Rn 11
Jeder Ehegatte hat für den angemessenen Unterhalt der Familie seine Arbeitskraft (Nürnbg FamRZ 08, 788) und ggf sein Vermögen einzusetzen (zu Einschränkungen vgl Rn 9). Auf welche Weise jeder Ehegatte die ihm obliegende Unterhaltsverpflichtung zu erfüllen hat, hängt im Wesentlichen von der Aufgabenverteilung in der Ehe ab (BGH FamRZ 11, 21). Der Gesetzgeber hat auf ein Leitbild bewusst verzichtet (BTDrs 7/650 S 100: ›Leitbild der individuellen Lebensgemeinschaft‹). Die Rollenverteilung können Ehegatten untereinander weitgehend frei, auch formfrei vereinbaren (BVerfG FamRZ 04, 1949; BGH FamRZ 07, 1081).
Rn 11a
Den Ehegatten steht es frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entscheiden können, beide einen Beruf ganz oder tw auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung zu teilen oder diese durch Dritte ausführen zu lassen. Da den Ehegatten insofern gleiches Recht und gleiche Verantwortung für die Ausgestaltung ihres Ehe- und Familienlebens zukommt, sind auch Leistungen, die sie iRd vereinbarten Arbeits- und Aufgabenverteilung erbringen, als gleichwertig anzusehen. Mit Rücksicht darauf haben sie auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten, soweit dies den ehelichen Lebensstandard prägt (BGH FamRZ 07, 1081; 04, 366). Die Dispositionsfreiheit darf jedoch nicht zu Lasten minderjähriger oder privilegiert volljähriger Kinder oder eines vorrangigen Ehegatten gehen (BGH FamRZ 96, 796). Der von dem einzelnen Ehegatten für den Familienunterhalt zu leistende Anteil bestimmt sich nach den beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen (Proportionalitätsgrundsatz, BGH FamRZ 85, 576 [BGH 13.02.1985 - IVb ZR 72/83]). Je nach Arbeitskraft und Vermögen des jeweiligen Ehegatten kann die Höhe des jeweiligen Beitrages zum Familienunterhalt unterschiedlich hoch sein. Erbringt ein Ehegatte die Unterhaltspflicht durch Haushaltsführung, stellt § 1316 2 die Proportionalität her.
Übersicht zu den Unterhaltsbeiträgen:
- Vermögenserträge
- Vermögensverwertungsobliegenheit: § 1360 beschränkt die Eheleute nicht auf den Einsatz von Erträgen
- Erwerbstätigkeit: Der Familienunterhalt ist, sofern anderweitige Einkünfte nicht vorhanden sind, durch Einkünfte aus Erwerbstätigkeit aufzubringen.
- Haushaltsführung: § 1360 2 stellt die Haushaltsführung als Beitrag zum Familienunterhalt den Einkünften aus Erwerbstätigkeit oder Vermögen gleich (BGH NJW 99, 557 [BVerfG 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91]).
Rn 12
In der Haushaltsführungsehe führt einer der Ehegatten den Haushalt und betreut ggf Kinder, während der verdienende Ehegatte durch Erwerbstätigkeit die für den Unterhalt der Familie erforderlichen Geldmittel aufbringt. Kein Ehegatte darf sich allerdings stringent auf seinen Pflichtenkreis zurückziehen. So ist auch der erwerbstätige Ehegatte nach § 1353 I 2 beistandspflichtig, etwa zur Mithilfe im Haushalt oder über § 1626 I 2 verpflichtet, sich um die Kindererziehung (mit) zu kümmern. Auch der Haushalt führende Ehegatte darf sich iRd Gegenseitigkeitsverhältnisses nicht immer auf seinen häuslichen Pflichtenkreis beschränken. Die Vereinbarung, dass allein ein Ehegatte den Haushalt führen soll, bedarf der Korrektur, wenn sie nicht mehr dem Willen beider Ehegatten entspricht oder wenn das Erwerbseinkommen des einen Ehegatten und die etwaigen Vermögenserträge im Falle einer Notlage für den Unterhalt nicht mehr ausreichen.
Rn 13
In der Doppelverdienerehe sind beide Eheleute erwerbstätig. Jeder Ehegatte ist entspr seinem Einkommen am Familienunterhalt beteiligt (§ 1606 III 1 analog, vgl BGH FamRZ 04, 366). Der Anteil wird dadurch berechnet, dass der finanzielle Bedarf der Familie mit dem vergleichbaren Nettoeinkommen jedes Ehegatten multipliziert und durch die Summe der vergleichbaren Nettoeinkommen beider Ehegatten geteilt wird. Mehrverdienst, der nicht anteilig für den Familienunterhalt benötigt wird, darf für persönliche Zwecke oder Vermögensbildung verwendet werden.
Rn 14
In der Zuverdienstehe ist ein Ehegatte voll erwerbstätig, während der andere die Haushaltsführung übernommen hat, jedoch durch Nebentätigkeit einen Zuverdienst erzielt. Eine Beteiligung am Unterhalt erfolgt im Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte, es sei denn, der Zuverdienst soll lediglich ein Taschengeld sichern (BGH FamRZ 99, 608). Kommt der vollschichtig erwerbstätige Ehegatte seinen Pflichten nicht nach oder reicht das Einkommen des vollverdienenden Ehegatten für eine angemessene Lebenshaltung nicht aus, muss sich der Zuverdiener mit seinem Zuverdienst anteilig am Familienunterhalt beteiligen.
Rn 15
Eheleute führen eine Nichterwerbstätigenehe, wenn keiner der beiden Ehegatten erwerbstätig ist, sondern beide Eheleute von eigenen und/oder fremden Versorgungen, von öffentlichen Leistungen und/oder von Vermögenserträgen leben. Beide Ehegatten sind sodann verpflichtet, den Haushalt gemeinsam zu führen und entspr ihren Einkünften zum Familienu...