Rn 12
Der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden Ehegatten richtet sich nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen (BGH FamRZ 90, 280). Dieser in § 1361 I normierte Begriff der ›ehelichen Lebensverhältnisse‹ ist identisch mit dem Maßstab für den nachehelichen Unterhalt (BGH FamRZ 16, 199; vgl iE § 1578 Rdn 2). Die ehelichen Lebensverhältnisse markieren die Obergrenze des Lebenszuschnitts. Nach der Trennung soll der Ehegatte nicht besser gestellt sein als während des Zusammenlebens. Die ehelichen Lebensverhältnisse können geprägt sein durch finanzielle, berufliche, aber auch gesundheitliche oder familiäre Faktoren. Die ehelichen Lebensverhältnisse werden (nur) aufgrund des tatsächlich erzielten Familieneinkommens bzw sonstiger Faktoren bestimmt, soweit hierdurch der gemeinsame Lebensstandard beider Ehegatten nachhaltig geprägt war (BGH FamRZ 82, 360). Eine Hinzurechnung nur gedachter wirtschaftlicher Verhältnisse verbietet sich (BGH FamRZ 97, 281). Trennungsbedingter Mehrbedarf ist nicht in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegt und kann regelmäßig nicht neben dem nach der Differenz- oder Additionsmethode ermittelten Quotenbedarf berücksichtigt werden (BGH FamRZ 04, 1357). Diese individuelle Bedarfsermittlung wird dahin modifiziert, dass eine extrem sparsame Wirtschafts- und/oder Lebensführung (Hamm FamRZ 93, 1089), aber auch eine verschwenderische Lebensführung (Ddorf FamRZ 96, 1418), zurückgeführt werden auf einen objektivierten Maßstab (BGH NJW 97, 735) einer vernünftigen Lebensführung. Einkommensteile, die nicht der Bedarfsdeckung, sondern der Vermögensbildung gedient haben, sind bei der Unterhaltsbemessung nicht zu berücksichtigen.
Rn 13
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bedarfsbemessung beim Trennungsunterhalt sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung. Auch Veränderungen nach Trennung beeinflussen grds die ehelichen Lebensverhältnisse, es sei denn, sie beruhen auf einer unerwarteten und vom Normalverlauf erheblich abw Entwicklung. Sofern nach der Trennung eintretende Veränderungen lediglich Umstände in den ehelichen Lebensverhältnissen surrogieren (etwa Erwerbseinkommen nach Haushaltsführung/Kinderbetreuung oder Haushaltsführung für einen neuen Partner, vgl (BGH FamRZ 04, 1170; 04, 1173), prägen sie die ehelichen Lebensverhältnisse.
Rn 14
Trennungsunterhalt umfasst den gesamten regelmäßigen Lebensbedarf des bedürftigen Ehegatten. Hierzu zählen im Wesentlichen die Aufwendungen für Wohnung, Verpflegung, Kleidung, Freizeitgestaltung, Erholung sowie für sonstige persönliche und gesellschaftliche Bedürfnisse. Die zur Deckung solcher regelmäßigen Aufwendungen erforderlichen Mittel beinhalten den Elementarunterhalt (§ 1361 I 1).
Rn 15
Nach § 1361 I 2 kann der getrennt lebende Ehegatte ab Rechtshängigkeit eines Ehescheidungsantrags auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie einer verminderten Erwerbsfähigkeit (Vorsorgeunterhalt) verlangen. Diese § 1578 III entsprechende Regelung soll eine Lücke in der Sozialbiografie des nicht erwerbstätigen Ehegatten schließen, weil die Ehegatten mit Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrags nach § 3 I VersAusglG nicht mehr an dem Versorgungserwerb des anderen teilnehmen. Altersvorsorgeunterhalt gehört ab Beginn des Monats, in dem der Scheidungsantrag rechtshängig wird, gem § 1361 I 2 zum Lebensbedarf iRd Trennungsunterhalts. Dabei sind Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt nicht Gegenstand eigenständiger Ansprüche, sondern lediglich eines einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs (BGH FamRZ 07, 93). Weil ein Anspruch auf Trennungsunterhalt für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens regelmäßig auch einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt beinhaltet, kann ein nicht geltend gemachter Vorsorgeunterhalt nur nachgefordert werden, wenn auch die Abänderungsvoraussetzungen in Bezug auf ein vormals ergangenes Urt/einen vormals ergangenen Beschl vorliegen (Ddorf FamRZ 10, 73) oder der Berechtigte seine spätere Geltendmachung ausdr oder zumindest eindeutig erkennbar vorbehalten hat (BGH FamRZ 15, 309). Die bloße unterbliebene Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt im Erstverfahren kann dagegen für sich genommen nicht die Annahme eines Nachforderungsvorbehalts begründen (BGH FamRZ 15, 309). Anders als beim nachehelichen Unterhalt kann Altersvorsorgeunterhalt für die Vergangenheit auch verlangt werden, wenn sich das Auskunftsverlangen nicht ausdr auf diesen Teilanspruch bezogen hat. Eine allgemeine Stufenmahnung wegen Unterhalts reicht aus (BGH FamRZ 07, 93). Anders als beim nachehelichen Unterhalt kann Altersvorsorgeunterhalt auch iRd Ausbildungsunterhalts während der Trennungszeit verlangt werden (BGH FamRZ 88, 1145).
Rn 15a
Der Vorsorgeunterhalt (eingehend Götsche FuR 22, 294) entspricht regelmäßig dem vollen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung. Zusätzlich billigt der BGH einen Zuschlag von 4 % für eine zusätzlic...