Gesetzestext
(1) 1Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. 2Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.
(4) 1Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. 2Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. 3Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. 4§ 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
A. Grundlagen.
Rn 1
An die Stelle des Familienunterhalts tritt nach Herbeiführung der Trennung im rechtlichen Sinne der individuelle Unterhaltsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen (Nichtidentität von Familien- und Trennungsunterhalt) (BGH FamRZ 99, 1497). Der Trennungsunterhalt ist auch nicht identisch mit dem Geschiedenenunterhalt (BGH FamRZ 85, 908). Leben Ehegatten nach einer Zeit der Trennung wieder zusammen, muss bei erneuter Trennung ein neuer Titel erwirkt werden, sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist (Karlsr FamRZ 03, 1104; vgl auch Hamm NJW-RR 11, 1015).
Der Trennungsunterhaltsanspruch legitimiert sich damit, dass trotz Trennung das Eheband noch besteht und jedenfalls in der Anfangsphase des Getrenntlebens nicht voraussehbar ist, ob die Ehe geschieden wird oder ob es zur Versöhnung kommt. Der wirtschaftlich schwächere Ehegatte soll im Vertrauen auf den Fortbestand der gemeinsamen Lebensplanung grds vor nachteiligen Veränderungen der Verhältnisse geschützt werden. Dies rechtfertigt für eine gewisse Zeit die Perpetuierung der ehelichen Lebensverhältnisse (BGH FamRZ 99, 1497). Bis zum Ende des ersten Trennungsjahres besteht regelmäßig keine Erwerbsobliegenheit (BGH FamRZ 08, 963; Saarbr FamRZ 22, 1363). Etwas anderes kann bei besonderen Umständen, etwa sehr kurzem ehelichen Zusammenleben, Kinderlosigkeit oder geringem Lebensalter des Bedürftigen gelten (Ddorf BeckRS 21, 53837) oder längerem Getrenntleben gelten (Hamm FamRZ 23, 195: vollschichtige Erwerbsobliegenheit nach vierjähriger Trennung).
Aufgrund der erhöhten Eigenverantwortung der unterhaltsberechtigten Ehegatten können bei langer Trennungsdauer ohne Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft, erst recht, wenn ein Ehescheidungsverfahren bereits rechtshängig ist, auch schon beim Trennungsunterhalt die strengeren Maßstäbe hinsichtlich der Erwerbsobliegenheit herangezogen werden, wie sie beim nachehelichen Unterhalt gelten (BGH FamRZ 12, 2090; 12, 1201).
Konsequenzen der Nichtidentität von Familien-, Trennungs- und Geschiedenenunterhalt:
- Die Ansprüche müssen für die einzelnen Zeiträume neu geltend gemacht und tituliert werden (vgl Hamm FamRZ 98, 1275). Etwas anderes galt bei einstweiligen Anordnungen nach § 620 Nr 6 ZPO, die auch über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung hinaus und bis zu einer anderweitigen Regelung wirksam blieben (§ 620 f ZPO aF). Das Gleiche wird man für einstweilige Anordnungen nach § 246 FamFG annehmen müssen (aber str, zum Meinungsstand vgl Wendl/Dose/Bömelburg, UnterhaltsR, § 4 Rz 7).
- Auskunftsansprüche sind für die verschiedenen Zeiträume gesondert geltend zu machen. Die Zeitschranke des § 1605 Abs 2 gilt nicht.
- Die Vollstreckung aus einem Titel wegen Familienunterhalt ist nach Herbeiführung der Trennung unzulässig. Der Verpflichtete kann sich gegen eine Vollstreckung mit einem Vollstreckungsabwehrantrag wehren. Nach erneutem Zusammenleben kann aus einer Entscheidung über Trennungsunterhalt nicht mehr vollstreckt werden (Köln FPR 03, 129 [OLG Köln 28.06.2002 - 25 WF 159/02]).
- Eine während der Trennungszeit geschlossene Vereinbarung gilt, sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist (BGH FamRZ 85, 908), nicht für die Zeit nach der Scheidung.
- Eine Weiterzahlung des Trennungsunterhalts nach Rechtskraft der Scheidung lässt nicht ohne Weiteres auf einen Rechtsbindungswillen zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt schließen (Hamm FamRZ 98, 1520).
- Vor Rechtskraft der Scheidung kann der nacheheliche Unterhalt, nicht jedoch der Trennungsunterhalt, als Folgesache im Verbund anhängig gemacht werden.
Durch das Getrenntleben der Ehegatten wird das eheliche Pflichtenverhältnis veränd...