I. Ehegatte ist nicht Erbe.
Rn 14
Ist der überlebende Ehegatte weder gesetzlicher Erbe noch durch Testament bedacht (BGHZ 42, 182) und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, greift die güterrechtliche Lösung nach II. Hat er allerdings die Erbschaft ausgeschlagen, enthält III die einschlägigen Regelungen.
1. Ausschluss durch Verfügung von Todes wegen.
Rn 15
Da die Testierfreiheit der Eheleute nicht beschränkt ist, ist es jedem unbenommen, den anderen zu enterben (§ 1938). Dem testamentarisch Enterbten steht derjenige gleich, der auf den kleinen Pflichtteil verwiesen wird (s.o. Rn 10).
2. Gesetzlicher Ausschluss.
Rn 16
Der Ehegatte ist dann von Gesetzes wegen von der Erbschaft ausgeschlossen, wenn der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes selbst die Scheidung beantragt oder der von dem anderen Ehegatten beantragten Scheidung zugestimmt hatte und wenn die Voraussetzungen der Ehescheidung vorlagen (§ 1933). Dasselbe gilt, wenn der Erblasser die Aufhebung der Ehe beantragt hatte und deren Voraussetzungen vorlagen. Nimmt der überlebende Ehegatte seinen begründeten Scheidungsantrag zurück, dem der andere zugestimmt hatte, so hat dies keinen Einfluss mehr auf den Ausschluss von der Erbfolge nach § 1933 (Frankf FamRZ 98, 190). Ist der überlebende Ehegatte während der Ehe testamentarisch bedacht worden, gilt dasselbe, sofern nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser ihn auch für den Fall der Auflösung der Ehe hat bedenken wollen (§ 2077).
3. Erbunwürdigkeit.
Rn 17
II greift ferner auch dann, wenn der überlebende Ehegatte durch rechtskräftigen Beschl für erbunwürdig erklärt worden ist (§ 2339). Ist der überlebende Ehegatte nicht Erbe, sondern Vermächtnisnehmer, gilt dasselbe (§ 2345). Der Erbunwürdigkeit steht die Entziehung des Ehegattenpflichtteils (§ 2335) gleich. Will der überlebende Ehegatte den Gefahren der Anfechtung entgehen, kann er das Erbe ausschlagen, was den Weg über III ebnet.
4. Erbverzicht.
Rn 18
Gem § 2346 können Ehegatten durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbteil verzichten. Der Verzichtsvertrag bedarf der notariellen Form (§ 2348) und hat zur Folge, dass der Überlebende nicht Erbe ist, somit seine Rechte aus II beanspruchen kann.
II. Rechtsfolge.
Rn 19
Liegen die Voraussetzungen von II vor, kann der überlebende Ehegatte gem §§ 1931, 2304 den kleinen Pflichtteil beanspruchen (zur Berechnung vgl Rn 10), ohne dass ihm insoweit ein Wahlrecht zukäme (BGH NJW 82, 2497 [BGH 17.03.1982 - IVa ZR 27/81]; Staud/Thiele Rz 61). Daneben kann er von den Erben des Verstorbenen den Ausgleich des Zugewinns gem §§ 1373 ff beanspruchen.
Rn 20
Für die Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung ist auf das Ende des Güterstandes abzustellen, also den Zeitpunkt des Todes. War zu diesem Zeitpunkt jedoch schon die Ehescheidung oder der Antrag auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns rechtshängig, so ist in analoger Anwendung der §§ 1384, 1387 der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit maßgeblich, sofern der Antrag erfolgreich gewesen wäre, da die Norm in diesem Punkt ersichtlich eine Regelungslücke enthält, die durch die Analogie zu schließen ist (BGH FamRZ 87, 353).
Rn 21
Die Anwendung der §§ 1373 ff hat zur Folge, dass gem § 1380 auch Vorausempfänge angerechnet werden können, alternativ über § 2315 auch auf den Pflichtteil. Die Erbunwürdigkeit kann iÜ Anlass geben, die Voraussetzungen des § 1381 zu prüfen.
Rn 22
Die Zugewinnausgleichsforderung ist eine Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 II), die sich gegen die Erben richtet. Sie geht den Vermächtnissen, Auflagen und Pflichtteilsansprüchen vor (MüKo/Koch Rz 48; Staud/Thiele Rz 67) und rechnet nicht zum steuerpflichtigen Erwerb iSv § 5 II ErbStG.