Gesetzestext
Leistet ein Ehegatte zum Unterhalt der Familie einen höheren Beitrag als ihm obliegt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er nicht beabsichtigt, von dem anderen Ehegatten Ersatz zu verlangen.
A. Grundlagen.
Rn 1
Ein Ehegatte, der für den Unterhalt freiwillig mehr geleistet hat, als es seiner Verpflichtung entsprach, kann die zu viel geleisteten Beträge im Zweifel nicht zurückverlangen (BGH FamRZ 84, 767). Bei freiwilliger Mehrleistung entspricht ein Ersatzverzicht der Lebenserfahrung. Ferner soll die Ausschaltung gegenseitiger Erstattungsansprüche dem Ehefrieden dienen (Hamm BeckRS 20, 48424). Bei fehlendem Rückforderungswillen sind weder Ansprüche nach §§ 677 ff noch nach §§ 812 ff gegeben (BGHZ 50, 270), auch keine Schenkung, die widerruflich wäre (§ 530), aber Anrechnung als Zuwendung gem § 1380 möglich (BGH NJW 83, 1113; Grüneberg/von Pückler § 1360b Rz 2). Eheleute wirtschaften nach der Lebenserfahrung gemeinsam, so dass von einem Verzicht auf Ersatzansprüche auszugehen ist (grundl BGH FamRZ 02, 730). Unerheblich ist, ob es sich um laufende Unterhaltsleistungen oder einmalige Zahlung handelt, ob sie aus laufenden Einkünften oder aus dem Vermögen (BGH FamRZ 83, 351) bestritten werden. Erfasst werden auch Leistungen eines Ehegatten iRd Haushaltsführung oder Kindesbetreuung sowie Dienste, die Ehegatten über den eigentlichen Unterhalt einander leisten (BGH FamRZ 92, 300), etwa überobligationsmäßige Pflegeleistungen (BGH FamRZ 95, 537). § 1360b gilt auch für den Trennungsunterhalt (§ 1361 IV 4), nicht beim nachehelichen Unterhalt (Celle NJW 74, 504; Wohlfahrt FamRZ 01, 1185). Eine nach § 1360b nicht zu erstattende Leistung kann jedoch als Vorausempfang nach § 1380 anrechenbar sein (BGH FamRZ 83, 351 [BGH 24.02.1983 - IX ZR 42/82]).
B. Abgrenzung zu anderen Leistungen.
Rn 2
Nicht unter § 1360b fallen Leistungen, die keine Unterhaltsleistungen darstellen, etwa Aufwendungen zur Vermögensbildung. Haften Ehegatten als Gesamtschuldner, ohne dass die zu tilgende Schuld der Deckung des Familienunterhalts dient, greift § 1360b nicht. Grds besteht im Innenverhältnis zwischen den Eheleuten eine Ausgleichspflicht, nach der jeder Ehegatte die Hälfte der Schulden tragen muss. In der intakten Ehe begründen Eheleute aber durch ihre eheliche Lebensgestaltung eine abw Handhabung iSd § 426 I Hs 2. Will sich ein Ehegatte die Rückforderung von Mehrleistungen für den Fall der Trennung vorbehalten, muss er dies zum Ausdruck bringen (BGH FamRZ 02, 739). Die Auslegungsregel gilt auch für überobligatorische Leistungen, für die keine laufende Vergütungspflicht besteht (BGH NJW 95, 1486 [BGH 22.02.1995 - XII ZR 80/94]). Bei Mitarbeit im Erwerbsgeschäft des anderen Ehegatten ist zu berücksichtigen, dass eine derartige Tätigkeit regelmäßig schon keine Unterhaltsleistung darstellt und (Vergütungs-)Ansprüche entweder aus Vertrag, Ehegatteninnengesellschaft oder ausnahmsweise nach § 313 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen. Nur für den Ausnahmefall, in dem unterhaltsrechtlich eine Mitarbeit geschuldet wird, ein Ehegatte aber mehr mitarbeitet als er unterhaltsrechtlich schuldet, greift § 1360b mit der Folge, dass er Ersatz für die Mehrleistung im Zweifel nicht verlangen kann.
C. Vermutung.
Rn 3
Nach § 1360b wird vermutet, dass ein Ehegatte im Zweifel nicht beabsichtigt, von dem anderen Ehegatten Ersatz zu verlangen. Diese Regelung entspricht § 685 II, der im Verhältnis Eltern-Kind und umgekehrt dieselbe Bestimmung trifft. Diese Vermutung ist widerlegbar, wenn der Unterhaltsschuldner nachweist, dass er mehr als den geschuldeten Unterhalt geleistet hat und dass zum Zeitpunkt der Unterhaltsleistung (BGHZ 50, 266; Hamm BeckRS 20, 48424) ein Ersatzverlangen beabsichtigt war. Das Ersatzverlangen kann sich auch aus den Umständen ergeben.
D. Darlegungs- und Beweislast.
Rn 4
Der Ersatz begehrende Ehegatte hat darzulegen und ggf zu beweisen, dass er höheren Unterhalt geleistet hat als ihm obliegt, dass im Zeitpunkt der Leistung Ersatz beabsichtigt war und dass diese Absicht dem anderen Ehegatten von vornherein oder den Umständen nach bekannt war (Karlsr FamRZ 90, 744).