I. Verfahren.
Rn 32
Das Verfahren kann nicht als Folgesache geführt werden, weil die Norm nur die Möglichkeit einer vorläufigen Regelung bis zur Rechtskraft der Ehescheidung gibt. Es richtet sich nach §§ 200 ff, nicht nach § 266 FamFG (Frankf FamRZ 22, 1274). Eine Verbindung mit einem Verfahren nach § 1 GewSchG ist dagegen möglich (Nürnbg FamRZ 21, 1799). Eine Beteiligung Dritter kommt nicht in Betracht, doch kann es geboten sein, die in der Wohnung lebenden Kinder anzuhören. Mit der Wohnungszuweisung können auch Annexentscheidungen getroffen werden (§ 209 I FamFG), wie die Anordnung der Räumung und Herausgabe, die Einräumung einer Räumungsfrist oder Ge- und Verbote zur sachgerechten Nutzungsregelung (Dresd FamRZ 93, 183; Karlsr FamRZ 94, 1185; KG FamRZ 91, 467). Ohne gerichtliche Entscheidung darf der in der Wohnung verbliebene Ehegatte die Möbel des anderen nicht aus der Wohnung entfernen und einlagern (KG FamRZ 17, 1393; vgl oben Rn 24).
Rn 33
Es besteht die Möglichkeit des Erlasses einstweiliger Anordnungen (§§ 49 ff FamFG). Mit der Auflösung der Ehe endet das Getrenntleben, so dass Entscheidungen nach § 1361b unwirksam werden. Die Abänderung richtet sich nach § 48 I FamFG (Stuttg FamRZ 11, 976).
Rn 33a
Der Verfahrenswert bestimmt sich nach § 48 I FamGKG auf 4.000 EUR, auf 2.000 EUR für die einstweilige Anordnung (§ 41 FamGKG). Im Fall des Widerantrages auf Nutzungsentschädigung findet keine Wertaddition statt (Frankf FamRZ 21, 450).
II. Darlegungs- und Beweislast.
Rn 34
Die den Antrag stützenden Umstände sind vom Antragsteller substanziiert darzulegen. Dazu sind die einzelnen die Wohnungszuweisung begründenden Vorfälle nach Zeit, Ort, näheren Umständen und konkreten Folgen genau zu schildern (Schulz/Hauß, Rz 1125). Nicht ausreichend ist der Vortrag, der Antragsgegner habe wiederholt bedroht, misshandelt oder vergewaltigt (Ddorf FamRZ 88, 1058), er habe ständig geschimpft und gedroht (Karlsr FamRZ 91, 1440) oder der antragstellende Ehegatte habe während der Ehe mehrfach Gewalt und Demütigungen erlitten (Brandbg FamRZ 96, 743; Köln FamRZ 94, 632).
Rn 35
Zweifel an dem die Begründetheit des Zuweisungsantrages stützenden Vortrag gehen zu Lasten des Antragstellers. Steht fest, dass es zu einer Gewalttat gekommen ist, ist es Sache des Täters, darzulegen und zu beweisen, dass weitere Verletzungshandlungen von ihm nicht zu befürchten sind (II 2), wobei an die Widerlegung der aus dem Gesetz folgenden Vermutung der Wiederholungsgefahr hohe Anforderungen zu stellen sind (BTDrs 14/5429, 19).
Rn 36
Auch dann, wenn eine Wiederholungsgefahr nicht besteht, ist dem antragstellenden Ehegatten die Wohnung zu belassen, wenn ihm das weitere Zusammenleben allein wegen der Schwere der begangenen Tat nicht zuzumuten ist (II 2, 2. Hs). Der Gesetzgeber hat dabei insb an Fälle schwerer Körperverletzung, Vergewaltigung oder versuchten Totschlags gedacht (BTDrs 14/5429, 31).
III. Konkurrenzen.
Rn 37
Bei eigenmächtiger Änderung der Nutzungsverhältnisse sind Ansprüche aus § 985 ebenso wie solche aus dem Eigentümer – Besitzerverhältnis durch § 1361b ausgeschlossen (BGH FamRZ 17, 22). Anders dann, wenn eine Einigung über die Nutzung als solche erzielt worden ist und darauf gestützt Herausgabe verlangt wird (Celle FamRZ 23, 37). Ein Antrag nach § 985 kann auch nicht in einen Antrag nach § 1361b umgedeutet werden, zumal das Verfahren anderen Grundsätzen folgt (BGH aaO). Auch gegenüber der Regelung des § 745 II geht § 1361b vor (Ddorf FamRZ 19, 779), wobei der sich aus § 749 I ergebende Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft sowie die Möglichkeit einer Teilungsversteigerung durch die Norm nicht grds ausgeschlossen sind (BGH FamRZ 23, 352).
Rn 38
Die Besitzschutzvorschriften sind dagegen nach in der Lit hM anwendbar, wenn der ausgeschlossene Ehegatte nur die Wiedereinräumung seines Mitbesitzes begehrt (Celle FamRZ 23, 39; Staud/Voppel Rz 54; anders: Hambg FamRZ 21, 1278; Frankf NZFam 19, 443; KG FamRZ 20, 831 dann, wenn die Wohnungszuweisung aus Gründen des Kindeswohls geboten ist). Wegen der Sachnähe der Ansprüche zueinander und aus Gründen der Prozessökonomie ist die Zuständigkeit der Familiengerichte aber auch für Besitzschutzansprüche gegeben (Staud/Voppel Rz 54), mindestens dann, wenn der Antragsgegner sein Verhalten damit verteidigt, die Aussperrung sei zum Zweck des Getrenntlebens erfolgt.
Rn 39
Die weitergehende Vorschrift des § 1361b schließt die Anwendung des § 2 GewSchG nicht aus. Anders als § 2 GewSchG gibt § 1361b die unbefristete Möglichkeit der Wohnungsüberlassung. Die Möglichkeiten der Umsetzung der Entscheidungen sind jedoch angeglichen (§§ 209, 216 FamFG).