Gesetzestext
(1) 1Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. 2Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
(2) Entspricht das Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, so kann das Familiengericht auf Antrag des Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Norm schränkt die in § 1364 begründete Freiheit der Ehegatten in der Verwaltung ihrer Vermögen ein und bezweckt die Wahrung der wirtschaftlichen Grundlage der Ehe und der Familiengemeinschaft (BGHZ 35, 135) sowie den Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten (BGH FamRZ 96, 792; FamRZ 87, 909; Schöfer-Liebl, FamRZ 11, 1628, 1629). Die Gesetzesfassung abstrahiert jedoch von diesen Zwecken, so dass die Norm unabhängig davon anwendbar ist, ob der nicht verfügende Ehegatte im Fall künftiger Auflösung der Ehe ausgleichsberechtigt wäre und ob die Verfügung dem Gläubiger wegen Überschuldung des Ehegatten überhaupt zugutekommt (BGH FamRZ 00, 744). Sie gilt auch für Dritte, sofern sie – wie der Stellvertreter – ihre Rechtsmacht vom Ehegatten ableiten (Staud/Thiele Rz 12), nicht jedoch für Amtstreuhänder wie den Insolvenz- (Naumbg FamRZ 18, 1741, LS), Nachlass- oder Zwangsverwalter.
Rn 2
Die Vorschrift wirkt absolut, so dass dem übergangenen Ehegatten neben der Revokationsklage (§ 1368) die Möglichkeit zum vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1385 Nr 2) gegeben ist. Die Vorschriften über den Gutglaubensschutz (§§ 892, 932 ff, 1032, 1207) finden keine Anwendung. Durch den subjektiven Tatbestand der Norm ist jedoch ein vergleichbarer Schutz des Dritten gewährleistet.
Rn 3
Die Norm ist abdingbar, weshalb die Ehegatten die Verfügungsbeschränkung durch förmlichen Ehevertrag (Staud/Thiele Rz 110) einvernehmlich zeitlich beschränken, ganz (BGHZ 41, 370) oder hinsichtlich bestimmter Gegenstände auf sie verzichten können (Staud/Thiele Rz 110). Unzulässig ist aber die Vereinbarung einer Verfügungsbeschränkung über den Rahmen der Norm hinaus (Staud/Thiele Rz 110).
Rn 4
Sie bindet nur Ehegatten die im Zeitpunkt der Verfügung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, gilt mithin nicht für Geschäfte, durch die die Ehegatten sich noch als Verlobte verpflichtet haben, auch dann nicht, wenn die Erfüllung in die Ehezeit fällt. Sie gilt auch nicht für nach der Rechtskraft der Ehescheidung abgeschlossene Rechtsgeschäfte (Bambg FamRZ 00, 1167; Köln OLGR 00, 484), während vor diesem Zeitpunkt vorgenommene Verfügungen auch danach noch zustimmungspflichtig sind (BGH FamRZ 78, 591). Ist die Ehe zwar rechtskräftig geschieden, der ursprünglich im Verbund geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch aber noch rechtshängig, besteht die Zustimmungsbedürftigkeit analog § 1365 fort (Celle FamRZ 04, 625; Hamm FamRZ 84, 53; offenlassend BGH FamRZ 19, 1045 Rz 9), nicht hingegen, wenn der Zugewinnausgleich isoliert geltend gemacht wird (Hamm FamRZ 06, 1557; München MDR 07, 47). Stirbt der zustimmungsberechtigte Ehegatte, ist das Geschäft wirksam, weil der Schutzzweck der Norm nicht mehr besteht (BGH FamRZ 96, 820).
B. Objektiver Tatbestand.
I. Vermögen im Ganzen.
Rn 5
Hierzu rechnet das vorhandene Aktivvermögen, nicht das Nettovermögen als Differenz zwischen Aktiva und Passiva, weshalb die Überschuldung eines Ehegatten die Anwendbarkeit der Norm nicht ausschließt (BGH FamRZ 00, 744). Besteht das Aktivvermögen nur aus unbedeutenden Wirtschaftsgütern, findet die Norm keine Anwendung, weil diese nicht wirtschaftliche Grundlage der Familie sein können (RGZ 137, 349). Damit bleiben Passiva zwar grds unberücksichtigt, nicht jedoch dingliche Lasten, da diese, solange sie valutieren, den Wert der Sache mindern (BGH FamRZ 80, 765; Celle FamRZ 10, 562; Jena FamRZ 20, 1540 für Höchstbetragshypothek) oder ggf ganz aufzehren (BGH FamRZ 93, 1302), wie zB bei der Verfügung bestehende Grundschulden (BGH FamRZ 12, 116), während bei einer Neubestellung der Betrag maßgeblich ist, für den das Grundstück dinglich haftet, also der Nominalbetrag einschließlich etwaiger Nebenleistungen und dinglicher Zinsen, unabhängig davon, dass diese im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung noch nicht entstanden sind (BGH FamRZ 12, 116). Im Regelfall sind die Zinsen in Höhe des zweieinhalbfachen Jahresbetrages zu berücksichtigen (BGH aaO). Ein dem Verfügenden vorbehaltenes dingliches Wohnrecht ist als diesem verbleibendes Vermögen zu berücksichtigen (BGH FamRZ 13, 607). Hat das Rechtsgeschäft nicht das Vermögen en bloc zum Gegenstand, sondern machen verschiedene Rechtsgeschäfte über Einzelstücke in der Summe das mindestens nahezu ganze Vermögen aus, kommt die Norm nach der sog Einzeltheorie bei der das letzte größere Vermögensstück betreffenden Verfügung zur Anwendung (BGH FamRZ 80, 765), sofern nicht enger zeitli...