Rn 10
a) Abfindungen sind in die Ausgleichsbilanz einzustellen, soweit sie am Stichtag vorhanden und nicht dem Arbeitseinkommen zuzurechnen sind, auch wenn sie im Zusammenhang mit Vorruhestandsregelungen oder Sozialplänen stehen und Versorgungsfunktion haben (BGH 13.9.23 – XII ZB 400/22, juris Rz 17 = FamRZ 23, 1941; 82, 148; Saarbr FamRZ 22, 860). Werden sie dagegen ggf stillschweigend auch unterhaltsrechtlich als fortlaufendes Einkommen behandelt und finden sie deshalb ganz oder teilweise bereits Berücksichtigung iRd Unterhaltsberechnung, scheidet eine Einstellung in das Endvermögen wegen des Verbots der Doppelverwertung aus, soweit sie berücksichtigt worden sind (BGH FamRZ 04, 1352; FamRZ 04, 1866; Karlsr FamRZ 14, 942; Naumbg NJW-RR 10, 872 zur Abfindung wegen Verlust des Arbeitsplatzes; vgl § 1372 Rn 18 mwN). Arbeitseinkommen kann nur insoweit Vermögen darstellen, als es nicht zum Lebenserwerb genutzt wird (BGH 13.9.23 – XII ZB 400/22, juris Rz 16 = FamRZ 23, 1941). Zeitwertpapiere, über die auf die Auszahlung von Vergütung verzichtet wird, um durch bezahlte Freistellung die Lebensarbeitszeit zu verkürzen, stellen Arbeitsentgelt dar (Celle FamRZ 14, 1699).
Rn 11
b) Anwartschaftsrechte können einen objektivierbaren Wert darstellen, der in der Vermögensbilanz zu berücksichtigen ist. Das gilt jedenfalls für auflösend bedingte Rechte oder Anwartschaften aus Vorbehaltskäufen, deren Wert sich nach dem Zahlungsstand richtet (BGH FamRZ 96, 794). Ob aufschiebend bedingte Rechte in Ansatz zu bringen sind, ist streitig (bejahend: BGH NJW 92, 2154 [BGH 20.05.1992 - XII ZR 255/90]; abl Staud/Thiele Rz 43 unter Hinweis auf § 2313 I). Die Rechtsstellung eines Nacherben und das unverfallbar gewordene Versorgungsansrecht auf einen Kapitalbetrag können dazu gehören (BGH 13.9.23 – XII ZB 400/22, juris Rz 18 = FamRZ 23, 1941). Der noch nicht feststehende Wert einer unverfallbaren Anwartschaft auf eine Versorgung ist ggf gem § 287 ZPO zu schätzen (BGH 13.9.23 – XII ZB 400/22, juris Rz 17 = FamRZ 23, 1941), wobei für erst in Zukunft fällig werdende Forderungen zum Stichtag Abschläge vorzunehmen sind (BGH FamRZ 11, 183). Keine gesicherten Anwartschaftsrechte liegen vor, wenn bspw das bereits erworbene Recht noch nicht fällig ist und durch eine Kündigung des Arbeitgebers wegen einer Pflichtverletzung noch verloren gehen kann (BGH 13.9.23 – XII ZB 400/22, juris Rz 28 = FamRZ 23, 2941).
Rn 12
c) Darlehensansprüche gehören zu den Aktiva, Darlehnsverpflichtungen zu den Passiva. Haften beide Ehegatten gesamtschuldnerisch, ist die am Stichtag noch offene Forderung jeweils anteilig in Abzug zu bringen, wobei Darlehen zur Finanzierung von im Alleineigentum eines Ehegatten stehenden Immobilien im Innenverhältnis im Zweifel von diesem allein zu tilgen sind (BGH FamRZ 20, 231). Bei gegenseitigen Darlehen stellen diese idR auf der einen Seite einen Aktivposten und auf der anderen eine Verbindlichkeit dar (BGH FamRZ 11, 25, vgl iÜ § 1375 Rn 6). Ein Darlehensvertrag und keine ehebedingte Zuwendung kann auch ohne die Vereinbarung einer Darlehnslaufzeit oder monatlichen Ratenzahlungsverpflichtung vorliegen (Bremen 27.1.23 – 4 UF 57/22 = NJW-RR 23, 1096).
Rn 13
d) Geldforderungen und Verbindlichkeiten sind mit ihrem Nennwert einzusetzen, wenn nicht der Zeitpunkt der Fälligkeit erheblich nach dem maßgeblichen Stichtag liegt, dann erfolgt Abzinsung (BGH FamRZ 90, 1217; wegen deren Berechnung Schulz/Hauß, Rz 343 ff). Auflösend oder aufschiebend bedingte Rechte werden entgegen § 2313 unter Würdigung aller Umstände geschätzt (BGH FamRZ 92, 1157), ebenso unsichere Rechte (Karlsr FamRZ 03, 682), die bei Insolvenz des Schuldners ganz unberücksichtigt bleiben können. Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen (Unterhalt, Arbeitseinkommen) werden nur mit dem am Stichtag fälligen Rückstand berücksichtigt (BGH FamRZ 11, 25; FamRZ 03, 1544; FamRZ 01, 278; vgl iÜ § 1372 Rn 8).
Rn 14
e) Haushaltssachen und persönliches Gut werden, soweit sie überhaupt Berücksichtigung finden (vgl § 1372 Rn 4), mit dem Anschaffungspreis bewertet, von dem ein angemessener Abschlag vorzunehmen ist (Staud/Thiele Rz 40).
Rn 15
f) Immobilien sind mit dem Verkehrswert als dem hypothetischen Verkaufswert anzusetzen, für dessen Ermittlung vorwiegend auf den Substanzwert abzustellen ist, der ggf durch den Ertragswert modifiziert werden kann (BGH NJW 70, 2018; vgl die zum 1.7.10 in Kraft getretene ImmobilienwertermittlungsVO, BGBl I, 639, dazu Kuckenburg FuR 10, 593). Für die Bewertung von Immobilien steht neben dem Substanzwert- noch das Ertragswertverfahren zur Verfügung. Die Auswahl der Bewertungsmethode steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei im Fall der Eigennutzung dem Substanzwert- und bei Renditeobjekten dem Ertragswertverfahren das größere Gewicht zukommt (Hamm FamRZ 20, 325). Wertmindernde Faktoren können durch Abzüge berücksichtigt werden (BGH FamRZ 93, 1183; BGHZ FamRZ 80, 37 für Wiederkaufsrecht). Dasselbe gilt für die im Fall einer Veräußerung anfallende fiktive Steue...