des § 1610a gilt nicht beim Familienunterhalt (Ddorf NJW 02, 1353 [OLG Düsseldorf 21.08.2001 - 1 UF 63/01]). Auch Elterngeld oder Pflegegeld müssen für den Familienunterhalt grds eingesetzt werden. Durch Schulden mindert sich das für Familienunterhalt verfügbare Einkommen, gleichgültig ob sie vor oder während der Ehe entstanden sind (zu Einzelheiten vgl vor § 1577 Rn 1 ff).
Rn 10
Bei Leistungsunfähigkeit eines Ehegatten können Verwandte unter den Voraussetzungen der §§ 1601 ff, 1608 in Anspruch genommen werden. Leisten Dritte den Familienunterhalt, können sie den pflichtigen Ehegatten im Wege der Ausfall- oder Ersatzhaftung (§ 1607) in Anspruch nehmen (Köln FamRZ 10, 2076).
III. Leistungspflichten und Aufgabenverteilung.
Rn 11
Jeder Ehegatte hat für den angemessenen Unterhalt der Familie seine Arbeitskraft (Nürnbg FamRZ 08, 788) und ggf sein Vermögen einzusetzen (zu Einschränkungen vgl Rn 9). Auf welche Weise jeder Ehegatte die ihm obliegende Unterhaltsverpflichtung zu erfüllen hat, hängt im Wesentlichen von der Aufgabenverteilung in der Ehe ab (BGH FamRZ 11, 21). Der Gesetzgeber hat auf ein Leitbild bewusst verzichtet (BTDrs 7/650 S 100: ›Leitbild der individuellen Lebensgemeinschaft‹). Die Rollenverteilung können Ehegatten untereinander weitgehend frei, auch formfrei vereinbaren (BVerfG FamRZ 04, 1949; BGH FamRZ 07, 1081).
Rn...